Am nächsten Morgen wurde Lily von einem Sonnenstrahl geweckt, der ihr ziemlich penetrant ins Gesicht schien. Verschlafen versuchte sie, gegen das Sonnenlicht anzublinzeln und schirmte schließlich ihre Augen mit einer Hand ab. Kurz war sie verwirrt, weil sie sich ganz offensichtlich nicht im Motelzimmer befand, aber dann erinnerte sie sich, dass sie am Tag zuvor mit Sam in den Trailer gezogen war. Nur, dass dies hier nicht ihr Schlafzimmer in ihrem Trailer war. Soviel wusste sie zumindest. Nun merkte sie auch, dass jemand hinter ihr lag und dass dieser jemand seinen Arm um sie gelegt hatte. Ein Lächeln stahl sich auf Lilys Lippen. FP.
Vorsichtig drehte sie sich zu ihm um, um ihn nicht aufzuwecken, und betrachtete ihn lächelnd. Es war so verrückt, dass sie hier neben diesem tollen Mann lag, den sie gerade mal eine Woche kannte und der trotzdem für die tausend Schmetterlinge verantwortlich war, die in ihrem Bauch tanzten. Hätte ihr das jemand gesagt, als sie noch in New York war, hätte sie diesen Jemand für vollkommen verrückt erklärt. Lily beugte sich zu ihm und hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Wange.
FP runzelte leicht die Stirn, schlief jedoch weiter. Vorsichtig nahm Lily den Arm, den er um sie gelegt hatte, weg und stand auf. Leise verließ sie das Schlafzimmer und nach einem kurzen Umweg ins Bad ging sie in die Küche, um sich ein Glas Wasser zu holen. Dabei fiel ihr Blick auf die Uhr, die an der Wand leise vor sich hin tickte. Halb 6. Das bedeutete, dass sie gerade rechtzeitig aufgewacht war, um sich in Ruhe für die Arbeit fertigmachen zu können. Lily seufzte. Noch nie hatte sie weniger Lust gehabt, zur Arbeit zu gehen. Viel lieber hätte sie den gesamten Tag mit FP verbracht, aber da er auch arbeiten musste, fiel das wohl aus. Sie trank das Glas aus und wollte zurück ins Schlafzimmer gehen, als ihr Blick auf FPs Lederjacke fiel, die am Haken neben der Tür hing. Sie wusste nicht warum, aber irgendwie übte diese Jacke eine unheimliche Anziehungskraft auf sie aus und sie konnte es kaum erwarten, ihre eigene zu besitzen. Auch etwas, das völlig verrückt war. Noch nie hatte sie in ihrer Laufbahn beim FBI das Bedürfnis verspürt, irgendwelche Jacken von Gangs anzuziehen, obwohl sie schon unzählige gesehen und durchsucht hatte. Aber diese hier.. Vielleicht lag es daran, dass sie FP gehörte. Eine andere Erklärung hatte Lily jedenfalls nicht. Sie griff nach der Lederjacke und schlüpfte hinein. Sofort umhüllte FPs Duft sie und sie grub ihre Nase in den Stoff, während sie leise ins Schlafzimmer zurückging, um sich im Spiegel im Schrank zu betrachten und sich vorzustellen, wie es wohl aussehen würde, wenn sie ihre eigene Southside Serpents-Jacke besaß.
„Es wird Zeit, dass du eine eigene bekommst," hörte sie plötzlich eine verschlafene und gleichzeitig amüsierte Stimme hinter sich.
Sie drehte sich um. FP saß schmunzelnd im Bett und fuhr sich durch die verstrubbelten Haare.
„Würde ich auch sagen," erwiderte sie schmunzelnd und ging zum Bett, um sich rittlings auf seinen Schoß zu setzen.
„Du weißt, was du dafür tun musst, Prinzessin," grinste er und legte die Arme um sie.
Lily zog eine Schnute.
„Muss das wirklich sein? Ich würde nur ungern halbnackt vor dir und deinen Kumpels auf der Bühne stehen."
„Ja, das muss sein. Gleiches Recht und gleiche Pflichten für alle. Keine Ausnahmen," antwortete er.
„Wirklich keine Ausnahmen?"
Lily setzte ihren Hundeblick auf und begann dann damit, kleine Küsse auf seinen Hals zu hauchen. FP lachte und schob sie etwas von sich.
„Hey, was wird das, wenn es fertig ist? Willst du etwa den Leader bestechen?"
„Einen Versuch ist es wert," grinste Lily.
„Der scheitert allerdings. Sorry. Wenn wir bei dir eine Ausnahme machen, müssen wir bei den anderen auch Ausnahmen machen und außerdem würden mir die anderen aufs Dach steigen," erklärte er.
Lily seufzte resigniert.
„Na gut. Mal schauen, ob ich das hinkriege."
„Da bin ich mir ganz sicher. Guten Morgen übrigens," schmunzelte er.
„Guten Morgen," antwortete Lily schmunzelnd und beugte sich zu ihm, um ihn zu küssen.„Wer ist eigentlich diese Penny und was für ein Problem hat sie mit Sam und mir?" fragte Lily, als sie etwas später in der Küche saßen und frühstückten.
„Wobei sie scheinbar eher ein Problem mit mir hat."
FP trank einen Schluck von seinem Kaffee, ehe er antwortete.
„Penny ist eine nicht ganz einfache Person, aber sie hat schon viel für die Serpents getan. Sie ist Anwältin und hat uns schon oft aus verschiedenen Sachen rausgehauen. Meistens, wenn irgendwelche Leute uns etwas in die Schuhe schieben wollten, für das wir nicht verantwortlich waren. Gangs sind nunmal beliebte Sündenböcke. Außerdem vertritt sie mich bei meiner Scheidung. Ich schätze, sie wollte einfach ihr Revier markieren, das ist alles."
„Dann gehörst du mit zu ihrem Revier?" fragte Lily weiter und war insgeheim darüber überrascht, dass eine Anwältin Mitglied einer Bikergang war.
FP hob erstaunt die Augenbrauen.
„Bitte?"
„Na, es kam mir so vor als wenn sie eifersüchtig ist," erklärte sie und biss in ihren Toast.
FP atmete tief durch und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.
„Vielleicht," meinte er schließlich und sah sie an.
„Kann sein, dass da mal was zwischen uns gelaufen ist vor einiger Zeit. Nachdem Gladys mich verlassen hat, war ich an einem absoluten Tiefpunkt. Ich glaube, ich bin wochenlang nicht eine Minute lang nüchtern gewesen. Penny war für mich da und wir sind im Bett gelandet. Es war eine einmalige Sache und ich bin wirklich nicht stolz drauf. Seitdem hat sie öfter versucht, mit mir anzubändeln, aber das kommt für mich gar nicht in Frage und das weiß sie auch."
Lily schwieg. Klar, FP war ein toller Kerl, aber damit, dass sie mit ihrer Anwesenheit einen Zickenkrieg mit einer Anwältin auslösen würde, hätte sie nicht gedacht. Das machte alles nur komplizierter. Sie würde sich auf jeden Fall so gut es ging von Penny fernhalten, das stand fest.
FP, der ihr Schweigen scheinbar falsch verstand, griff nach ihrer Hand.
„Hey, Penny interessiert mich nicht und sie wird schon irgendwann verstehen, dass sie keine Chance hat."
Lily sah zu ihm und rang sich ein Lächeln ab.
„Okay."
FP beugte sich zu ihr und küsste sie kurz, ehe er weiter frühstückte.
„Ich hätte da aber noch eine Frage an dich," meinte er.
„Schieß los," forderte Lily ihn auf und leerte ihre Kaffeetasse.
„Dein Camaro ist aber nicht geklaut, oder?"
FP sah sie mit einer hochgezogenen Augenbraue an und seine Lippen umspielte ein amüsiertes Lächeln. Lily musste lachen und knuffte ihm in die Seite.
„Nein, der ist ehrlich erworben. Sam und ich haben einige Jahre bei Schaustellern gearbeitet und sie haben mir diesen Wagen überlassen. Als Sam und ich vor etwa einem Monat beschlossen haben, woanders unser Glück zu versuchen, durfte ich ihn mitnehmen, was mich wirklich gefreut hat. Ich liebe dieses Auto," erzählte sie.
„Verständlich. Es ist ein tolles Auto und es passt zu dir," sagte FP lächelnd.
Lily erwiderte sein Lächeln, ehe ihr Blick auf die Uhr fiel.
„Mist, ich muss los und ich muss noch duschen und mich für die Arbeit fertig machen."
Sie sprang auf und lief ins Schlafzimmer, wo sie sich schnell anzog und FPs Shirt auf Bett warf. Vielleicht brauchte sie es ja nochmal.
„Wir sehen uns heute nachmittag, oder?" fragte Lily, während sie in ihre Schuhe schlüpfte.
„Natürlich, ich will doch meine Lieblingskellnerin sehen," antwortete FP ernst, stand auf und kam schmunzelnd zu ihr.
„Das will ich doch hoffen. Auch, dass ich deine einzige Lieblingskellnerin bin," grinste Lily und schlang die Arme um seinen Hals.
„Bist du," versicherte FP ihr und küsste sie zärtlich.
„Bis später," lächelte Lily, küsste ihn nochmal kurz und verließ den Trailer.
FP sah ihr schmunzelnd nach, als sie zu ihrem Trailer hinüberlief.
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Undercover
FanfictionSam Walker und Lily Morgan sind zwei FBI-Agentinnen aus New York, die ihren Kollegen aus LA bei einem Gang-Problem unter die Arme greifen sollen. In LA wird ihnen schnell klar, dass sie nicht nach Anhaltspunkten für die Schuld der Southside Serpent...