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Der Weg zur Location war nicht weit und je näher wir den Ganzen kamen, desto nervöser wurde ich auch. Unsicher lief ich den Jungs hinterher, die bereits alle so entspannt wirkten. Angespannt versuchte ich die Nervosität herunterzuschlucken, was mir in dem Moment halbwegs gelang. Backstage angekommen setzten wir uns einfach erstmal alle zusammen, da noch etwas Zeit blieb bis alles technische soweit geregelt war, dass wir zum Soundcheck konnten. Samu saß neben mir auf einem der abgeranzten Sofas und reichte mir eine Cola. „Alles okay?", fragte er. Irgendwas musste mich verraten haben? Mein leichtes Zittern, das Bein wippen oder doch eher meine leicht schwitzige Haut? Ich nickte einfach nur und trank einen großen Schluck der kalten Cola. „Entspann dich, das wird super" „Klar...ähm entschuldigt mich bitte.", sagte ich, stand auf, Griff nach meiner Gitarre und verschwand schnellen Schrittes in eine kleine Ecke, in der ich mich unbeobachtet fühlte. Nervös zupfte ich an den Seiten, doch schnell entspannte mich die Musik ein bisschen. Ich schloss die Augen und spielte einfach irgendeine Melodie, die mir gerade so in den Kopf geflogen war. Das machte ich immer, wenn ich aufgeregt, traurig oder sauer war. Gitarre zu spielen hatte schon immer einen beruhigenden Einfluss auf mich. Selbst als Lenny gestorben war, hatte es mich beruhigen können. Ich vergaß dabei beinahe alles um mich herum und konnte einfach abschalten. Froh darüber, dass es auch jetzt wieder zu funktionieren schien spielte ich eine Weile. Eine Hand in meinem Nacken, die sanft darüber strich ließ mich zusammenzucken. Schnell drehte ich den Kopf und sah in zwei wunderschöne blaue Augen. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen. „Hey süßer", flüsterte er und hockte sich neben mich. „Ich hab dich gesucht". Seine Stimme blieb bei dem Flüstern, anscheinend konnte uns vielleicht jemand anders hören. Seine Hand wanderte zu meiner Wange und die andere lag auf meinem Oberschenkel. Augenblicklich ging meine Atmung ein wenig schneller und auch der Herzschlag verdoppelte sich. Das war immer so, sobald er in meiner Nähe war. Unsicher senkte ich den Blick, ich wollte ihn nicht so anstarren. „Darf ich dich bitte küssen?", hauchte er und reckte den Kopf ein Stück nach oben zu mir. Lächelnd nickte ich und schloss somit die letzten Zentimeter. Sanft fanden seine Lippen meine und wir küssten uns ohne Hast und Gier. Es war ein perfekter, liebevoller Kuss. Wir lösten uns erst, als wir beide völlig außer Atem waren und wie blöd grinsten. „Das war schön", flüsterte er. Ich nickte nur. „Komm, wir müssen zum Soundcheck". Somit stand er auf und streckte mir kurz die Hand hin. Eilig ergriff ich sie, ehe er sie vielleicht wieder hätte wegziehen können. „Keine Angst, jetzt ist nur die Crew da und die werden dich super finden. Du machst das schon, ich bin bei dir" Unsicher biss ich mir auf die Unterlippe und kratzte mich an meinem Arm. Auch das war so eine Macke von mir. Wenn ich nervös war und nicht gerade eine Gitarre in meinen Händen hielt, so knabberte ich auf meiner Unterlippe manchmal herum aber was ich ausnahmslos immer tat, wenn ich nervös war, war das Kratzen an meinem Arm. Es war richtig zu einem Tick geworden, denn es passierte einfach so. Sobald ich nervös oder aufgeregt war, ganz egal weshalb, fing an mich an meinem Unterarm zu kratzen. Und das teilweise dann so lange, bis es richtig weh tat. So sehr ich auch versuchte es zu unterdrücken, es gelang mir nie. Auch jetzt fing es wieder an. Samu sah es, sagte aber nichts dazu. Er hatte es ja auch sonst noch nie gesehen. Natürlich hatte er gedacht es würde nur jucken. Der Soundcheck verlief gut und ich versuchte keine Fehler zu machen, was garnicht so einfach war. Nicht weil ich die Noten und Texte nicht kannte, sondern weil ich mit meinen Gedanken völlig woanders war. Meine Gedanken kreisten um die prall gefüllte Halle mit Fans, die eine gute Band erwarteten und mich noch überhaupt nicht kannten. Sie wussten ja nicht mal, dass ich heute dabei war. Kurz vor dem Konzert saßen die Jungs noch immer völlig entspannt auf den Sofas und unterhielten sich, während ich ungebremst mindestens zwanzig mal in der Minute den Raum hin und her ging. „Riiiikuuuu setz dich mal hin und entspann dich. Du machst mich ja ganz wuschig", sagte Sami und bekam Zustimmung der anderen. Auch Samus Blick lag auf meinem, sagte aber nichts dazu.
Die Zeit war gekommen, wir waren alle verkabelt und Sami war bereits auf seinem Platz am Schlagzeug. Jukka war auf dem Weg und Raul wartete bereits. „Scheiße! Fuck scheiße!", ich fing an zu hyperventilieren. Schnell war Samu an meiner Stelle. Ich kratzte mich so stark, dass mein Unterarm bereits total gerötet war und es fehlte wahrscheinlich nicht mehr viel, bis es vereinzelt anfangen würde zu bluten. „Na hat der Herr Rajamaa da etwa einen Tick?", sagte Samu grinsend als er meinen Arm betrachtete, hielt dann aber bestimmend meine Hände fest. „J...ja ich...muss mich immer...kratzen, wenn...wenn...", ich konnte nicht weiter sprechen. Die blanke Angst stand vor mir und ich wusste nicht wie ich das schaffen sollte. „Wenn du nervös bist?". Ich nickte ein wenig, mehr bekam ich nicht zustande. Jetzt war auch Raul bereits auf der Bühne. Das war jetzt mein Einsatz. „Ich...Samu ich kann das nicht! Nein fuck! Ich will nicht! Niemals!", sagte ich hysterisch und wollte abhauen, doch Samu hielt mich fest. „Baby ich bin da. Bei dir. Direkt hinter dir gehe ich auf die Bühne und stelle dich vor. Ich werde dir dann den Arm umlegen und glaub mir sie werden dich lieben! Wie kann man denn auch nicht?", liebevoll sah er mir in die Augen. Samu kam ganz dicht an mich ran, er legte sogar seine Stirn gegen meine. „Hab keine Angst, ich bin da Liebling. Niemand wird dir was tun", flüsterte er. Wieso sollte mir auch jemand etwas tun? Etwas irritiert sah ich ihn an, doch er hatte sich anscheinend nicht vertan in dem was er gesagt hatte. Ein sanfter Kuss und schon löste er sich von mir. „Lets Rock Baby!", sagte er grinsend und schon schob er mich auf die Bühne. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich hatte das Gefühl jeden Moment zu ersticken. Wie sollte ich das bloß aushalten?

Teil 1: „Blackrose" Story🥀 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt