Treppenmarathon

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Nachdem wir die Stufen des Zaunes erklommen und die erste Ebene erreicht haben, berichteten uns Derrick und die anderen Ferox noch mehr über ihre Arbeit und führten uns etwas herum. Obwohl es nicht viel von dem Zaum zu erzählen und sehen gibt, immerhin sieht er an jeder Stelle nahezu gleich aus, erzählen sie ununterbrochen. Dabei könnte ich mir wirklich besseres vorstellen, ich würde gerne nach ganz oben, auf die letzte Ebene. Von dort muss die Aussicht einfach nur schön sein. Von hier, der ersten Ebene, kann man schon viel sehen, was muss man dann erst von der letzten Ebene aus sehen. Was mir hier nicht gefällt ist das die Amite mir viel zu nahe sind, nahe genug das sie mich teilweise sogar erkennen, zunicken und winken. Doch ich ignoriere es, immerhin spüre ich mehrere Blicke auf mir, die schon regelrecht nach Fehlern suchen.

Nachdem wir ein paar mal hin und her gelaufen sind, gehen wir endlich ein paar Ebenen höher, auch wenn wir nicht nach ganz oben gehen. Wir bekommen etwas Zeit und lehnen uns alle an das Geländer, auf der Seite der Amite, und blicken in die Ferne. „Na, willst du nicht runter zu deinen Freunden, immerhin winken sie dir schon zu. Es ist wirklich sehr unhöflich von dir, sie einfach zu ignorieren“ ,ertönt hinter mir eine spöttische Stimme und ich drehe mich langsam um. „Halt die Klappe, Finn" ,gebe ich mit meiner liebreizendsten Stimme wieder und lächle ihn provokant an. Etwas verwirrt sieht er mich an, schüttelt dies aber schnell wieder von sich ab. „Geh zurück, wo du auch hingehörst. Ich bin mir sicher sie nehmen dich wieder bei sich auf.“ Wie ich diesen Kerl hasse. „Im Gegensatz zu dir weiß  ich wo ich hingehören und da bin ich auch. Und nur weil du ein Problem mit dir selbst hast, musst du das nicht an andere auslassen" ,knurrte ich ihn an. Bedrohlich baut er sich vor mir auf, doch das Ziel mich einzuschüchtern geht in die andere Richtung los. Es ist einfach lächerlich. Ihm nachahmend verschränke ich meine Arme vor dem Oberkörper mache mich extra groß und funkle ihn an. „Denkst du etwa ich habe Angst vor dir?“ „Anscheinend schon, sonst würde er sich ja nicht hinter dich stellen" ,höhnt Finn. Ich weiß das Gus hinter mich getreten ist und mich beschützen will, aber noch komme ich mit dem Lappen vor mir zurecht. „Wer hier wohl Angst hat. Der ach so große Finn hat sich nicht getraut sich mit einem ‘kleinen' Mädchen ohne seine zwei Marionetten anzulegen. Wer hier wohl der Schwächere ist" ,spotte ich. Hinter ihn haben sich nämlich die zwei Schränke, jeweils an seiner Rechten und Linken aufgebaut. Er wollte wohl bedrohlich wirken, doch er erreicht genau das Gegenteil. Vor so einem Lappen lasse ich mich nicht bedrohen und Angst macht er mir schon gar nicht. Doch noch weiter kann ich mich nicht mit dieser Situation auseinandersetzen, denn mal wieder beendet Eric diese. „Finn herkommen" ,ruft dieser mit grimmigen Tonfall. „Du machst wohl die Beine für ihn breit, du kleine Schlampe. Aber ich erwische dich noch wenn er nicht dabei ist" ,faucht er mir noch leise zu und geht. „Das habe ich nicht nötig.“ Das einzige was ich noch mache, bevor ich mich kopfschüttelnd wieder umdrehe, ist es ihm eine Beleidigung gegen den Kopf zu werfen. So ein Idiot, was denkt er wer er ist. Aufregen hilft einen da auch nicht weiter, dieser Mensch wird sich nie ändern. Immer sucht er die vermeintlich Schwachen heraus um sein Ego aufzuputschen, doch nicht mit mir. Allerdings hat er schon recht, Eric beendet jedes mal die Situation. Doch ich mache garantiert nicht die Beine breit damit er das macht und ich habe nicht darum gebeten mich vor ihm zu beschützen oder was auch immer das soll.

„Was ist dahinten?“ ,fragt Lia und deutet in die Ferne. „Felder der Amite, die reichen ziemlich weit in die Ferne" ,erzähle ich ihr. „Ich weiß, aber ich meine dahinter.“ Dort war ich einmal in meinem gesamten Leben, doch zu sehen gibt es dort nichts. „Da ist nichts außer trockenes und unfruchtbare Land, da wächst nicht mal mehr Unkraut. Das wurde alles vom Krieg zerstört“ ,berichte ich ihr, doch das scheint allerdings nicht zu reichen. „Mhh, das kann ich mir gar nicht vorstellen. Ich denke da ist noch irgendwas“ ,überlegt sie und blickt in die Ferne, als könnte sie etwas sehen. „Ich kann dir nur sagen was ich gesehen habe, ich war allerdings auch nicht viel weiter als bis zum Ende der Felder dort draußen“, berichte ich. „Ich denke auch das da noch irgendwas ist, wovor sollte uns sonst der Zaun beschützen?“ ,fragt Ann. „Das verstehe ich auch nicht. Ich habe mich immer gefragt warum die Amite nicht geschützt werden, innerhalb des Zaunes ist nicht genug Platz für den Anbau, aber das ist trotzdem komisch, findet ihr nicht auch?“ ,gebe ich meine Gedanken wieder. „Vielleicht lauern jetzt keine Gefahren mehr, aber das ist eine wirklich interessante Frage. Doch damit müssen wir uns nicht beschäftigen. Wir sind da um alle zu beschützen und ich denke im Ernstfall bekommen wir alle hinter dem Zaun. Immerhin sitzen hier den ganzen Tag Ferox und blicken in die Ferne auf der Suche nach Gefahren“ ,fügt Gus hinzu. Da hat er vermutlich recht, ist ja auch egal. Wir leben ja auch seit vielen Jahrzehnten im Frieden.

Nach einiger Zeit würde es uns freigestellt ob wir noch höher gehen, hier bleiben oder wieder runter gehen. Darauf habe ich die ganze Zeit gewartet. Four, der die ganze Zeit weit weg vom Abgrund stand und kalkweiß angelaufen ist, ergreift gleich die Flucht und rennt förmlich nach unten. Im Gegensatz zu ihm bin ich die Erste die, die nächsten Stufen nach oben erklimmt. Ein paar Folgen mir, geben allerdings schnaufend nach einigen Ebenen auf, sodass ich die Einzige bin die noch höher möchte. Doch das macht mir nichts, ich genieße es regelrecht alleine zu sein.

Schnaufend komme ich nach einem gefühlten Treppenmarathon ganz oben an. Verdammt waren das viele Stufen, doch bei diesem Ausblick lohnt sich das allemal. Mir bleibt förmlich der Atem weg, was nicht nur an den ganzen  Treppen liegt, sondern an dieser phantastischen Aussicht. Ich trete näher an das Gelände des Zaunes und lasse meinen Blick über die Landschaft schweifen. Der Wind weht mir angenehm ins Gesicht und ich öffne meinen Zopf, sodass meine Haare durch den Wind tanzen und nach hinten geweht werden. Es ist einfach herrlich hier und diese Natur, das satte Grün der Wiesen und Bäume, die bunten Felder, einfach alles. Das einzige was an diesem Bild stört ist der kleine Streifen unfruchtbares, braunes Land am Horizont. Ich lasse all meine Probleme, all meine Sorgen dort unten und genieße einfach nur diesen Ausblick. Ich lehne mich leicht an das Gelände, breite meine Arme zu den Seiten aus, schließe meine Augen und genieße es einfach. Keine Sorgen, keine Probleme, nur ich, die Stille und der mir entgegenwehende Wind.

Behutsam legen sich zwei Hände auf meine Hüften und ziehen mich leicht nach hinten. Erschrocken zucke ich zusammen und reiße die Augen auf, doch ein bekannter Geruch weht mir um die Nase und ich lehne mich entspannt nach hinten, ohne groß darüber nachzudenken, an einen trainierten Oberkörper.

Na wer steht hinter Hope und was wird passieren?

Vielleicht sollte ich euch den Titel vom nächsten Kapitel verraten, um eure Spekulationen anzutreiben. 😏

Bildquelle:
https://pin.it/bxuqnxpws7j7s7

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