Für den heutigen Tag habe ich mir nichts vorgenommen, da ich beschlossen habe erstmal anzukommen. Na gut, ankommen ist vermutlich das falsche Wort, da ich hier nie ankommen werde. Immerhin habe ich mich hier bei den Amite nie wohlgefühlt und es ist nicht einfach wieder an dem Ort meiner Vergangenheit zu sein, da mich immer wieder Erinnerungen von damals einholen. Eine Zeitlang bin ich spazieren gegangen, erst um die Felder der Amite, doch dann haben mich immer mehr von der bunttragenden angesprochen und um ehrlich zu sein gingen mir die ganzen Lieder, die die Arbeiter auf den Feldern singen, tierisch auf die Nerven, weswegen ich den Weg zum Wald eingeschlagen habe. Dort habe ich mich etwas aufgehalten. Im Wald war es deutlich angenehmer, die Luft war nicht so drückend wie draußen auf den Feldern und die Temperatur war auch nicht ganz so hitzig. Außerdem ist es in dem Wald friedlich still, nur die Geräusche der Tiere durchbrechen die Stille, sowie vereinzelt kleine Äste, die zerbrechen, wenn ich auf ihnen trete. Eine Weile gehe ich durch den Wald und genieße die friedliche Stille. Doch ganz entspannt bin ich nicht, denn ich halte wachsam nach Spinnen Aussicht, die ihre Spinnennetze von Baum zu Baum spinnen. Das Letzte was ich will ist durch ein solches Netz zu laufen, vor allem nicht, wenn eins der kleinen Monster darauf sitzt. Gerade über die Monster nachgedacht und schon ist eins genau vor meiner Nase, ein kleiner Schrei verlässt meinen Mund und ich springe erschrocken zurück und starre das Monstrum mit den zu vielen Beinen an. „Genug Wald für heute“, murmle ich und drehe mich schnell um, um so weit weg wie möglich von der Spinne zu kommen, bevor sie auf die Idee kommt mich zu attackieren. Auf meinem Rückweg versuche ich auf demselben Weg zu bleiben, den ich auch auf dem Hinweg genommen habe. So ist die Chance hoffentlich geringer das ich noch einmal ein achtbeiniges Monster begegne, es sei den sie haben sich gegen mich verschworen und spinnen ihre Netze von Baum zu Baum um mich herum. Bei dem Gedanken läuft ein kalter Schauer über meinen Rücken und ich verschnellere meine Schritte weiter, um schneller aus dem Wald zu kommen. Zuerst fand ich es hier ganz entspannt, doch jetzt wo ich die Spinne gesehen habe, ist es hier nicht mehr so entspannend, aber so war es schon immer.
Nachdem ich den Wald verlassen habe und immer noch keine Lust habe mich mit den Amite weiter auseinander zusetzen gehe ich zu meinem Lieblingsort. Ich weiß nicht warum, aber hier war immer niemand und so ist es auch heute. An diesem alten Baum habe ich am liebsten meine Zeit verbracht, hier war ich in der Regel ungestört und konnte meinen Gedanken und Träumen nachhängen. Nur mit Sunny habe ich hier manchmal Zeit verbracht. Ich frage mich immer, warum hier immer niemand war, immerhin hängt hier auch eine Schaukel von einen der alten Ästen. Vielleicht liegt es daran das dieser Baum etwas abgelegen ist und nahe dem Zentrum der Amite sich weitere Schaukeln befinden. Wie in alten Zeiten setze ich mich auf die breite Schaukel, hole Schwung und komme den Himmel immer nähe. Ich spüre den Wind in meinen Haaren und schließe die Augen. Nahezu fühle ich mich schwerelos, wie ein Vogel, der durch die Lüfte fliegt, frei. Ich habe mir immer Freiheit gewünscht und nun habe ich sie bei den Ferox erreicht. Bei dem Gedanken schleicht sich ein Lächeln auf mein Gesicht. Ich hole erneut Schwung und lasse mich dann hin und her schaukeln, bis die Schaukel letztendlich zum Stehen kommt. Wie in alten Zeiten stehe ich auf und setze mich in den Schatten des Baumes, um mich dort gegen den alten Stamm zu lehnen. Ich winkle mein Bein an und lege meine Hand oberhalb auf die Haut meines Fußknöchels, an die Stelle, wo sich mein Tattoo befindet. Dies war mein Rückzugsort, mein Ort, an dem ich Frieden gefunden habe und ich habe ihn immer dabei. Dieser Baum ist mit das Einzige was ich aus meiner Vergangenheit vermisse, doch durch dieses Tattoo habe ich ihn immer bei mir. Ich lasse meinen Blick über die Landschaft schweifen. Von der Sicht der Natur aus betrachtet ist es hier wirklich schön, all die schönen Farben und unterschiedlichen Farbtöne, die schönen Tiere. Wobei hier gibt es auch zahlreiche unschönen Tiere, wenn ich da so an die Vielzahl von Spinnen denke. Ohne weiter darüber nachzudenken strecke ich mein Bein wieder aus, schließe die Augen und lasse meinen Gedanken freien Lauf.
„Hope? Bist du es wirklich?“, reißt mich eine freudige Stimme aus den Gedanken und ich habe ein kleines Déjà-vu. Vor ein paar Monaten saß ich genau an derselben Stelle, habe mir Gedanken über meine noch damals zukünftige Fraktionswahl gemacht und wurde von derselben Stimme mit nahezu den identischen Wörtern, wenn ich mich recht entsinne, aus den Gedanken gerissen. So ist es auch heute, einige Dinge ändern sich wohl nicht. „Hey, Sunny“, begrüße ich meine Freundin und öffne die Augen. Ich kann gar nicht so schnell reagieren, denn schon sitzt sie neben mir auf dem Boden und schlingt ihre Arme um mich. „Du liebe Güte, du bist es ja wirklich“, murmelt sie und ich lege meine Arme auch um sie. „Ich habe wirklich nicht gerechnet dich noch einmal widerzusehen, ich freue mich so“, ruft sie begeistert und löst sich von mir, um mich zu betrachten. „Überraschung“, murmle ich. „Ich habe schon gehört das du hier sein sollst, aber so richtig konnte ich es einfach nicht glauben, ich musste dich einfach mit eigenen Augen sehen. Und da bist du, ich wusste doch das ich dich hier finden werde“, sagt sie. „Das ist immer noch mein liebster Ort hier bei den Amite“, sage ich und blicke den Baum hinauf in die Krone. „Ich kann es einfach nicht glauben, du bist wirklich hier.“ Erneut schlingen sich zwei Arme um mich. „Hyperventiliere nicht gleich, ich bin ja für die ganze Woche da bis dieses Anführertreffen beendet ist“, kläre ich sie auf und schiebe sie leicht von mir. „Du hast dich wirklich optisch verändert, du siehst so stark aus und strahlst förmlich mehr. Du fühlst dich deutlich wohler bei den Ferox als du es hier getan hast, oder?“, fragt sie mich. Warum sagen eigentlich alle das ich mich optisch verändert habe? Denken sie das wäre mir nicht aufgefallen? Immerhin ist es schon von den Klamotten her eine drastische Veränderung. „Im Gegensatz zu mir scheinst du noch ganz die Alte zu sein. Das tue ich, ich habe eine Fraktion gefunden, die zu mir passt und ich muss nicht den ganzen Tag draußen rumlaufen“, sage ich und blicke auf meine Haut. „Blass wie immer“, kommentiert sie dies. „Du hast es wirklich schon weit geschafft bei den Ferox, wenn du die Assistentin von Eric geworden bist nach so einer kurzen Zeit.“ Da haben wir eine weitere Person, der ich erklären kann, dass ich nicht seine Assistentin bin. „Da muss ich dich leider enttäuschen, Sunny, denn Eric hat gar keine Assistentin.“ Und da ist auch schon das fragend Gesicht. „Was? Wirklich?“, fragt sie mich. „Wenn ich seine Assistentin wäre, würde ich dann nicht jetzt bei ihm sein oder da wo auch immer die ganzen Assistenten der Anführer jetzt sind?“, frage ich sie. „Stimmt, das macht keinen Sinn das du hier sitzt obwohl gerade das erste Treffen stattfindet. Aber warum bist du dann hier? Eric braucht doch sicherlich keinen Babysitter.“ Jeder Babysitter würde schon nach zehn Minuten mit Eric seinen Job an den Nagel hängen, so wie er manchmal, des Öfteren, drauf ist. „Warte“, hält sie mich davon ab, ihr zu antworten. „Wie heißt nochmal dieses Mädchen, das zusammen mit Noah in eine Fraktion ging? Die mit den braunen Haaren?“, fragt Sunny mich nachdenklich. „Meinst du Ann?“, frage ich sie etwas verwirrt. Was hat das Ganze jetzt mit Ann zu tun? „Genau Ann. Sie hat doch etwas zwischen dir und Eric angedeutet oder nicht? Und wenn ich mich richtig erinnere sagtest du das es kompliziert ist. Seid ihr jetzt etwa zusammen?“, fragt sie mich quietschend vor Aufregung. Gut kombiniert, Sunny, gut kombiniert. „Kann man so sagen“, erwidere ich. Immerhin haben wir das noch gar nicht besprochen, aber wir haben uns gegenseitig unsere Liebe füreinander gestanden, ist man denn nicht irgendwie automatisch zusammen? „Wow, du hast es geschafft Eric den Kopf zu verdrehen. Wie ist er so? Ich muss zugeben ich habe mich bei Johanna nach ihm erkundigt, nachdem Ann das angedeutet hat und mein erster Eindruck von ihm war ehrlich gesagt nicht sonderlich positiv“, gibt sie zu, woraufhin ich schmunzeln muss. „So gesehen hat niemand einen positiven Eindruck von ihm, was ich schon verstehen kann, aber ich mag ihn.“ Wobei es ist vielmehr als bloß mögen. „Du bist komisch“, erwidert Sunny daraufhin. „Vielen Dank“, bedanke ich mich lächelnd bei ihr. Einige schreckt es vielleicht ab als komisch bezeichnet zu werden, aber mich stört es ganz und gar nicht und die Reaktion, wenn man sich dafür bedankt ist doch auch immer wieder lustig, denn Sunny verzieht daraufhin ihr Gesicht. „Darf ich fragen, wie das zwischen euch entstanden ist?“, fragt sie neugierig. „Ich habe es mir nicht gefallen lassen, wie er mit mir spricht und habe ihm des Öfteren kontra gegeben“, erkläre ich ihr in einer ziemlich kurzen Kurzfassung. „Du hast was? Bist du etwa lebensmüde? Was frage ich überhaupt, natürlich bist du das, immerhin bist du eine Ferox und somit eindeutig komisch. Ein Wunder, das du noch laufen kannst oder überhaut noch lebst, aber das hat vermutlich damit zu tun das Eric dich mag oder dich für was auch immer braucht.“ So betrachtet hätten meine Strafen, die ich dafür kassiert habe, deutlich schlimmer ausfallen können, das stimmt schon. „Ich musste auch mehr als eine Strafe über mich ergehen lassen, aber es hat sich definitiv gelohnt und ich lasse immer noch nicht alles auf mir sitzen, da kann er machen was er will, das wird sich nicht ändern.“ Wobei Eric das insgeheim nicht möchte das sich dies ändert, was er mir ja auch schon angedeutet hat, auch wenn es ihm in gewisser Weise aufregt. „Ich kann es einfach nicht glauben, da gehört wirklich Mut dazu. Von dem was ich so über ihn gehört habe, stellt sich kaum einer ihm freiwillig in den Weg bei seinem Charakter wäre das vermutlich auch keine so gute Idee.“ Da gehört Mut dazu, oder eher ein loses Mundwerk was erst darüber nachdenkt, nachdem es schon irgendwelche Konter ausgesprochen hat, so wie es in meinem Fall war oder auch ist. Doch ich lasse sie mal in ihrem Glauben und zerstöre die Illusion nicht.
Wir sitzen noch eine Weile unter dem alten Baum und unterhalten uns über alles Mögliche. Sie hat mich zu sich nach Hause eingeladen, damit ich ihr neues Zuhause ansehen kann und ihren Verlobten Noah, näher kennenlernen kann. Für dieses Treffen habe ich allerdings keinen genauen Zeitraum zugestimmt, da ich noch nicht weiß was ich die nächsten Tage mache und ob Eric mich vielleicht bei irgendetwas braucht. Von diesem werden wir auch aus unserem Gespräch gerissen, denn in der Nähe des Zentrums der Amite geht es etwas lauter zu und ich kann seine Stimme hören, auch wenn ich nicht verstehe was er sagt. „Ich denke das Anführertreffen ist für heute beendet“, sage ich mit einem Schmunzeln zu Sunny, die neben mir zusammenzuckt und besorgt aussieht. „Ich gehe mal gucken was da los ist“, sage ich und stehe auf. In der Zeit, in der ich den Dreck von meinen Klamotten klopfe, steht auch Sunny auf und begleitet mich ein Stück. Doch unsere Wege trennen sich noch bevor wir auf Eric treffen und sie verschwindet schon fast fluchtartig.Was ist Eric wohl wieder über die Leber gelaufen?
🎉🎉Heute vor fünf Jahren habe ich das erste Kapitel veröffentlicht🎉🎉
Mittlerweile umfasst die Geschichte von Hope und Eric 128 Kapitel... das ist wirklich krass, damit habe ich nie gerechnet.
Mein Worddokument beinhaltet 158.719 Wörter. Mal zum Vergleich ein durchschnittlicher Roman liegt zwischen 70.000 und 150.000 Wörtern. Ich habe einfach schon einen Roman geschrieben und bin immer noch nicht fertig 🙊
Auf diesem Weg möchte ich mich bei euch allen bedanken. Vielen Dank für das Lesen, Kommentieren, Voten und hinzufügen zu Leselisten. Vielen Dank für das Verfolgen dieser Geschichte, für das teilen eurer Meinung, Gedanken und Ideen. Das alles bedeutet mir wirklich viel. Vielen, vielen Dank für eure Unterstützung ❤❤❤
Es ist vielleicht nichts besonderes in diesem Kapitel passiert, doch ich wollte eine Verbindung zum ersten Kapitel herstellen. Damals saß Hope unter diesen Baum und hat über eine wichtige Entscheidung in ihrem Leben nachgedacht. In dem heutigen Kapitel saß sie wieder dort und ist glücklich mit der Entscheidung die sie getroffen hat.
Und auch Sunny kommt in beiden Kapiteln vor.Das reicht hier für heute erstmal an rumgeschwafel, sonst wird das auch noch ein Roman 😉
Nochmals vielen lieben Dank ❤
Und zum Abschluss nochmal einen aktuellen Zwischenstand
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Ein neues Leben bei den Ferox
FanfictionHope ist eine gebürtige Amite. Sie will ihre Fraktion verlassen, da sie Schmerz mit diesem sonst so ruhigen Ort verbindet. Die 16 jährige entscheidet sich für die Ferox. war es die richtige Entscheidung? In der Fraktion, der furchtlosen Kämpfer, ler...