Kapitel 172 ♥

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„Es ist wirklich nichts passiert. Diese Bilder stellen das komplett falsch dar, außerdem war ich zu dem Zeitpunkt noch nüchtern und du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich dich mit klaren Gedanken so öffentlich hintergehen würde?", entgegnete ich. Sie schnippte auf. „Aha! Heißt das im betrunken Zustand schon oder was?" „Dass ihr Frauen immer alles falsch verstehen müsst!" Durch unseren lautstarken Streit wurde auch Naomi wieder aufmerksam und kam aus ihrem Zimmer und versuchte zu schlichten. „Jetzt beruhigt euch! Wir sind doch nicht im Kindergarten. Setzt euch und dann spricht jeder aus was das Problem ist!" Sogar Emis Eltern sahen ihre jüngste Tochter an als hätte sie vorgeschlagen uns beide aneinander zu ketten, was ungefähr aufs Gleiche rauslaufen würde. Als sie merkte, dass ihre Idee nicht so sonderlich gut ankam, entschuldigte sie sich. „Sorry, da kam die Streitschlichterausbildung in mir durch, ich halte mich raus" Ganz raushalten konnte sie sich dann aber anscheinend doch nicht, denn anstatt sich wieder in ihr Zimmer zu verziehen, setzte sie sich schweigend auf die Couch. Jetzt mischte sich auch mal Emis Mutter ein. „Naomi hat Recht. Es bringt nichts sich hier anzuschreien. Klärt das bitte wie zwei Erwachsene. Wir lassen euch jetzt alleine" Sie warf ihrem Mann und ihrer Tochter einen vielsagenden Blick zu, sodass sie sich in Bewegung setzten. „Bitte bringt euch nicht um", sagte Naomi noch, bevor ich dann mit Emi alleine war.

-Emis Sicht-

Ich hatte eigentlich überhaupt keine Lust jetzt alleine mit Mario zu sprechen. Ich würde ihn am liebsten gar nicht mehr sehen wollen. „Ich warte", sprach ich, als keiner von uns für gefühlte 15 Minuten etwas sagte. Marios Stimme war inzwischen wieder komplett ruhig geworden. „Also. Ich werde dir jetzt genau erklären wie es abgelaufen ist und ich möchte, dass du mir bis zum Schluss zuhörst und mir glaubst" „Ob ich dir glaube..." „...Emi bitte!" „Ok ok schieß los" Er holte nochmal tief Luft bevor er anfing zu erzählen. „Dass ich in einer Bar war, lässt sich ja jetzt eh nicht mehr abstreiten und ich steh auch dazu, da nichts passiert ist." „Jaja komm zum Punkt" Genervt schaute er mich an und ich hatte schon das Gefühl, er würde gleich wie immer einfach weglaufen, aber diesmal blieb er stehen und erzählte weiter. „Ich saß gerade mal 3 Minuten dort, hatte noch nicht mal was bestellt, da klebte diese Dame schon an mir wie wochenalter Kaugummi. Ich habe ihr mehrmals gesagt, sie solle mich in Ruhe lassen. Aber wie du dir vielleicht vorstellen kannst, hat sie das nicht herzlich gejuckt. Irgendwann wurde es mir dann zu blöd und ich habe mich mit meinem Getränk wo anders hingesetzt und sie zog weiter zu ihrem nächsten Opfer. Ich habe mich dann ziemlich gut mit dem Barkeeper verstanden, mit dem ich viel über Fußball gesprochen habe, er hatte dann irgendwann Schichtende und hat mich dann mit in den VIP Bereich genommen, wo wir dann noch mit paar anderen weiter getrunken haben. Das ist das letzte woran ich mich erinnern kann. Die nächste Erinnerung ist dann eben von heute Morgen als ich neben Silikonbusen aufgewacht bin" Ich lachte schnippisch auf. „Und du willst mir jetzt allen ernsten verklickern, dass da nichts gelaufen ist?" „Ja, weil es eben genauso der Fall ist!" „Mario das ist lächerlich. Du gibst sogar noch zu, dass du dich an nichts mehr aus der Nacht erinnern kannst und ihre Absichten waren ja wohl auch von vornerein klar. Verarschen kannst du jemand anderen!" Ich wollte meine Tasche aufheben, doch Mario hielt mich fest. Für einen Moment waren wir uns wieder so nahe wie schon ewig nicht mehr, wir sahen uns einfach nur in die Augen. Ich konnte aus seinen so viel lesen. So viel Schmerz, Angst aber auch Wut. „Du tust mir weh", sagte ich leise, aber bestimmend. Sofort ließ er meine Handgelenke, die wegen letzter Nacht eh schon genug mitmachen mussten, los und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Er bereute es. Aber was genau? „Mario. Ich würde dir wirklich so gerne glauben. Oh Gott, ich würde nichts lieber als das, aber ich kann nicht. Es ist so viel passiert." Die Tränen standen mir in den Augen und flossen unkontrolliert über mein Gesicht. Ich war ein einziges Häufchen Elend. Ich hatte in diesem Moment wohl den Tiefpunkt meines bisherigen Lebens erreicht. Drogen, Alkohol, eine versuchte Vergewaltigung, Krankenhausaufenthalt und eine Anzeige. Doch das schien mir alles so unglaublich irrelevant, das wirklich einzige was mir in diesem Moment wichtig war, war Mario und unsere Beziehung. Ich war müde und das nicht körperlich. Ich war müde davon, ihm Vorwürfe zu machen, zu streiten, zu disktutieren und sich zu beleidigen.

Als Mario mir dann wieder in die Augen sah, konnte ich erkennen wie auch er weinte. Und in diesem Moment war uns beiden klar, dass wir viel zu reden hatten. Wir mussten uns endlich einmal komplett aussprechen, alle Missverständnisse aus dem Weg räumen, alle Lügen erklären, alle Wahrheiten betonen. Wenn wir weiterhin zusammen bleiben wollen, heißt es kämpfen. Kämpfen um die Liebe, für einen selbst und vor allem für den anderen. Es wird ein langer Weg werden, aber wenn die Liebe groß genug ist, werden wir das schaffen. Obwohl wir diese Worte nicht laut ausgesprochen hatten, war das uns beiden klar als wir uns aus tränenverschwommener Sicht anstarrten und dann fiel ich ihm einfach nur in die Arme. Ich klammerte mich an ihn, als wäre ich auf einem sinkenden Schiff und er wäre das einzige woran mein Leben noch hängt. Aber genauso war es eben auch. Mein Leben glich einem sinkenden Schiff und Mario war das einzige was mich am Leben hielt. Er presste mich an seine Brust und schnürte mir fast die Luft ab, so fest drückte er mich. Doch es war ein gutes Gefühl, das beste was ich seit langem gefühlt hatte.

Mario Götze - Meine große LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt