„Hope", ertönt eine Stimme hinter mir und augenblicklich bleibe ich stehen.
Wie angewurzelt stehe ich da, mit dem Rücken zu der Person, die mich angesprochen hat und bewege mich kein Stück. „Hope?", fragt die Person hinter mir. Eric, der sich bereits umgedreht hat, wirft der Person einen grimmigen Blick entgegen, doch bevor er etwas sagen kann, reiße ich mich aus meiner Starre heraus. „Mutter", sage ich, während ich mich umdrehe. Früher oder später hätte es ja zu einer Begegnung mit meinen Eltern kommen müssen, dass es jetzt nur meine Mutter ist, ist deutlich angenehmer. „Du bist es wirklich", sagt sie freudig. Dies erwidere ich allerdings nur mit einem Brummen, wenigstens schließt sie mich nicht gleich in die Arme. „Kann ich bitte mit dir reden?", fragt sie und ihre Miene wird dabei ernst. „Alleine", fügt sie noch mit einem angstvollen Blick zu Eric hinzu. Ich seufze auf, es kann ja nicht allzu schlimm werden. „Entschuldige mich bitte einen Augenblick, ich komme gleich nach", sage ich zu Eric und gehe mit meiner Mutter an einen etwas ruhigeren Ort, denn hier an der Kuppel laufen noch einige Amite herum und wie es scheint möchte sie ungestört mit mir sprechen.
Etwas abseits von der Kuppel und außer Reichweite von anderen Amite und Eric bleiben wir stehen. „Du hast dich verändert", fängt sie an. Muss mir das jetzt eigentlich jeder sagen, ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich das schon gehört habe seitdem ich hier bin. „Jetzt sieht man deine Stärke auch von außen", fügt sie noch hinzu. Da ich nicht weiß was ich dazu noch sagen soll, lächle ich sie leicht an. „Was gibt es?", frage ich sie, um den Grund dieses Gespräches herauszufinden. Aufmerksam sieht sie sich um, als würde sie überprüfen, ob sich jemand in unserer Nähe befindet oder uns gar sieht. Wir hatten nie ein sonderlich gutes Verhältnis, was vor allem durch meinen Vater zuschulden gekommen ist. „Ich wollte mich bei dir entschuldigen", fängt sie an. „Es ist okay, wenn du mir nicht verzeihst. Ich möchte aber das du weißt das es mir unglaublich leid tut. Ich war nie eine gute Mutter für dich, das weiß ich, ich hätte das alles nicht zulassen sollen. Ich hätte dich beschützen sollen und mutig sein sollen, aber ich habe es nicht geschafft." Tränen schimmern in ihren Augen und sie wischt sie mit ihren Fingern weg. „Es tut mir so unendlich leid, ich hätte stark sein sollen, aber das war ich noch nie." Ich kann ihren Schmerz förmlich in ihren Augen sehen und wie schwer die Schuld auf ihren Schultern lastet. Kann ich ihr verzeihen, dass sie nichts getan hat, dass sie zugesehen hat? „Ist schon okay, es ist nicht deine Schuld", sage ich letztendlich. „Du verzeihst mir?", fragt sie mich erstaunt, um sicher zu sein was meine Worte bedeuten. Mit einem einfachen Nicken antworte ich ihr. Meine Entscheidung ändert nichts an der Situation, aber es kann ihre verändern. Es ist für sie okay, wenn ich ihr nicht verzeihe, aber wenn ich es tue, schöpft sie vielleicht Kraft daraus und unternimmt etwas gegen die Gewalt meines Vaters. Das Ganze gehört meiner Vergangenheit an, mit der ich abgeschlossen habe. Letztendlich hat es mich zu dem gemacht, was ich jetzt bin, auch wenn ich gerne auf diese Erlebnisse und Erfahrungen verzichten würde. Ich habe mit der ganzen Sache abgeschlossen, warum sollte ich ihr dann nicht auch die Chance geben damit abzuschließen. Die Schuldgefühle nagen an ihr, was durch ihre Körpersprache aber auch durch ihre Worte zum Ausdruck kommt. Warum sollte ich ihr dann nicht eine Last nehmen? Meine Mutter ist kein Täter, sie ist auch ein Opfer. Ich kann deutlich ihre Erleichterung spüren, als hätte ich ihr eine Last vom Rücken genommen. Noch immer rinnen vereinzelt Tränen über ihre Wangen. „Darf ich dich umarmen?", fragt sie mich, was ich letztendlich mit einem Zögern bejahe. Sie schmiegt ihre Arme um mich und schluchzt an meiner Schulter. Ich erwidere ihre Umarmung und lege meine Arme leicht um sie. „Es tut mir so leid", bringt sie unter Tränen hervor. „Schon gut Mom, es ist alles gut."
„Ich bin so unglaublich stolz auf dich", sagt die Amite in Sonnenblumengelber Kleidung. Das Strahlen, welches von ihrer Kleidung ausgeht, ist auch wieder leicht in ihren Augen zurückgekehrt. Das Strahlen, welches sie vor einer langen Zeit verloren hat. „Du bist so mutig tapfer und stark, eine richtige Ferox, das warst du schon immer. Ich wünschte ich hätte einen Teil von deiner Stärke." Zum Ende hin nimmt ihre Stimme wieder Trauer an. „Ich kann dir helfen von ihm loszukommen, wir können gemeinsam zu Johanna gehen", schlage ich vor und spreche einen Schritt an, den ich mich selbst nie getraut habe zu gehen. Zu groß war die Angst das mir niemand glaubt, dass sie mir die Schuld daran geben, dass das alles passiert ist. Aber ich habe gelernt das dies nicht so ist, dass man mir glaubt und für mich da ist. „Ich kann auch mit Eric sprechen", biete ich ihr an, doch sie schüttelt nur den Kopf. „Das musst du nicht machen, dass hier reicht mir schon vollkommen und ich bin unglaublich dankbar dafür", erwidert sie nur. „Du musst von ihm wegkommen, tu es für mich." Meine Mutter nickt mit dem Kopf und senkt den Blick etwas auf den Boden. „Ich kann das noch nicht, ich brauche noch etwas Zeit und dein Vater kann auch ein guter Mann sein." Ich schüttle den Kopf. „Das ist er nicht, du wünscht es dir, aber er ist nicht gut und er tut dir auch nicht gut. Komm von ihm weg, such dir Hilfe bei Johanna. Sie wird dir glauben und dich Unterstützen. Wenn du es nicht für dich tun kannst, dann tue es für mich." „Das werde ich."
Wir unterhalten uns noch etwas darüber, wie es mir bei den Ferox bislang ergangen ist und meine Mutter scheint mit jeder Minute etwas glücklicher zu werden. Immer wieder bringt sie zum Ausdruck wie stolz sie auch mich ist und ich denke das sie aus unserem Gespräch Kraft und Mut findet gegen die Gewalt anzukommen. Ich freue mich darüber, dass ich ihr dies durch ein einfaches Gespräch ermöglichen kann. Ich kann mich kaum daran erinnern mal so mit ihr über dies und das gesprochen zu haben, viel zu sehr hat uns mein Vater dominiert und so verhindert das wir eine Beziehung zueinander aufbauen.
„Ist er gut zu dir?", fragt sie mich plötzlich und blickt an mir vorbei. Leicht drehe ich mich nach hinten, um zu sehen, wenn sie meint, auch wenn es sich dabei nur um eine Person handeln kann. Etwas weiter hinter mir, außer Hörweite, steht Eric, der uns mit verschränkten Armen und kalten Blick, ganz der Anführer, beobachtet. Ich habe von ihm erwartet das er vor geht und nicht auf mich wartet, aber ich hätte mir schon denken können das er es nicht tut. „Woher weißt du", setze ich an, doch ich werde von meiner Mutter unterbrochen. „Auch wenn ich keine gute Mutter für dich war, bin ich trotzdem eine Mutter. Ich sehe es dir an und ich habe euch zusammen gesehen", sagt sie. „Er macht mich glücklich", bestätigte ich ihr letztendlich. Anscheinend ist es kein wirkliches Geheimnis mehr oder ich bin einfach ein offenes Buch und man sieht mir alles an, während Eric ein Meiser darin ist seine Gefühle hinter einer Fassade zu verbergen. „Mehr zählt für mich nicht, solange du glücklich bist, aber mache nicht meine Fehler." Wieder wirft sie einen Blick zu Eric. „Es hat mich gefreut mit dir zu sprechen, aber ich bin spät dran und sollte lieber los und du wirst erwartet. Vergesse nicht wie stolz ich auch dich bin", sagt sie und greift meine Hand, um diese kurz zu drücken, dann wendet sie sich von mir ab. „Ich liebe dich, mein Kind", mit diesen Worten dreht sie sich noch einmal zu mir um und lächelte mich an, bevor sie davon eilt. Ich sehe ihr noch kurz nach, es hat gut getan mit ihr zureden, vor allem da ich weiß das es ihr gut getan hat.
„Das war meine Mutter", sage ich, als ich wieder bei Eric bin. „Ich weiß, so hast du sie bezeichnet, als sie dich angesprochen hat", erinnert mich Eric daran. Er legt seine Hand auf meinen unteren Rücken und schiebt mich an. Gemeinsam machen wir uns auf dem Weg in die kleine Wohnung, wobei seine Hand meinen Rücken nicht verlässt.
Findet ihr es richtig das Hope ihrer Mutter verzeiht? Wie hättet ihr in dieser Situation reagiert?
Da ich es gestern aus zeitlichen Gründen nicht geschafft habe das Kapitel hochzuladen, gibt es an einem Montag ein neues Kapitel. Ich wollte euch nicht noch länger warten lassen, vor allem da das letzte Kapitel schon fies geendet hat. ;)
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Ein neues Leben bei den Ferox
FanfictionHope ist eine gebürtige Amite. Sie will ihre Fraktion verlassen, da sie Schmerz mit diesem sonst so ruhigen Ort verbindet. Die 16 jährige entscheidet sich für die Ferox. war es die richtige Entscheidung? In der Fraktion, der furchtlosen Kämpfer, ler...