Teil 15

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Wir würden uns wirklich über ein Kommis und Sternchen freuen! :)


Kurz darauf machte Sam sich auf den Weg zur Bar. Sie würde zwar viel zu früh da sein, aber ihr gefiel es, vor Schichtbeginn noch ein wenig Zeit mit Chris alleine zu verbringen, der es sich mittlerweile auch zur Gewohnheit gemacht hatte, relativ früh in der Bar zu sein. Deswegen wunderte es Sam nicht, dass die Tür bereits weit offen stand, als sie ihre Harley vor der Bar parkte.
Lächelnd betrat sie die Bar und sah sich um, aber von Chris war nichts zu sehen, was jedoch nicht wirklich ungewöhnlich war. Vermutlich war er im Büro oder im Keller, um Nachschub hochzuholen. Er würde früher oder später auftauchen. Daher nahm Sam ihren üblichen Platz hinter der Bar ein und begann schon mal mit ihren Vorbereitungen, damit ihr später alles schneller von der Hand ging.
Sie blickte auf, als sie Schritte hörte, die vom Eingang her kamen und sie sah eine blonde Frau, die -natürlich- auch eine Southside Serpents-Jacke trug. Bisher hatte sie diese Frau noch nicht gesehen. Sie hatte gedacht, dass sie mittlerweile alle Mitglieder der Gang kennengelernt hatte.
„Kann ich helfen?" fragte Sam und verfolgte die blonde Frau mit ihrem Blick, als diese zum Tresen kam.
„Ist Chris hier?" fragte sie, ohne auf Sams Frage einzugehen.
„Ja, ich glaube, er ist im Keller. Er müsste jeden Moment wieder hochkommen," antwortete Sam.
„Okay, dann warte ich kurz."
Sam blickte der Frau nach, wie sie zu einem Tisch ging und sich auf einen der Stühle setzte.
„Ein Drink?" fragte Sam.
„Nein, danke."
„Okay."
Sam ging wieder ihrer Arbeit nach und warf hin und wieder einen Blick zu der Blonden, die von Minute zu Minute ungeduldiger wurde und mit den Fingern auf dem Tisch trommelte. Sam wusste selbst nicht, wo Chris so lange blieb. Vermutlich machte er auch gleich Inventur und eine Einkaufsliste.
„Das scheint länger zu dauern als ich Bock habe zu warten. Sag Chris bitte, er soll sich bei Penny melden. Es ist dringend," meinte Blondie schließlich, stand auf und verließ die Bar, ohne Sams Antwort abzuwarten.
„Ttz."
Sam schüttelte amüsiert den Kopf und beschloss, mal nachzusehen, wo Chris steckte. Er musste ja da sein. Immerhin war die Tür offen gewesen. Sie kam hinter dem Tresen hervor und ging zur Tür, die zum Keller führte. Als sie jedoch an Chris' Büro vorbeikam, blieb sie stehen, weil sie meinte, ein Geräusch gehört zu haben. War er vielleicht doch im Büro?
„Chris?" fragte sie deswegen und griff nach der Türklinke.
Ein leises Stöhnen kam aus dem Raum und Sam stockte der Atem. Vergnügte er sich etwa in seinem Büro mit Cheryl? Nach allem, was er ihr noch am Tag zuvor gesagt hatte? Sie drückte die Klinke herunter und stieß die Tür auf, darauf vorbereitet, Chris und Cheryl in inniger Umarmung zu sehen, doch was sie stattdessen sah, schockte sie noch mehr.
„Chris!"
Erschrocken stürzte sie in den Raum, als sie ihn blutüberströmt auf dem Boden liegen sah, und ließ sich neben ihn auf die Knie fallen. Was war nur passiert?
Nachdem sie den ersten Schock überwunden hatte, übernahm die FBI-Agentin in ihr das Kommando. Sie ließ ihren Blick über ihn gleiten, um das Ausmaß seiner Verletzungen festzustellen und um zu sehen, woher das ganze Blut kam. Es schien lediglich aus einer Platzwunde an seiner rechten Schläfe direkt am Haaransatz zu kommen. Seine ganze Wange war mit einem Film von angetrockneten Blut überzogen und auf seinem Shirt hatte sich auch in großer Blutfleck breitgemacht. Die Wunde an sich hatte mittlerweile aufgehört zu bluten, was gut war. Sam schob Chris' Shirt hoch, um nach eventuellen Schussverletzungen zu sehen, konnte jedoch zum Glück keine entdecken. Unter seinem linken Rippenbogen konnte sie allerdings eine große Prellung sehen, die sich bereits blau verfärbte, was vielleicht auf eine gebrochene Rippe hindeutete und, im schlimmsten Fall, auf innere Verletzungen.
Chris selbst schien bei Bewusstsein zu sein, wenn auch sehr benommen. Sam umfasste sanft sein Kinn und drehte seinen Kopf vorsichtig zu sich. Sein linker Wangenknochen verfärbte sich ebenfalls blau, aber sonst schien er relativ unverletzt zu sein. Sie atmete innerlich auf.
„Chris? Hey, hörst du mich?"
Sie klopfte leicht auf seine unverletzte Wange und sah erleichtert, wie er beim Geräusch ihrer Stimme die Augen öffnete.
„Was ist passiert?" fragte er kaum hörbar und schloss seine Augen wieder.
„Das ist eine gute Frage," antwortete Sam.
„Mein Kopf.."
Chris hob seine Hand und wollte die Stelle mit der Platzwunde betasten, aber Sam hielt seine Hand fest.
„Nicht. Du bringst so nur Dreck in die Wunde," erklärte sie.
Chris sah sie an.
„Wunde?"
Er sah an sich runter, entdeckte den Blutfleck auf seinem Shirt und erschrak sichtlich. Sein Gesicht verzog sich schmerzlich, als er versuchte, sich aufzusetzen und er hielt sich die linke Seite.
„Langsam."
Sam half ihm dabei, sich aufzusetzen, sodass er sich mit dem Rücken gegen die Wand lehnen konnte.
„Oh Mann, mir ist schwindelig," murmelte Chris, schloss seine Augen und ließ seinen Kopf nach hinten gegen die Wand fallen.
„Hey, nicht ohnmächtig werden, okay? Du hast eine schlimme Kopfverletzung und viel Blut verloren," sagte Sam und klopfte erneut auf seine Wange, woraufhin er seine Augen wieder öffnete und zu ihr blinzelte.
„Okay."
„Ich bin gleich wieder da."
Sam stand auf und lief hinter den Tresen, wo ein Erste Hilfe-Kasten aufbewahrt wurde, den sie nun an sich nahm. Außerdem schnappte sie sich eins der Geschirrtücher, schaufelte Eiswürfel darauf und wickelte sie darin ein, ehe sie wieder zum Büro lief.
Als sie dort ankam, schien Chris etwas klarer im Kopf zu sein. Er betastete seinen linken Wangenknochen und zuckte bei der Berührung leicht zusammen. Sie hockte sich wieder neben ihn und reichte ihm das Geschirrtuch mit den Eiswürfeln und deutete ihm, dass er es auf seinen Wangenknochen legen sollte. Anschließend ging sie nochmal zurück in die Bar, wo sie ein weiteres Geschirrtuch nahm und es nass machte.
„Kannst du dich daran erinnern, was passiert ist?" fragte sie ihn, während sie vorsichtig das Blut von seiner Wange und seinem Hals wischte.
Chris schloss kurz die Augen.
„Ich war ziemlich früh hier, weil ich nachschauen wollte, was eingekauft werden muss," fing er an.
„Ich wollte nur kurz die Einkaufsliste aus dem Büro holen und stand mit dem Rücken zur Tür, als ich plötzlich einen Schlag auf den Kopf bekommen habe. Ich konnte nur kurz sehen, dass es Scott war mit ein paar seiner Kumpels, die sich gleich auf mich gestürzt hatten. Dann wurde es dunkel."
„Scheiße," flüsterte Sam geschockt.
Josh hatte sie völlig zu Recht vor diesem Kerl gewarnt. Er hatte scheinbar keinerlei Skrupel.
Chris lachte kurz, hielt sich jedoch gleich die Seite und verzog sein Gesicht.
„Scheiße trifft es ziemlich gut."
Sam öffnete den Erste Hilfe-Kasten und nahm ein paar Tupfer heraus, die sie mit Alkohol tränkte.
„Es kann jetzt kurz weh tun," warnte sie ihn und betupfte vorsichtig die Kopfwunde, um sie zumindest ein wenig zu reinigen.
Chris zuckte zusammen und sog scharf die Luft ein, entspannte sich dann jedoch gleich wieder.
Sam nahm ein paar sterile Wundauflagen, presste sie auf die Wunde und befestigte sie sorgfältig und so gut es ging mit Pflastern.
„Okay, das war alles, was ich machen kann. Du musst schleunigst zu einem Arzt oder noch besser ins Krankenhaus. Das muss genäht werden und deine Rippen sollten auch geröntgt werden, falls du innere Verletzungen hast," meinte Sam.
„Ach Quatsch, das wächst auch so wieder zu und innere Verletzungen habe ich sicher nicht," winkte Chris ab und machte Anstalten aufzustehen, aber Sam hielt ihn fest.
„Keine Widerrede, du gehörst untersucht und damit basta."
Sie sah ihn ernst an. Chris erwiderte ihren Blick schweigend, ehe sich ein leichtes Schmunzeln auf seinen Lippen breitmachte. Er legte das Geschirrtuch mit dem Eis weg.
„Okay, Boss."
„Ich meine es ernst, Chris. Damit ist nicht zu spaßen, verdammt," erwiderte sie ernst.
„Ich meine es auch ernst," sagte er, legte seine Hand in ihren Nacken, zog sie zu sich und verschloss ihre Lippen mit seinen, ehe sie noch etwas sagen konnte.
Sam wusste ihm ersten Moment nicht wie ihr geschah, genoss jedoch dann das Gefühl seiner Lippen auf ihren. Sie seufzte leise und schmiegte sich vorsichtig an ihn. Ein Kribbeln durchfuhr ihren gesamten Körper und ließ ihr Herz rasen, während sie den Kuss intensivierte.
„Hallo? Ist jemand hier?"
Eine Stimme, die aus der Bar kam, ließ sie auseinander fahren, woraufhin sie beide lachen mussten. Immerhin taten sie ja nichts Verbotenes.
„Ich gehe mal nachschauen. Du bleibst hier und rührst dich nicht vom Fleck," meinte Sam streng.
„Aye aye Boss," grinste Chris.
Sie beugte sich nochmal zu ihm und drückte ihm einen zärtlichen Kuss auf den Mund, bevor sie aufstand und das Büro verließ. Erleichterung durchfuhr sie, als sie sah, dass der Besucher eines der Gang-Mitglieder war. Genauer gesagt war es ein bulliger Kerl namens Snake, mit dem sie sich sofort gut verstanden hatte. Er würde auch kräftig genug sein, um Chris in sein Auto zu bugsieren.
„Snake, gut, dass du da bist. Chris ist zusammengeschlagen worden und müsste sofort ins Krankenhaus," teilte sie ihm mit.
„Er hat eine Platzwunde, Prellungen und vermutlich eine gebrochene Rippe."
Snake sah sie geschockt an, während er mit ihr ins Büro ging.
„Weißt du, wer es war?"
„Chris sagt, es wäre Scott mit seinen Kumpels gewesen," antwortete Sam.
Snake murmelte etwas vor sich hin, was Sam nicht verstand, aber es hörte sich nicht sehr freundlich an.
„Mach dir keine Sorgen, ich sorge dafür, dass er ins Krankenhaus kommt und untersucht wird," sagte er Sam dann und betrat das Büro.
„Danke."
Sam sah ihm nach und lehnte sich gegen die Wand, um kurz durchatmen. Es war zu viel passiert in der kurzen Zeit.
Nur Minuten später verließen Snake und Chris das Büro, wobei Chris sich die Seite hielt und von Snake gestützt wurde. Am liebsten hätte Sam die beiden ins Krankenhaus begleitet, aber irgendwer musste die Stellung in der Bar halten. Außerdem wusste sie, dass Chris in guten Händen sein würde.
„Mach dir keine Gedanken um die Bar, ich halte hier die Stellung," sagte Sam, nachdem Snake Chris vorsichtig auf den Beifahrersitz seines Autos gesetzt hatte.
„Okay, aber es wäre auch okay, wenn die Bar heute geschlossen bleibt," antwortete er.
„Quatsch, das klappt schon. Ich habe ja jede Menge Hilfe, wenn es nötig sein sollte," schmunzelte Sam.
„Pass auf dich auf."
Chris sah sie eindringlich an.
„Werde ich, versprochen," antwortete sie ihm und trat dann vom Auto zurück, damit Snake losfahren konnte.
Am liebsten hätte sie ihn zum Abschied geküsst, aber vielleicht sollten sie und Chris das zwischen ihnen erstmal für sich behalten. Sam winkte, als Snake losfuhr und sah dem Auto nach, ehe sie in die Bar zurückging und erstmal einen Whiskey zur Beruhigung trank. Normalerweise tat sie das nicht, aber dies war kein normaler Tag.

Glücklicherweise war es an diesem Abend relativ ruhig in der Bar, was jedoch eher auf die allgemeine Stimmung bezogen war als auf die Menge der Gäste. Der Vorfall mit Chris hatte sich schnell rumgesprochen und hatte alle Gang-Mitglieder alarmiert. Auch FP tauchte relativ früh in der Bar auf. Als Gang-Leader wurde das schließlich von ihm erwartet, aber Chris war nunmal auch sein bester Freund.
„Hey Sam, bringst du mir einen doppelten Whiskey? Oder warte, eine ganze Flasche und ein Glas wäre besser," meinte er, als er zum Tresen gekommen war.
„Natürlich," sagte sie und stellte ihm eine Flasche Jack Daniels hin mit einem Glas.
„Danke."
Er nahm beides und wollte sich schon zum Gehen abwenden, als Sam ihn aufhielt.
„FP, könnte ich kurz mit dir reden?"
„Nicht jetzt," erwiderte er kurz angebunden und ging zu seinem Tisch in der Ecke, wo er sich auf einen Stuhl fallen ließ und das Glas randvoll mit Whiskey füllte.
„Okay," sagte Sam zu sich und machte mit ihrer Arbeit weiter.
Sie behielt FP die meiste Zeit im Auge, der schnell immer betrunkener wurde je leerer die Flasche wurde. Sie konnte nicht beurteilen, ob er sich wegen Chris betrank oder ob es an dem Vorfall mit Lily lag, aber sie wollte es auch nicht herausfinden. Er schien zwar nicht jemand zu sein, der betrunken Randale machte. Trotzdem ließ sie ihn besser in Ruhe. Kurz vor Mitternacht wurde er von zwei Gang-Mitgliedern aus der Bar und vermutlich zu seinem Trailer gebracht.
Nur wenige Minuten, nachdem FP die Bar verlassen hatte, betraten Chris und Snake die Bar und Sam atmete erleichtert auf. Scheinbar war bis auf die Kopfwunde und die Prellungen alles in Ordnung mit ihm, sonst hätten die Ärzte ihn im Krankenhaus behalten. Gott, sie konnte nicht beschreiben, wie froh sie war. Mit feuchten Augen beobachtete sie, wie Chris von den anderen Gang-Mitgliedern begrüßt wurde, ehe er, sich die Seite haltend, zum Tresen kam.
„Wie ich sehe, hast du hier alles im Griff," begrüßte er sie lächelnd, während er sich vorsichtig auf einen Barhocker setzte.
„Habe ich dir doch gesagt," antwortete Sam schmunzelnd.
„Was sagen die Ärzte?"
„Dass Unkraut nicht vergeht," grinste Chris.
„Die Kopfwunde wurde genäht und ich wurde geröntgt. Die Rippen sind zum Glück nur stark geprellt und es gibt keine inneren Verletzungen."
„Oh Mann, du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr mich das freut," meinte Sam erleichtert und griff nach seiner Hand.
Er drückte ihre Hand leicht und sah sie lächelnd an.
„Danke für alles."
„Nicht dafür," winkte Sam ab.
„Trotzdem danke. Ich werde mich mal aufs Ohr hauen. Die Schmerzmittel hauen mich um. Wir reden morgen?"
Chris sah sie fragend an und stand vorsichtig auf.
„Machen wir," antwortete Sam.
„Gut."
Chris zog einen Schlüsselbund aus seiner Hosentasche und legte ihn auf den Tresen.
„Für die Bar. Bis morgen."
Er zwinkerte ihr lächelnd zu und machte sich dann auf den Weg zum Ausgang. Sam steckte den Schlüssel ein und sah ihm lächelnd nach.

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