Teil 47

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Chris betrat die Bar um kurz nach halb 7 und strahlte über das ganze Gesicht, als er zur Theke kam, hinter der Sam fleißig Bier zapfte.
„Hey Cowboy, es ist wohl gut gelaufen?" fragte sie schmunzelnd.
„Mehr als gut," antwortete er grinsend, beugte sich zu ihr und küsste sie kurz.
„Ich habe einen neuen Lieferanten mit tollen Konditionen, aber ohne Überraschung in den Fässern. Ich frage mich, wozu ich Penny in den vergangenen Jahren überhaupt gebraucht habe."
„Das freut mich," grinste Sam.
„Ein bißchen Hilfe wäre nicht schlecht, sonst verdursten deine Freunde."
„Bin gleich bei dir," sagte er und verschwand im Büro, um seine Jacke wegzubringen.
Kurz darauf stand er neben Sam hinter der Theke und schenkte die anderen Spirituosen aus. Sam beobachtete ihn unauffällig aus den Augenwinkeln dabei und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Sie war sich sicher, dass sie Chris bisher noch nie so gut gelaunt, locker und befreit gesehen hatte. Es war als hätte die dunkle Wolke, die er bisher immer sich herumgetragen hatte, sich endgültig verzogen. Es stand ihm ausgesprochen gut, glücklich zu sein und Sam hatte das Gefühl, sich direkt noch mehr in ihn zu verlieben.

Sam war gerade dabei, Eiswürfel in ein Glas zu geben, als Chris sie auf einmal von hinten umarmte und ihr einen Kuss auf den Hals hauchte.
„Habe ich dir eigentlich schon gesagt, dass das Tattoo an dir richtig heiß aussieht?" raunte er ihr ins Ohr.
Sam biss sich auf die Unterlippe und musste schmunzeln.
„Naja, jetzt gerade."
„Ich kann nicht erwarten, bis wir später allein sind, damit ich dir zeigen kann, wie heiß ich es finde," raunte er ihr nun in das andere Ohr und hauchte einen Kuss auf ihr Tattoo. Sam schloss die Augen und genoss die Gänsehaut, die ihr über den Rücken rieselte.
„Ttz, aber FP und mir etwas von Hygienevorschriften erzählen," hörte Sam plötzlich Lily sagen und sie öffnete die Augen wieder.
Lily sah sie amüsiert an.
„Hier werden immerhin keine Lebensmittel zubereitet," grinste Chris und drückte Sam an sich.
„Okay, auch wieder wahr," winkte Lily grinsend ab und setzte sich auf einen der Barhocker.
„Ich bin eben bei den anderen," sagte FP ihr und küsste sie kurz, ehe er zu Chris sah.
„Kommst du kurz mit?"
„Ja klar. Bis gleich, Babe."
Er küsste Sam kurz und folgte FP zum üblichen Tisch, an dem Snake, Muskrat und Cobra saßen.
„Ich hoffe, die beiden planen nichts Unüberlegtes," meinte Lily und stand auf.
„Vielleicht sollte ich besser auch mal hingehen. Irgendwie muss ich mich erst noch daran gewöhnen, dass wir jetzt auch dazu gehören."
„Wem sagst du das," grinste Sam und schenkte einen doppelten Whiskey für einen Gast ein.
Lily wollte gerade zum Tisch gehen, als die Tür der Bar aufflog und nacheinander schwer bewaffnete, vermummte Männer die Bar stürmten. Im ersten Moment dachte Lily, dass es nur Scotts Männer sein konnten, die seine Ware abholen wollten, doch dann erkannte sie das FBI-Zeichen auf den schusssicheren Westen. Sie sah fragend zu Sam, die genauso überrascht und geschockt aussah wie sie sich fühlte und die nur mit den Schultern zuckte. Einige Serpents, darunter FP und Chris, waren aufgesprungen.
„Hier ist das FBI. Sie sind alle festgenommen. Ich rate Ihnen, keinen Widerstand zu leisten, so können Sie es uns und sich selbst leichter machen. Sie haben außerdem das Recht zu schweigen. Alles, was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet," rief einer der Beamten und gab mit seinen Kollegen mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass sie mit den Festnahmen beginnen sollten, während er selbst mit gezogener Waffe, die er gegen die Decke richtete, an der Tür stehenblieb. Die FBI-Beamten, Sam schätzte, dass es an die 20 waren, schwärmten sofort in der Bar aus und fingen an, den Serpents Handschellen anzulegen. Diese murrten und protestierten natürlich, weil sie nicht wussten, weshalb sie überhaupt festgenommen wurden, aber keiner von ihnen wehrte sich, weil sie wussten, dass selbst das kleinste Zucken mit dem Arm gegen sie verwendet werden würde und darauf hatten sie keine Lust.
„Scheiße," flüsterte Lily, als sie sah, wie ein Beamte FP mit der Brust gegen die Wand drückte und ihn abklopfte, ehe er FPs Arme auf den Rücken drehte und ihm die Handschellen anlegte. Hilflos sah sie zu, wie der FBI-Beamte ihn Richtung Tür schubste und FP sich nach ihr umsah. Sie lief zu ihm, wurde jedoch von einem anderen FBI-Beamten aufgehalten.
„Ruf Penny an, wenn du kannst," rief FP ihr zu, bevor er aus der Bar geführt wurde.
Der FBI-Beamte packte sie am Oberarm und zerrte sie hinter sich her Richtung Tresen.
„Lassen Sie mich los, verdammt," schimpfte sie und versuchte vergeblich sich loszureissen.
„Beruhige dich, Lily," kam es von ihm und Lily sah verwirrt zu ihm. Sie konnte nicht erkennen, wer es war, aber die Stimme kam ihr bekannt vor. Ebenso die blauen Augen. Auf einmal fiel es ihr ein.
„Duncan?" fragte sie leise.
Er nickte kaum merklich und sah sich um.
„Geh da ins Büro," forderte er sie dann auf und gab ihr mit einem Blick zu verstehen, dass sie sich beeilen sollte.
„Was soll der ganze Mist? Wer hat das angeleiert? Warum habt ihr FP verhaftet? Sam und ich haben euch gesagt, dass er unschuldig ist," zischte Lily wütend.
„Sorry, Anweisung von oben," antwortete Duncan nur und sah sich um.
Lily folgte seinem Blick. Um sie herum wurden immer noch Serpents verhaftet und abgeführt.
„Jetzt geh in das Büro. Ich kann dich als Kollegin schlecht verhaften," sagte er und schob sie Richtung Büro.
„Nein, ich bleibe hier. Wenn du mich unbedingt verhaften musst, mach es," erwiderte Lily und starrte ihn stur an.
Duncan seufzte.
„Okay, wie du willst," meinte er, zog ein Paar Handschellen aus seiner Tasche und drehte Lily um, sodass er ihr die Handschellen anlegen konnte.
„Nur damit du es weißt: Damit kommt ihr nicht durch," raunte sie ihm wütend zu, während er sie aus der Bar führte.
Duncan schwieg und übergab sie einem anderen Kollegen, der sie zu einem Van brachte, in dem schon viele der Serpents saßen. Sie sah sich um, als sie einstieg, aber FP war nicht unter ihnen. Sie ließ sich auf einen der freien Sitze fallen und starrte wütend aus dem Fenster.

„Los, umdrehen," forderte ein FBI-Beamter Chris auf, der die ganze Aktion fassungslos beobachtete.
„Wird es bald?"
Er schubste Chris Richtung Wand. Chris hob seine Hände.
„Immer mit der Ruhe, ja? Ich würde nur gerne wissen, weshalb hier alle verhaftet werden. Gibt es einen Haftbefehl? Wenn ja, warum? Ich habe das Recht, das zu erfahren," meinte er ruhig.
„Umdrehen. Noch einmal sage ich es nicht," befahl der FBI-Beamte ihm und legte eine Hand an seine Waffe, die er am Gürtel trug.
Sam beobachtete es ängstlich.
„Spiel bloß nicht den Helden, Chris," murmelte sie.
„Ich möchte nur wissen, warum ich verhaftet werde," wiederholte Chris, immer noch die Hände erhoben.
„Verdammt nochmal," fluchte der FBI-Beamte, der Chris nun packte, ihn umdrehte und mit voller Wucht gegen die Wand stieß.
Sam schnappte erschrocken nach Luft und hoffte, dass Chris ruhig blieb. Sie wusste schließlich, dass er wütend werden konnte. Richtig wütend.
„Hören Sie, egal, was mir vorgeworfen wird, ich habe Rechte," fing Chris wieder an und wollte sich zu dem FBI-Beamten umdrehen, doch der packte ihn nur wieder und schubste ihn erneut gegen die Wand, ehe er Chris' Arme grober als nötig war auf den Rücken drehte, sodass er sein Gesicht schmerzlich verzog.
Nachdem er ihm die Handschellen angelegt hatte, packte er Chris am Arm und zerrte ihn von der Wand weg.
„Los, ein bißchen dalli."
Er schubste Chris Richtung Tür, stellte ihm dabei jedoch ein Bein, sodass Chris stolperte und, ohne sich mit den Armen abfangen zu können, zu Boden stürzte.
„Chris!"
Erschrocken stürzte Sam hinter dem Tresen hervor, wurde jedoch festgehalten, als sie zu Chris laufen wollte, der sich gerade mit schmerzverzerrtem Gesicht auf die Seite drehte.
„Verdammt, steh auf," fuhr ihn der FBI-Beamte an und plötzlich erkannte Sam die Stimme.
Wie erstarrt blickte sie zu ihm. Es war Josh. Sie hätte es wissen müssen, dass er dahinter steckte.
„Du sollst aufstehen, habe ich gesagt. Ein bißchen plötzlich, wir haben nicht ewig Zeit," schrie Josh Chris nun an, der noch immer mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden lag.
Er war mit seiner linken Seite aufgekommen. Dort, wo Scott ihn verletzt hatte.
Das Nächste, das passierte, sah Sam wie in Zeitlupe. Sie sah mehr als sie hörte, dass Josh Chris anschrie, dass er aufstehen solle. Im gleichen Moment sah sie, wie Josh einen Fuß hob, ausholte und Chris mit voller Wucht in den Bauch trat.
„Nein, Chris!" schrie sie voller Entsetzen, riss sich aus dem Griff des FBI-Beamten los und stürzte zu Chris, der sich vor Schmerzen auf dem Boden krümmte.
Sie ließ sich neben ihn auf die Knie fallen, wurde allerdings sofort wieder hochgerissen und von Chris weggezerrt. Kurz darauf spürte sie das kühle Metall von Handschellen um ihren Handgelenken und sie wurde Richtung Tür geschoben, während sie ihren Blick nicht von Chris nehmen konnte, der zusammengekrümmt am Boden lag.
Ganz weit weg hörte sie, wie jemand blaffte: „Verdammt Josh, spinnst du? So war das nicht abgesprochen. Es war nur von Verhaftung die Rede, nicht von Körperverletzung!"
Doch das bekam Sam nur wie in Trance mit, während sie mit Tränen in den Augen zu Chris sah und vom FBI-Beamten erbarmungslos Richtung Tür gezerrt wurde.
Draussen wurde sie Richtung Van geschoben und aufgefordert, einzusteigen, was sie ohne Widerstand tat. Sie sah zur Bar, als sie auf dem letzten freien Platz saß und hoffte, dass Chris soweit okay war. Dass Josh ihm nicht noch Schlimmeres antat. Sie atmete auf, als Chris nur Augenblicke später aus der Bar geführt wurde. Er sah benommen aus und er blutete aus einer Platzwunde an der Unterlippe. Sie sah ihm nach, wie er zu einem dritten Van geführt wurde, wo er einstieg.

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