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Es war vier Uhr morgens und ich lag wach in meinem Bett. So ziemlich alles ließ mich nicht schlafen. Diese plötzliche Nähe zu Samu überforderte mich auf eine Art und Weise, die ich niemals beschreiben könnte. Lenny war die letzte Person, die mir so nah kommen durfte. Bis auf Liv, die sich manchmal an mich kuschelte. So sehr ich das auch alles genießen wollte, so sehr dachte ich aber auch an Lenny. Mein Herz und mein gesamter Körper sehnte sich nach Liebe und Zärtlichkeit. Das war wahrscheinloch auch der Grund, weshalb ich Samu überhaupt so nah gekommen war und ihn generell auch hin und wieder etwas dichter an mich ran ließ. Sicherlich könnte ich das zulassen, ich müsste bloß meinen Kopf ausschalten. Doch nicht nur das müsste ich dafür tun. Ich muss mit meiner Vergangenheit abschließen, Lenny in Frieden ruhen lassen und nach vorne schauen. Das wusste ich. Ganz hatte ich meinen Verstand noch nicht verloren. Aber versuch das mal einem außenstehenden zu erklären. Niemand verstand das, wie ich in diesem Alter schon so lieben konnte. Mein Eltern selbst konnten es nicht nachvollziehen. Monatelang hatte ich mich in mein Zimmer eingeschlossen. Abgeschottet von der ganzen Welt. Es gab nur noch mich und meine Gitarre. Andere Dinge tat ich nicht mehr, neben den alltäglichen unvermeidbaren. Sowas wie zur Schule gehen musste ich trotzdem aber es änderte nichts an mir. Ich hatte so viele Stunden, Tage und wahrscheinlich ganze Wochen auf dem Friedhof verbracht, in der Hoffnung ich könnte mich Lenny näher fühlen. Doch er war weg. Er hatte mich allein gelassen und würde niemals wieder kommen.
Ich ging in das Wohnzimmer und sah Samu auf dem Sofa liegen. Ganz friedlich schlief er und es wäre genug Platz da gewesen, um mich dazu zu legen. Doch auch das konnte ich nicht. Samu würde mich nicht von sich stoßen, das war mir mittlerweile klar. Aber mal wieder zog es mich zu dem Foto von Lenny und mir. Ich nahm es, wie so oft, in die Hand und strich über sein Gesicht. Sofort kamen mir die Tränen und liefen mir über die Wange. Leise ging ich in die Küche und lehnte mich gegen die Küchenzeile. Wieso musste sowas ausgerechnet uns passieren? Und hätte nicht lieber ich sterben können, statt Lenny? Die Welt war so ungerecht und ich wollte es nicht wahr haben. Immer mehr Tränen rannten über meine Wangen und tropften auf den Bilderrahmen. Ein Schluchzen entfuhr meiner Kehle, die sich schon wieder so trocken anfühlte. Wie oft hatte ich schon genau so in der Küche gestanden und hatte Rotz und Wasser geheult? Unzählige Male, seit er tot war. Aufeinmal schob sich ein anderes Bild vor mein inneres Auge. Es zeigte Samu und mich. Wie er mich berührt hatte und seine Lippen über meinen Hals gestreift sind. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, voller Liebe und Vertrauen. So hatte es sich jedenfalls angefühlt. Dieses Bild schob sich vor das von Lenny und mir und das machte mir Angst. Ich kniff die Augen zusammen doch es nützte nichts. Samu blieb in meinen Gedanken und ein Verlangen brodelte in mir auf, was mich zum zittern brachte. Der Druck in mir breitete sich immer mehr aus und irgendwann hielt ich es nicht mhr aus. Meine Hände hatten sich um den Bilderrahmen gekrallt, dass meine Knöchel schon ganz weiß waren. Mit einem heftigen Schlag später landete das Bild vor mir auf dem Boden. Der Bilderrahmen zersprang in seine Einzelteile, die Scherben lagen überall. Unzählige kleine Stücke, die man  niemals wieder in seine Ursprungsform bringen konnte. So war es mit meinem Herzen auch passiert. Kein Kleber der Welt hätte das wieder richten können. Nur eine Sekunde später bemerkte ich, was ich getan hatte und hockte mich auf den Boden. Da lag das Bild, verkehrt herum und mit einem kleinen Abstand zu mir. Langsam fing ich an die Scherben mit der Hand zu einem kleinen Haufen zu ziehen. Dabei schnitt ich mich, doch das bemerkte ich garnicht. Erst als ich eine leise Stimme neben mir wahrnahm blickte ich auf. Und da war er wieder. Schon wieder war Samu vor meinen Augen und es versetzte mir einen Stich ins Herz. Wie Lenny wohl heute aussehen würde? Ob er wohl noch größer wäre als ich? Früher war er es immer gewesen, doch seit dem bin ich noch einige Zentimeter gewachsen.

Teil 1: „Blackrose" Story🥀 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt