Kapitel 285

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„Hallo.", ertönte Kevins Stimme und wenig später fegte Lino um die Ecke. „Ich hab Obst mitgebracht.", erzählte Kevin dann, während Wincent und ich ziemlich versunken in unsere Mails waren. Ich tippte noch einen Satz zu Ende und sah dann auf die Uhr. „Schatz, wann musst du mit den Vorbereitungen für SWR3 anfangen?", fragte ich Wincent, welcher nur kurz aufsah. „Um halb.", erwiderte er, während er weitertippte. „Das war vor fünf Minuten.", lächelte ich und er sah erschrocken auf die Uhr. „Mist.", fluchte er, stand auf und verschwand im kleinen Studio. Ich ging währenddessen zu Kevin in die Küche. „Ich würde das Obst mit Quark und so fertig machen, willst du auch?", fragte er und ich schüttelte sofort mit dem Kopf. „Nur so ein bisschen Obst?", sagte er dann ruhig und ich nickte. Kevin atmete einmal durch und gab mir eine kleine Schüssel, während er den Rest auf zwei tiefe Teller verteilte.

„Bringst du ihm das?", fragte Kevin, als ich fertig war und schob mir Wincents Teller rüber. „Klar.", lächelte ich und schnappte mir den Teller. Die Show geht schon in fünf Minuten los, weshalb ich vorsichtig anklopfte. „Ja.", erklang seine Stimme aus dem inneren. „Kevin hat dir noch Essen gemacht.", lächelte ich. Auf seinem Laptop war schon Skype geöffnet und der Moderator war zu sehen. Wincent nahm seine Kopfhörer raus und stand auf. „Ich bin dann nachher Weg.", lächelte ich und er nickte. „Wenn was ist meldest du dich und wenn du mich nicht erreichst, dann rufst du Kevin an.", sagte er und ich nickte. „Bis später.", flüsterte ich und küsste ihn kurz. Wincent setzte sich wieder hin, während ich Lino rausnavigierte. Ich hörte Wincent noch lachen, als ich die Tür schloss und setzte mich dann zu Kevin in die Küche. Wir quatschten ein bisschen, bis ich mich dann langsam auf den Weg machen wollte.

„Wo ist denn dieser scheiß Autoschlüssel.", fluchte ich mittlerweile und durchsuchte zum dritten mal alle Plätze im Studio. „Kann es nicht doch sein, dass Wincent den hat?", fragte Kevin und ich stöhnte auf. „Na dann wollen wir mal für einen Fail sorgen.", lächelte ich ironisch und verdrehte gleichzeitig die Augen. Leicht nervös öffnete ich die Tür vom Studio und Wincent war natürlich gerade am reden. Lächelnd ging ich rein und zum Glück startete gerade scheinbar ein Lied. „Meine Freundin?", fragte Wincent und drehte sich um. Fragend sah er mich an. „Hast du den Autoschlüssel noch?", fragte ich vorsichtig und Wincent griff in seine Hosentasche. „Sorry.", murmelte er und hielt ihn hoch. Ich ging zu ihm und schnappte mir den Schlüssel. „Wink wenigsten einmal.", grinste Wincent dann und genau das tat ich, bevor ich endlich wieder gehen konnte. Ich schloss die Tür wieder hinter mir und atmete erstmal tief durch, während Kevin schon voll begann zu lachen. „Typisch Wincent.", grinste er und ich nickte. „Ich fahr dann jetzt aber wirklich mal los.", lachte nun auch ich und schnappte mir meine Sachen.

Im Auto war ich dann doch etwas nervös, immerhin musste ich heute alleine zu Jeremy. Ich parkte vor der Klinik und folgte Gesas Wegbeschreibung, die sie mir geschickt hatte. Sie hatten ihn mittlerweile auf die Kinderstation verlegt, da die Intensivbetten eh knapp sind. Am Eingang gab es sofort einen Mundschutz, welchen ich anziehen musste, bevor ich mich im Schwesternzimmer der Kinderstation melden sollte. Ich klopfte vorsichtig an der Tür und eine ungefähr 30-Jährige Schwester trat raus. „Hallo, Isabell Mönk, ich bin die große Schwester von Jeremy.", sagte ich leise und sie nickte. „Die Ärztin ist gerade noch bei ihm, aber sie können schon zu ihm gehen. Zimmer 3-15. Bitte beachten sie, dass sie maximal eine halbe Stunde bleiben können.", erklärte sie freundlich und ich nickte. An der Tür von Zimmer 3-15 klopfte ich leise und trat dann ein. Eine Ärztin und eine Schwester standen neben seinem Bett und untersuchten ihn, als er mich entdeckte. „Isa.", sagte er ganz leise und begann zu lächeln. „Sie sind die große Schwester?", fragte die Ärztin und ich nickte. „Könnte ich sie einmal ganz kurz unter vier Augen sprechen?", fragte sie. „Jeremy, ich bin gleich da.", lächelte ich und folgte ihr. „Ich nehme an ebenfalls Frau Mönk?", fragte sie und ich nickte. „Gut, also Frau Mönk. Gestern konnten wir ihrer Mutter noch nicht allzu viel sagen, dass hat sich heute ein bisschen geändert. Jeremys Zustand ist mittlerweile unbedenklich. Sein Körper ist noch sehr schwach, aber trotzdem werden wir ihn morgen entlassen, wir brauchen dringend alle Kapazitäten. Das ist aber auch schon mit ihren Eltern besprochen. Neu ist aber, dass wir die langfristigen Schäden abschätzen können. Die Lunge ihres kleinen Bruders war ja schon durch die Leukämie angegriffen. Durch das Virus und die lange künstliche Beatmung, hat sich sein Lungenvolumen extrem reduziert. Das bedeutet er wird keine sonderlich großen Belastungen verkraften können. Zudem hat sein Gehirn durch das lange künstliche Koma und den zwischenzeitlichen Sauerstoffmangel einen erheblichen Schaden davongetragen. Sein Denkvermögen wird eingeschränkt bleiben und vor allem das Kurzzeitgedächtnis ist geschädigt. Wie sie schon gemerkt haben, kann er sich an seine Familienmitglieder und all das Erinnern, aber wir schätzen, dass ungefähr das letzte Jahr in seiner Erinnerung komplett fehlt. Das kann wiederkommen, aber das Kurzzeitgedächtnis selbst bleibt sehr eingeschränkt.", beendete sie ihren Vortrag und ich musste schlucken. Von wegen jetzt wird alles gut... jetzt fängt es erst richtig an. Wir unterhielten uns noch einen Moment, bis ich dann wieder zu Jeremy durfte. Ich versuchte mir wirklich nichts anmerken zu lassen, was auch ganz gut funktionierte. Er erzählte viel, zwar komplett wirr, aber er redete, das machte mich total glücklich. Nach der vereinbarten halben Stunde, verließ ich die Station wieder und ging zum Auto, wo ich als erstes Gesa anrief und ihr alle neuen Erkenntnisse mitteilte. Sie meinte, wir würden heute Abend nochmal mit meinem Vater zusammen telefonieren und dann alles weitere Absprechen. Bevor ich dann losfuhr rief ich noch Wincent an.
I: „Hey. Ich komme jetzt wieder zurück, soll ich noch irgendwas mitbringen?"

W: „Kommst du bei Mces vorbei?"

I: „Bestimmt. Was darf es sein?"

W: „Eis. Kevin, willst du auch Eis? Okay. Bringst du uns Eis mit?"

I: „Mache ich. Nur Eis?"

W: „Ja, wir haben gerade schon gegessen."

I: „Okay. Bis gleich."

Bevor Wincent noch was sagen konnte legte ich auf und fuhr los. 

Schicksal oder Pläne //Wincent Weiß FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt