148. Kapitel

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*Erzählers Sicht*

Fabio saß allein in seinem dunklen Wohnzimmer, das nur vom flackernden Licht des Fernsehers erhellt wurde. Die Stille um ihn herum war erdrückend, ein starker Kontrast zu dem Lärm und der Hektik, die sein Leben in den letzten Tagen bestimmt hatten. Er hatte sich in seine Arbeit gestürzt, Abende mit Freunden verbracht und war ständig unterwegs gewesen – alles, um nicht alleine sein zu müssen, um nicht über seine Beziehung zu Jana nachdenken zu müssen.

Doch jetzt, in der Stille, konnte er nicht mehr weglaufen. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag: Er hatte Jana vernachlässigt. Sie, die immer für ihn da gewesen war, die ihn unterstützt und geliebt hatte, auch wenn er es nicht verdiente. Er hatte gedacht, sie brauche auch ihre Zeit, sei ebenso eingespannt mit ihren Pferden und den Turnieren. Aber die Wahrheit war, dass er es war, der keine Zeit für sie gefunden hatte.

Er erinnerte sich an die Momente, in denen Jana versucht hatte, mit ihm zu sprechen, ihre Sorgen und Gefühle zu teilen. Doch er hatte sie abgewiesen, hatte behauptet, zu beschäftigt zu sein, und hatte ihre Bedürfnisse ignoriert. Er hatte nicht gesehen, wie sehr sie darunter litt, wie einsam sie sich gefühlt haben musste.

Mit jedem Gedanken, der ihm durch den Kopf schoss, fühlte er sich schlechter. Er hatte sie im Stich gelassen, hatte ihre Liebe als selbstverständlich angesehen. Und jetzt war sie weg, hatte einen Schlussstrich gezogen, weil sie nicht mehr konnte. Fabio konnte es ihr nicht verübeln. Er hatte versagt.

Aber er konnte und wollte sich damit nicht abfinden. Jana bedeutete ihm alles, und er wusste, dass er ohne sie nicht leben konnte. Er musste sie finden, musste ihr zeigen, dass er sich geändert hatte, dass er seine Fehler einsah und bereit war, alles für sie zu tun.


Der junge Fahrer ging durch die leeren Straßen, die von den sanften Klängen der Nacht erfüllt waren. Er wollte sofort zu ihr, doch es ging nicht. Nicht jetzt, nicht so. Er musste zuerst sich selbst verstehen, bevor er versuchen konnte, ihre Beziehung zu reparieren.

Er schlenderte weiter, vorbei an den geschlossenen Läden und den dunklen Fenstern der Häuser. Die Gedanken überschlugen sich in seinem Kopf. Er dachte an all die Male, die er Jana hätte unterstützen können, aber stattdessen hatte er sich für die Arbeit oder für seine Freunde entschieden. Er hatte ihre Anwesenheit als selbstverständlich betrachtet, ihre Liebe als gegeben angenommen. Er war blind gewesen.

Fabio erkannte, dass er nicht nur Jana, sondern auch sich selbst vernachlässigt hatte. Er hatte sich in eine Welt gestürzt, die voller Ablenkungen war, aber keine Erfüllung bot und das nur weil er wieder einmal Weltmeister werden hätte können, es aber selbst weil er zu viel wollte verbockt hatte. Er hatte vergessen, was im Leben wirklich zählte – die Menschen, die man liebt, und die Zeit, die man mit ihnen verbringt.


Er beschloss, sich Zeit zu nehmen, um über sein Leben nachzudenken, über die Fehler, die er gemacht hatte, und darüber, wie er sie wiedergutmachen konnte. Er wollte nicht nur Janas Herz zurückgewinnen, sondern auch ein besserer Mensch werden, jemand, der die Liebe und das Vertrauen, das ihm geschenkt wurde, wertschätzte.


Die Nacht verging, und mit den ersten Minuten als er aufgestanden war, fühlte Fabio eine neue Entschlossenheit in sich aufsteigen. Er würde beginnen, indem er seine Prioritäten neu ordnete. Er würde weniger arbeiten und mehr Zeit für die Menschen in seinem Leben einplanen, besonders für Jana. Er würde ihr zeigen, dass er sich geändert hatte, nicht durch Worte, sondern durch Taten.

In der folgenden Wochen machte Fabio ernsthafte Veränderungen in seinem Leben. Er reduzierte seine Termine, verbrachte mehr Zeit allein, um über seine Ziele und Wünsche nachzudenken, und begann, die kleinen Dinge im Leben zu schätzen. Er nahm sich Zeit für lange Spaziergänge und lernte, die Stille zu genießen.

Als er einmal den Lieblingsweg von ihm und Jana ging in dem Park von Andorra, sah er ein junges Paar, das lachend auf einer Bank saß. Sie erinnerten ihn an sich und Jana, wie sie früher waren. In diesem Moment wusste Fabio, dass er bereit war, Jana endlich wieder für sich zu gewinnen.



Jana saß in einem der gemütlichen Cafés in Montpellier, das sie und ihre Freundinnen oft besuchten, um sich auszutauschen und die Welt um sie herum für einen Moment zu vergessen.  Heute brauchte sie mehr als je zuvor den Rat ihrer engsten Freundinnen den sie wusste einfach nicht mehr weiter.

"Es ist so kompliziert", begann Jana, während sie mit dem Löffel nervös in ihrem Kaffee rührte.
"Ich dachte, ich könnte einfach weitermachen, aber es ist nicht so einfach. Fabio... er ist immer noch in meinem Kopf, in meinem Herzen."

Ihre Freundin Charlie legte ihre Hand auf Janas.
"Das ist normal, Jana. Ihr wart lange zusammen, und was ihr hattet, war echt. Es ist okay, dass du ihn nicht einfach vergessen kannst."

"Ja, aber was soll ich tun? Ich kann nicht ewig in dieser Welt bleiben", erwiderte Jana mit einem Anflug von Verzweiflung in der Stimme.
"Vielleicht musst du dir einfach mal selbst mehr Zeit geben", schlug ihre andere Freundin, Zoey, vor.
"Gefühle verschwinden nicht über Nacht. Und wer weiß, vielleicht ändert sich etwas bei Fabio, und er erkennt seine Fehler."

Jana seufzte.
"Ich weiß nicht, ob ich darauf warten kann oder soll. Es tut weh, ihn zu vermissen, und es tut weh, an all die Momente zu denken, die wir hätten noch haben können, wenn er sich anders entschieden hätte, wenn er mir zugehört hätte."

"Du musst auch an dich denken", sagte Zoey bestimmt.
"Du hast deine eigene Karriere, deine eigenen Träume. Du kannst nicht dein Leben auf Pause setzen in der Hoffnung, dass er sich ändert."
"Das stimmt", mischte sich Charlie ein.
"Und du bist stark, Jana. Du hast schon so viel erreicht, und du wirst auch das hier durchstehen."

"Jana, du weißt, dass wir immer für dich da sind, egal was passiert", sagte Zoey, während sie ihre Tasse abstellte und Jana direkt ansah.
"Aber nur du kannst wissen, was das Beste für dich ist.
"Jana nickte langsam.
"Ich weiß, und ich schätze eure Unterstützung so sehr. Es ist nur... manchmal wünsche ich mir, ich könnte die Zeit zurückdrehen und alles anders machen."

"Das ist menschlich", erwiderte Sophie sanft.
"Aber du kannst die Vergangenheit nicht ändern, nur die Zukunft gestalten. Und wer sagt, dass die Zukunft nicht besser sein kann als alles, was du bisher erlebt hast?"
"Vielleicht hast du Recht", sagte Jana nachdenklich. 

"Vielleicht sollte ich aufhören, mich auf das 'Was wäre wenn' zu konzentrieren und stattdessen anfangen, neue Möglichkeiten zu erkunden."
"Genau das meine ich", sagte Charlie.
"Du bist eine unglaublich talentierte Reiterin, Jana. Du hast eine glänzende Zukunft vor dir, und du verdienst jemanden, der das sieht und dich unterstützt."

"Und denk daran, dass Liebe nicht nur darin besteht, zusammen zu sein", fügte Zoey hinzu.
"Es geht auch darum, einander Raum zu geben, zu wachsen und zu sein, wer man ist. Vielleicht braucht Fabio auch diese Zeit, um zu wachsen."

Jana lächelte schwach.
"Ihr habt wahrscheinlich recht. Ich werde versuchen, positiv zu bleiben und mich auf das zu konzentrieren, was ich kontrollieren kann – meine Reiterei und meine Ziele."
"Das klingt nach einem Plan", sagte Lena und erhob ihr Glas.
"Auf Neuanfänge und darauf, dass wir alle unseren Weg finden."

Die drei Freundinnen stießen an und lachten, und für einen Moment fühlte Jana sich leichter. Sie wusste, dass der Weg nicht einfach sein würde, aber mit der Unterstützung ihrer Freundinnen fühlte sie sich stark genug, um jeden Sturm zu überstehen.

Die Unterhaltung ging weiter, und Jana fühlte, wie die Worte ihrer Freundinnen langsam zu ihr durchdrangen. Sie hatten Recht. Sie konnte nicht in der Vergangenheit leben, und sie konnte ihre Zukunft nicht von Fabios Entscheidungen abhängig machen. Sie musste ihren eigenen Weg finden, einen Weg, der ihr Glück und ihre Erfüllung brachte.

Als das Treffen zu Ende ging und sie sich von ihren Freundinnen verabschiedete, fühlte Jana eine neue Entschlossenheit in sich. Sie würde sich auf sich selbst konzentrieren, auf das, was sie glücklich machte. Sie würde reiten, an Wettbewerben teilnehmen und ihre Leidenschaft leben. Und wenn Fabio wirklich Teil ihres Lebens sein wollte, dann müsste er zeigen, dass er bereit war, an ihrer Seite zu stehen, nicht hinter ihr oder vor ihr, sondern mit ihr.

Jana verließ das Café mit einem Lächeln. Sie wusste, dass der Weg nicht leicht sein würde, aber sie war bereit, ihn zu gehen. Mit jedem Schritt, den sie tat, ließ sie die Vergangenheit ein Stück mehr hinter sich und blickte einer Zukunft entgegen, die sie selbst gestalten würde

You are my Champion | Fabio Quartararo FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt