Ich wurde von dem Geräusch geweckt, was entsteht, wenn man mit Metall auf Metall schlägt. Es ist kein schönes Geräusch, vor allem nicht, wenn man tief und fest schläft. Also schrecke ich aus dem Schlaf auf und sitze kerzengrade im Bett und suche nach der Ursache. An der Tür steht Four, der mit einer Metallstange gegen das Treppengeländer schlägt. „Macht euch fertig, ich erwarte euch in 20 Minuten im Trainingsraum. Wer zu spät kommt wird bestraft.“ Ruft er uns zu. In 20 Minuten? Der ist doch verrückt. In dieser Zeit sollen wir uns umziehen, was essen und zum Trainingsraum gelangen? Wie sollen wir das machen? Was passiert, wenn wir zu spät kommen? Ehrlich gesagt will ich das gar nicht wissen. Wie spät ist es überhaupt? Ich suche im Raum nach einer Uhr. Es ist sechs Uhr. Früher bin ich immer um sieben aufgestanden und müsste dadurch das frühe Aufstehen eigentlich gewöhnt sein. Dafür bin ich aber sehr müde, das liegt bestimmt an den Betten, die sind hart wie Stein, und an der Art wie wir geweckt wurden. Vielleicht hilft ja eine kalte Dusche.
„Guten Morgen, habt ihr auch so gut geschlafen wie ich?“ fragt Ann uns sarkastisch. Ich habe kaum geschlafen. „ Morgen Ann, mir ist es auch so ergangen wie dir.“ murmle ich. „Ich glaube der Boden ist fast weicher als die Betten.“ Gibt Gus von sich.
Müde stehe ich auf, greife meine Sachen und schlürfe in den Waschraum. Dort gehe ich erstmal kalt duschen, damit ich wacher werde. Die Salbe hilft wirklich gut, mein Hämatom sieht schön viel besser aus und es tut nicht mehr so weh, wenn man es anfasst. Ann hatte recht, zum Glück waren wir auf der Krankenstation.
Nachdem wir uns alle fertig gemacht haben, gehen wir zusammen in den Speiseraum. Heute ist es nicht so voll wie gestern. Entweder stehen nicht alle so früh auf oder sie wollten gestern nur die neuen Initianten sehen.
Zum Frühstück gibt es verschiedene Sorten Brot und Brötchen, Müsli, Obst und Gemüse . Ich habe noch keinen Hunger, deswegen esse ich nur Müsli und einen halben Apfel. Beim Essen schweigen wir uns an. Alle sehen sehr müde aus, was ja kein Wunder ist, ich bin jetzt aber relativ wach. Nachdem wir alle aufgegessen haben, gehen wir in den Trainingsraum.
Wir haben es pünktlich geschafft und sind sogar ein paar Minuten zu früh hier. Im Trainingsraum warten schon unsere Ausbilder. Eric scheint wieder schlechte Laune zu haben und steht mit verschränkten Armen vor der Brust da. Der Raum ist richtig groß und in scheinbar zwei Hälften aufgeteilt, die durch Säulen voneinander getrennt sind. Ungefähr in der Mitte sind einige Ringe aufgebaut, in dem anderen Teil hängen orange Boxsäcke von der Decke und an einer Wand sind blaue Zielscheiben in Menschenform, wahrscheinlich zum Messerwerfen, angebracht.
„Da ihr euch entschieden habt, pünktlich zu kommen, können wir anfangen. Die Initiation der Ferox wird in zwei Phasen eingeteilt, in der ersten Phase lernt ihr zu kämpfen und in der zweiten eure schlimmsten Ängste zu besiegen. Die Initiation dauert insgesamt zehn Wochen. Acht für die erste Phase und zwei für die zweite.“ Erklärt uns Four. „Ihr werdet zusammen mit den gebürtigen Ferox bewertet und jeder erhält dadurch einen Platz im Ranking.“ Er deutet auf eine Tafel, auf der unsere Namen stehen. Ich stehe auf Platz eins. Wahrscheinlich weil ich als erste gesprungen bin. „Das Ranking wird entscheiden, welche Jobs ihr bekommen könnt.“ Endet Four. „Das Ranking wird auch entscheiden wer geht.“ Sagt Eric gelangweilt. Geht? Wieso gehen? Ich dachte wir können in einer Fraktion bleiben, wenn wir uns erstmal entschieden haben. „Gehen?“ fragt jemand von uns. „Ja, gehen. Ihr habt euch für uns entschieden und wir entscheiden uns nun für euch.“ Sagt Eric und grinst böse. Kann der nicht mal etwas netter sein? Ich muss mich anstrengen, damit ich hierbleiben kann. Obwohl ich erst einen Tag hier bin, fühle ich mich wohl. Ich muss es schaffen, ich werde es schaffen.
„Jetzt läuft jeder von euch 20 große Runde.“ Sagt Eric. Wir starren Eric einfach nur an. Ich weiß nicht warum, wahrscheinlich ist das noch der Schock, dass es nicht alle von uns schaffen werden. Erics Gesicht verfinstert sich, ich dachte das geht nicht noch finsterer, aber da habe ich mich wohl geirrt. „Was guckt ihr so. Heute noch.“ Schrie er uns an. Ich muss mich regelrecht von seinen Augen lösen.
Ich bin die Erste, die los läuft. Meine Freunde holen mich schnell ein und so laufen wir zusammen unsere 20 Runden. Eric brüllt uns alle andauernd an, weil wir zu langsam werden oder so.
Nach einer Weile habe ich die Runden geschafft. Ich kann jetzt schon nicht mehr und wir haben gerade erst angefangen. Ich muss eindeutig an meiner Ausdauer arbeiten. Ich bin aber nicht die Einzige, die nicht mehr kann.
„Das war richtig schlecht. Das nächste Mal geht das schneller, sonst müsst ihr nochmal so viele Runden laufen und noch 20 Liegestützen machen.“ Meckert Eric wieder rum. So viel? Morgen muss ich eindeutig schneller werden. Ich will nicht wissen, was er noch alles für Strafen hat. „Folgt mir zum Ring! Ich zeig euch ein paar Kampftechniken, aber nur einmal, also passt genau auf.“ Sagt Four und geht zu einem Ring, wo ein Ferox auf uns wartet. Four begrüßt den Mann und unterhält sich kurz mit ihm. Der Unbekannte hat zahlreiche Tätowierungen und Piercings.
Four zeigt uns ein paar Kampftechniken und ich versuche mir alles so gut wie möglich zu merken. Es sieht alles so leicht aus, das ist es aber bestimmt nicht. Immerhin sind die beiden schon ein paar Jahre hier. Ich würde Four auf das gleiche Alter wie Eric schätzen. Vielleicht haben sie auch die Initiation zusammen gemacht. Sind beide gebürtige Ferox oder auch Fraktionswechsler? Das ist schwer zu sagen. Nach dem Four uns alles gezeigt hat, sollen wir an den Boxsäcken üben.
Ann, Gus und ich suchen uns Bocksäcke aus die nebeneinander hängen. Sie sind orange und scheinen aus zwei verschiedenen Kugeln zu bestehen, eine kleine und genau darunter eine große. Ich positioniere mich vor dem Sack und schlage auf ihn ein, er bewegt sich aber nicht so, wie ich es eigentlich möchte. Aber er bewegt sich, was nicht bei allen Initianten der Fall ist. Die Boxsäcke sind ziemlich rau und hart, ich fürchte mir platzt bald die Haut an den Fingerknöcheln auf, wird wahrscheinlich weh tun, ist aber nicht zu ändern. Ich schlage mehrfach auf den Boxsack ein, er bewegt sich aber kaum. Irgendwas mach ich falsch, aber was?
Four korrigiert einige von uns, bei mir war er aber noch nicht. Eric geht einfach an uns vorbei und mault uns an, ohne uns zu verbessern, aber bei mir war er noch nicht. Der Boxsack von Ann bewegt sich noch weniger als meiner, also kann ich sie nicht fragen was ich falsch mache. „Gus, kannst du mir helfen, ich mache irgendwas falsch.“ Frage ich. Bei Gus bewegt sich der Sack stärker als bei mir, liegt auch an der Kraft, aber er kann mir ja mal Tipps geben. „Ja klar. Also du musst-…“ fängt Gus an, wird aber von Eric unterbrochen, der mittlerweile bei uns angekommen ist. „Hier wird nicht gequetscht sondern trainiert. Wie es aussieht habt ihr es auch nötig. Du vor allem, Amite.“ Wie kann er es wagen? „Ich bin keine Amite mehr, ich bin eine Ferox!“,sage ich mit fester Stimme. „Noch bist du keine Ferox.“ Erwidert Eric. Das werden wir mal sehen. Ich erwiderte aber nichts mehr.
Eric geht weiter und mault die anderen voll. Weder Gus noch ich sagen irgendwas, da Eric nicht weit von uns entfernt ist. Ich schlage immer wieder auf dem Sack ein. Er bewegt sich aber nicht wirklich.
Plötzlich legten sich zwei Hände auf meinem Bauch und meinem Rücken und ich ziehe zischend die Luft ein. Zum einen, weil das Hämatom immer noch etwas weh tut und zum anderen, weil ich mich erschreckt habe. „Du musst hier mehr die Muskeln anspannen.“ Raunt mir ein Stimme zu. Es ist Eric, der genau hinter mir steht. Er drückt mit den Händen zu, bis ich meine Bauchmuskeln anspanne. Das Hämatom tut kaum weh, obwohl Eric genau darauf drückt. Der Druck ist auch gar nicht so stark. Eric drückt fasst relativ sachte zu, das hätte ich nicht von ihm erwartet. Meine Haut fängt leicht an zu prickelnd, wo sich seine Hände befinden. „ Mach einen Schritt vor und das hintere Bein drehst du leicht zur Seite. Dann musst du leicht in die Knie gehen.“ Sagt Eric und ich mache das, was er sagt. Ich habe kaum die Zeit darüber nachzudenken,was gerade passiert, weil ich mich zu sehr auf das konzentriere was Eric mir gerade erklärt. „Schlag auf den Sack ein.“ Mittlerweile spüre ich leicht seinem Atem auf meinem Nacken. Wieso ist er aufeinander so hilfsbereit? Ich schlage auf dem Boxsack ein und er bewegt sich deutlich stärker. „Jetzt musst du nur noch mehr Muskeln aufbauen.“ Murmelt Eric. „Danke.“
Ich bin so vertieft, dass ich gar nicht merke, dass Eric noch hinter mir steht und seine eine Hand noch auf meinem Bauch liegt. Seine andere Hand hält mein Shirt fest und er scheint mein Tattoo am Schulterblatt zu betrachten. Seine Hand wandert weiter und er zieht mein Top an meinem Schlüsselbein nach vorne, sodass er darunter gucken kann. Spinnt er? Sofort schlage ich seine Hand weg und will ein Schritt nach vorne machen. Ich komm aber nicht weit, da seine Hand immer noch auf meinem Bauch liegt. „Sag mal, spinnst du? Glotz jemand anderem auf die Büste und nicht mir. Und wenn du es schon machen musst, mach es nicht so offensichtlich und guck nicht direkt unter das Shirt. Mach das bei jemandem, der das gefällt.“ Rufe ich empört. „Und jetzt lass mich los!“ Ich wusste doch, dass da was faul ist, warum sollte er mir sonst helfen? „Ich habe mir nur dein Tattoo angeschaut.“ Verteidigt Eric sich. „Ja, ja würde ich auch so sagen.“ Sage ich. „ Pass auf, wie du mit mir sprichst. Ich bin dein Anführer, zeig mal mehr Respekt !“ jetzt fängt er wieder mit der Ich-bin-dein-Anführer-zeig-mal-mehr-Respekt-Sache an. „Sonst fliegst du hier schneller raus, als du Ferox sagen kannst, Süße!“ droht Eric mir. Was fällt ihm ein, mich Süße zu nennen. Nur weil er hier ein Anführer ist kann er sich nicht alles erlauben. Ich antworte ihm aber nicht mehr und wende mich meinem Boxsack zu. Ann sieht mich fragend an, ich zucke aber nur mit den Schultern, da ich auch nicht genau weiß was da war. Ich lege meine ganze Wut in die Schläge und der Sack bewegt sich gleich noch mehr. Wie kann Eric es wagen?
Das Training lief ohne weitere Zwischenfälle ab. Eric hat mich zwar ab und zu angebrüllt, wie die andern auch, aber sonst war nichts. Nach dem Mittagessen haben wir zu zweit Kampftechniken trainiert. Ich habe mit Ann zusammen gearbeitet. Das ist alles gar nicht so leicht. Ich bin aber stolz auf mich, da ich heute viel gelernt habe.
Quelle:https://cdn.blogger.de/static/antville/Icebari/images/divergent%20bild.jpg
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Ein neues Leben bei den Ferox
FanfictionHope ist eine gebürtige Amite. Sie will ihre Fraktion verlassen, da sie Schmerz mit diesem sonst so ruhigen Ort verbindet. Die 16 jährige entscheidet sich für die Ferox. war es die richtige Entscheidung? In der Fraktion, der furchtlosen Kämpfer, ler...