Teil 52

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„Wie lang musst du noch arbeiten?" wollte FP von Lily wissen.
„Zwei Stunden", gab Lily ihm zur Antwort.
„Gut, dann werde ich noch zum Bau fahren und was nachholen, damit Fred nicht sauer ist."
Er küsste Lily kurz stand auf.
„Bis später, Prinzessin. Wir machen uns dann einen schönen Tag. Wie wäre es mit Strand?" schlug er vor.
„Hört sich gut an. Aber vorher wollte ich noch ein paar Sachen aus meinem Trailer holen", zwinkerte Lily.
„Auch das hört sich gut an", grinste FP.

Sam fuhr mit ihrer Harley die Küstenstraße entlang. Es war zwar ein Umweg in die Stadt, aber sie liebte diese Aussicht. Es ging bergab und Sam trat leicht auf die Bremse, damit sie langsamer wurde. Aber es tat sich nichts. Sam trat noch mal, diesmal durch.
„Scheiße", sagte sie zu sich selbst.

Sie wurde schneller. Die Fahrzeuge vor ihr wurden langsamer, sie musste ausweichen und überholen. Sie wusste, dass sie jetzt ruhig bleiben musste. Sam versuchte weiter die Bremse zu betätigen, doch nichts tat sich. Sie trat ins Leere. In der Kurve verlor Sam die Kontrolle über die Maschine. Sie schlenkerte, riss das Lenkrad rum, und rutschte auf die Seite, konnte gerade noch abspringen und landete auf den Asphalt, schleifte noch ein paar Meter darüber, bis sie am Straßenrand liegenblieb. Sam konnte sich vor Schmerzen nicht bewegen.

Lily hatte nach Feierabend ein paar ihrer Sachen aus dem Trailer geholt und trug sie rüber zu FPs. Sie schloss auf und betrat ihn. Als sie die Tür zum Schlafzimmer öffnete, traute sie ihren Augen nicht.
„Was machst du hier in unserem Schlafzimmer?"
Auf dem Bett lag Penny in einem Hauch von Nichts.

„Ich warte auf FP. Er hat mich hierher bestellt", grinste Penny frech.

Lily sah einige Momente sprachlos zu Penny, ehe sie sich wieder gefangen hatte. Sie stellte ihre Sachen ab und trat ins Schlafzimmer.
„Penny, wir wissen beide, dass er das nicht getan hat. Also tu mir und dir selbst den Gefallen und verschwinde hier."
„Natürlich hat er das. Das kann er dir gleich selbst sagen, wenn er von der Arbeit kommt," erwiderte Penny und setzte sich auf.
Lily seufzte und fuhr sich mit einer Hand über die Stirn. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Nach all der Aufregung mit Scott wollte sie sich nicht auch noch mit irgendwelchen Frauen beschäftigen müssen, die hinter FP her waren. Sie fühlte sich plötzlich unglaublich müde.
„Okay, ich werde es dir mal ganz genau erklären," sagte sie schließlich, während sie nach Pennys Klamotten griff, die am Fußende des Bettes auf dem Boden lagen.
„FP und ich sind zusammen. Er hat kein Interesse an dir, egal wie sehr du versuchst, dir das Gegenteil einzureden. Mag sein, dass ihr beide mal im Bett gelandet seid, aber zu der Zeit ging es ihm schlecht und er war betrunken. Sonst wäre das vermutlich gar nicht passiert. Allein diese Tatsache sollte dir zu denken geben. Also zieh dich an und verschwinde hier, bevor er nach Hause kommt."
Sie warf Penny ihre Klamotten zu, die sie auffing.
„Er hat dir davon erzählt?" fragte Penny und versuchte sich, ihre Überraschung darüber nicht anmerken zu lassen, was ihr jedoch nicht ganz gelang.
„Ja, hat er und er ist nicht stolz darauf, dass er mit dir im Bett gelandet ist. So waren seine Worte," antwortete Lily.
„Bitte zieh dich an und verschwinde hier. Wie gesagt, tu dir selbst diesen Gefallen. Wenn FP nach Hause kommt und dich hier so vorfindet, wird er verdammt sauer sein."
Stumm stand Penny auf und begann sich anzuziehen. Lily atmete innerlich auf.
„Warum tust du das?" fragte Penny sie dann, während sie in ihre Schuhe schlüpfte.
„Was?"
Lily sah sie verwirrt an.
„Mich davor bewahren, dass FP sauer auf mich wird," antwortete Penny.
„Ich habe einfach keinen Bock auf noch mehr Stress. Du solltest einfach akzeptieren, dass er mit mir zusammen ist und nicht an dir interessiert ist. Das macht es für alle leichter. Außerdem weiß ich, dass dir seine Freundschaft wichtig ist. Sonst hättest du dich letztens nicht bei ihm und bei mir entschuldigt. Ich sehe keinen Grund, weshalb ihr beiden nicht weiterhin befreundet bleiben könnt. Deswegen möchte ich einfach nicht, dass du das mit solchen Aktionen gefährdest," schwindelte Lily.
„Wow," meinte Penny und ging ein paar Schritte auf sie zu.
„Das hätte ich gar nicht von dir erwartet. Danke."
„Keine Ursache."
Lily sah auffordernd zu ihr.
„Okay, ich haue ab. Wäre gut, wenn das unter uns bleiben könnte."
Penny sah sie bittend an.
„Klar, von mir erfährt FP nichts," antwortete Lily und sah Penny nach, wie sie den Trailer verließ.
Nachdem die Tür hinter ihr zugefallen war, ließ Lily sich am Türrahmen hinuntergleiten und schloss die Augen. Bevor sie diesen Undercover-Job angetreten war, hätte sie sich nie träumen lassen, wie schwer es tatsächlich war, in eine völlig andere Identität zu schlüpfen und ständig aufpassen zu müssen, nichts Falsches zu sagen. Doch nun auch noch so tun zu müssen, als würde sie der Frau, die hinter ihrem Freund her war, einen Gefallen tun, damit nicht aufflog, was FP und sie von ihr wussten, war einfach zu viel. Nicht zu vergessen die Angst, die sie gehabt hatte, als Scott erneut im Diner aufgetaucht war. Etwas, das sie von sich selbst nicht kannte. Sie hatte sich immer für ziemlich tough gehalten und behielt selbst bei gefährlichen FBI-Einsätzen einen kühlen Kopf und genoss das Adrenalin, das durch ihre Adern schoss, aber hier sah es völlig anders aus. Zum einen, weil sie hier ihre Waffe nicht bei sich hatte, die ihr immer ein gewisses Maß an Sicherheit vermittelte, und zum anderen, weil sie sich nicht wie eine FBI-Agentin verhalten konnte ohne aufzufliegen. Dass Scott gedroht hatte, FP etwas anzutun kam noch dazu. Und die ständige Angst, aufzufliegen, ohne die Chance gehabt zu haben, FP alles in Ruhe erklären zu können.
Lily merkte, wie sich unter ihren Augenlidern Tränen sammelten, die ihr schließlich über die Wangen liefen. Plötzlich fing sie an, hemmungslos zu schluchzen, während sie die Beine anzog und die Arme um ihre Knie schlang.
Sie hörte nicht, dass FP nach Hause kam. Sie merkte nur, wie er sich irgendwann neben sie setzte, sie auf seinen Schoß und in seine Arme zog. Lily hatte keine Ahnung, wie lange sie vor sich hin geschluchzt hatte, aber sie hatte irgendwann das Gefühl, einfach keine Tränen mehr zu haben und starrte mit verweinten Augen vor sich hin, während FP sie fest an sich gedrückt hielt.
Nach einer gefühlten Ewigkeit lockerte er seine Umarmung etwas, um sie anzusehen. Sanft wischte er ihr die Tränen, die noch nicht getrocknet waren, von den Wangen.
„Was ist los?" fragte er leise.
Lily zuckte stumm mit den Schultern und schloss ihre Augen, als er ihr einen Kuss auf die Schläfe hauchte.
„Es war alles zu viel," antwortete sie schließlich leise.
„Ich hatte vorhin wirklich Angst. Das kenne ich sonst nicht von mir. Aber dieser Kerl.."
Lily verstummte und schüttelte den Kopf.
„Er hat mir gedroht, dass dir etwas zustoßen würde, wenn er sein Kokain nicht bekommt," fuhr sie dann leise fort.
FP schwieg und drückte sie an sich.
„Mir wird nichts passieren. Du hast doch heute gesehen, dass die Serpents immer füreinander da sind," sagte er leise.
„Ich weiß, aber sie sind nicht immer bei dir, FP. Zum Beispiel, wenn du arbeiten bist."
Lily sah ihn traurig an. Er nahm ihr Gesicht sanft in beide Hände und sah sie eindringlich an.
„Mir wird nichts passieren, Prinzessin. Glaub mir. Er wollte dir nur Angst machen."
Lily stieß ein kurzes, bitteres Lachen aus.
„Das hat er geschafft."
FP näherte sich ihr und küsste sie zärtlich. Lily erwiderte seinen Kuss und schmiegte sich an ihn.
Das Klingeln ihres Handys unterbrach diesen Moment zwischen ihnen.
Sie löste sich von ihm, zog ihr Handy aus der Hosentasche und warf einen Blick aufs Display. Es war eine ihr unbekannte Nummer. Sie nahm ab.
„Jackson."
„Lily Jackson?" fragte eine männliche Stimme.
„Ja, die bin ich. Wer spricht dort?" fragte sie verwirrt und sah zu FP, der sie fragend ansah.
„Hier ist Dr. Becker aus dem California Hospital Medical Center. Eine Miss O'Loughlin wurde vor etwa einer halben Stunde bei uns eingeliefert und Ihre Nummer war bei den Personen angegeben, die im Notfall benachrichtigt werden sollen," antwortete der Mann.
Lily hatte jedoch nur den ersten Teil verstanden. Den Rest hatte sie wegen des Schocks nicht wirklich mitbekommen.
„Was ist passiert?" brachte sie heraus.
„Wie geht es ihr?"
„Miss O'Loughlin hatte einen Unfall mit ihrem Motorrad. Es sieht so aus als hätte sie die Kontrolle über die Maschine verloren, aber die Polizei ermittelt zur Zeit noch wegen der Unfallursache. Ihr geht es den Umständen entsprechend gut. Sie hat nur leichte Verletzungen. Sie wurde bereits behandelt und bekommt Schmerzmittel," erklärte der Arzt und Lily atmete erleichtert auf.
„Okay, ich komme sofort vorbei. Danke für Ihren Anruf," sagte sie und legte auf, ohne die Antwort des Arztes abzuwarten.
„Was ist los?" wollte FP wissen.
Lily stand auf und fuhr sich durch die Haare. Hörten die schlechten Nachrichten denn nie auf?
FP stand ebenfalls auf und griff nach ihren Oberarmen.
„Lily, was ist passiert?"
Sie sah ihn an.
„Sam hatte einen Motorradunfall und liegt im Krankenhaus. Die Polizei ermittelt noch, wie es passieren konnte," antwortete sie.
„Scheiße," entfuhr es FP.
„Wir müssen Chris Bescheid sagen."
„Ja, stimmt," meinte Lily verwirrt.
Gott, an ihn hatte sie gar nicht gedacht. Es würde ein ziemlicher Schock für ihn sein.
„Am besten, wir machen es sofort und fahren dann zum Krankenhaus," sagte sie und griff nach den Schlüsseln des Camaros, die auf dem Couchtisch lagen.
FP nahm ihr die Schlüssel ab.
„Ich fahre. Du bist völlig durch den Wind."
„Okay, danke."
Lily küsste ihn kurz, schnappte sich ihre Jacke und gemeinsam mit FP verließ sie den Trailer, um zu Chris' Trailer zu gehen.

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