Kapitel 162

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„Was?! Wie?! Wie hast du...? Was zum Teufel?! Wie um alles in der Welt?! Nein! Das, das kannst du doch nicht ernst meinen? Oder doch?! Wie hast du das nur hinbekommen?!" stottere und fluche ich vor mich hin als wir in der Yamaha Box stehen und Fabio mir gerade seine Überraschung präsentiert hat. Fabio grinst mich an, sowie seine Crewmitglieder, die Rund um die umgebaute M1 stehen. Umgebaut in dem Sinne das man tatsächlich zu zweit damit fahren könnte wie bei normalen Straßenmotorrädern und nicht wie normalerweise bei einer MotoGP Maschine nur Platz für einen Fahrer ist. „Freust du dich nicht?" fragt mich Fabio neben mir, wodurch meine Aufmerksamkeit sich wieder auf ihn richtet. „Doch, schon aber..." „Was aber?" fragt er mich mit arrogantem Blick. Und um ehrlich zu sein weiß ich auch nichts daran auszusetzen... Immerhin würde ich verdammt gerne mal auf so einer Maschine sitzen die mein Freund als sein Arbeitsgerät bezeichnet. „Also?" holt mich Fabio aus meinen Gedanken zurück und somit richtet sich mein Blick wieder auf ihn. „Oder vertraust du mir etwa nicht?" fügt er noch hinzu und streicht an mir vorbei zu der Yamaha vor uns. Ich blicke in sein grinsendes Gesicht und antworte ihm dann „Wem, wenn nicht dir?" Fabio stützt sich wieder von seiner Yamaha ab und nimmt mich an der Hüfte zu sich als er dann sagt „Na dann, schmeißen wir uns mal in die Lederkombis und los geht's." Er drückt mir noch einen Kuss auf die Lippen und schon verschwinden wir nochmals schnell ins Motorhome.

Dort hilft mir Fabio in eine seiner Lederkombis. Tja und mit seiner Hilfe ging es sowohl schnell als auch irgendwie langsam voran... naja. Als Fabio dann auch seinen Reißverschluss nach oben zieht geht er mit prüfendem Blick nochmal auf mich zu. Ich beobachte seine Blicke die an mir hoch und runter gehen und irgendwie hat er etwas faszinierendes in seinen Augen widerspiegelnd. „Du siehst toll aus" kommt dann die Aussage von ihm als er die Lücke zwischen uns völlig geschlossen hat. Ich grinse nur vor mich hin und sage dann „Das kann auch nur ein MotoGP Fahrer toll finden." Er nickt mich grinsend an und schließt dann auch noch die Lücke zwischen unseren Lippen. „Vielleicht sollten wir lieber schnell zurück in die Box bevor das mühsame anziehen noch umsonst war" löse ich mich aus dem Kuss und hauche die Worte an seine Lippen. „Ja vermutlich keine so schlechte Idee" pflichtet mir Fabio bei und entfernt sich wieder ein Stück.

Zurück in der Box richten Fabios Crewmitglieder seine M1 draußen vor der Box her. So langsam kommt doch ein etwas mulmiges Gefühl und damit bleibe ich stehen und spüre wie mein Herz beginnt schneller zu schlagen. Es kommt mir so vor als würden die Geräusche um mich verstummen und als wäre da nur mehr mein Herzschlag der mir bis zum Hals klopft. „Hey" höre ich dann die ruhige Stimme die mich aus so gut wie allem immer herausholen kann. Ich blicke zu Fabio neben mir der ein sanftes Lächeln trägt. „Es ist normal, wenn du aufgeregt bist. Seltsam wäre es, wenn du es nicht wärst." „Ja mein Herz klopft ganz schön" antworte ich ihm grinsend und beiße mir auf die Unterlippe. „Keine Sorge ich bin die ganze Zeit bei dir und passe auf" versichert er mir. „Na das will ich auch hoffen" sage ich zu ihm und schlage ihm spielerisch gegen die Schulter. „Alles Ready?" kommt es dann von Luciano der wie es mir scheint noch einen letzten Check am Bike durchgeführt hat. „Also dann" sagt Fabio neben mir und reicht mir einen seiner Helme. Ich nehme diesen an und stülpe ihn mir über. Nochmal meine Haare richten und dann schnalle ich ihn auch schon zu. Auch die Handschuhe ziehe ich mir natürlich an und gehe währenddessen mit langsamen Schritten Fabio nach. Er steigt gleich auf seine Yamaha und ich beobachte ihn dabei, mit immer schneller Schlagenden Herzen. Fabios Blick geht zu mir nach hinten und ich kann mir deutlich sein breites Grinsen darunter vorstellen. Nicht nur weil er auf seiner geliebten M1 sitzt, was ihn sowieso immer zum Grinsen bringt, sondern auch weil er sich sicher darauf freut mich endlich mal mitnehmen zu können. Ich weiß das es eines seiner größten Träume ist so etwas mal mit mir zusammen zu machen, hätte aber nie gedacht das er das tatsächlich mal machen wird. Ein tiefer Atemzug noch, dann trete auch ich an die M1, halte mich an Fabio fest und schwinge mich hinter ihm darauf. Auch ich grinse mir dabei unter meinem Helm das beste vermutlich selber weg und schlinge meine Arme um Fabio. Nach feinster, Bloß nicht loslassen, Manier drückt Fabio meine Hände die an seinem Bauch zusammengeschlungen sind. Seine Mechaniker lassen das Hinterrad auf den Asphalt und wenige Sekunden später gibt Fabio auch schon Gas und fährt gemächlich aus der Boxengasse.

Freiheit. Was ist Freiheit? Oder genauer gesagt was definieren wir mit dem Wort Freiheit? Darunter versteht sicher jeder etwas anderes. Für einige bedeutet Freiheit vielleicht endlich 18 zu sein, den Führerschein zu haben und die Welt steht einem damit offen. Denkt man zumindest. Oder aber auch endlich Erwachsen zu sein und alles selbst entscheiden zu können. Na klar als ob die eine Zahl plötzlich was daran ändert wie man alle Dinge noch einen Tag davor angegangen ist. Oder auch die Freiheit selbstständig zu leben und auf niemanden Rücksicht nehmen zu müssen. Aber so ganz klappt das wohl auch nie... Tja aber was ist für mich Freiheit? Ich habe damit immer das Gefühl definiert das ich hatte, wenn ich auf dem Rücken meiner Pferde saß. Nicht auf dem Rücken meiner Trainingspferde denn das war für mich immer ein unterschied. Nein auf dem Rücken meiner Pferde. Wenn ich über den Strand, ein Feld oder durch den Wald galoppiert bin. Oder die unzähligen male an denen ich nahe an den Klippen stand und vor mir nur die weite See war. Das ist für mich Freiheit. Aber unter anderem habe ich nun eine Situation entdeckt die dem ganz schön nahe kommt....

Nach der Warm Up Lap, bei der ich mich wie eine Zecke an Fabio geklemmt habe, machte ich mich in wahrscheinlich langsamen Tempo für ihn zumindest, mit der Strecke hier bekannt. Die ganzen Kurven und viel zu schrägen Schräglagen darin, sowie die langen geraden bei denen ich schon angst hatte einfach vom Wind weggerissen zu werden und auch dem ganzen Gefühl des Bikes. Ein Gefühl wie kein anderes. Einfach unbeschreiblich, besser kann ich es nicht beschreiben. Von gemütlich fahren oder einer netten Montagsausfahrt hatte das nun wirklich nichts. Auch wenn mir klar war das sich Fabio im Gegensatz zu seinem normalen Rennmodus deutlich zurückhielt, pumpte mir das schon genug Adrenalin durch den Körper. Trotzdem wurde ich von Runde zu Runde erstaunlicherweise entspannter, was zu meinem bedauern wohl auch Fabio zu merken schien denn er wurde daraufhin von Runde zu Runde schneller. Idiot.

Doch zum Glück einmal aufatmen denn Fabio biegt zurück in die Boxengasse ein. Sofort an der Box wird die Maschine abgenommen und ich lasse mich von ihr runter gleiten. Weit schaffe ich es allerdings nicht denn ich setzte mich keine zwei Meter weiter gegen einen Betonpfeiler. „Alles gut?" kommt gleich die Frage von einem der Mechaniker. Ich nicke nur erschöpft und halte meinen Daumen hoch. Als ich mein Visier hochschiebe steht auch schon Fabio vor mir und grinst mich vermutlich an. Schließlich sehe ich es dank des Helmes nicht, aber ich kanns mir denken. Während ich meine Handschuhe und meinen Helm wieder abnehme, holt Fabio seinen Stuhl und eine Flasche Wasser und setzt sich vor mich hin. Ich lege meinen Helm neben mir ab und wische mir erstmal meine nassen Haare zurück. „Hier" sagt Fabio und reicht mir die Flasche. Mit einem Zug leere ich fast die gesamte Flasche und dabei grinst mich Fabio einfach an. Ich wusste es! Er streckt mir seine Hand entgegen und ich reichte ihm die Flasche die nun er endgültig leert. „Und hat es dir gefallen?" kommt dann schließlich die Frage von ihm als er die leere Flasche auf den Boden legt. „Hmhm" antworte ich ihm nur nickend und lehne erschöpft meinen Kopf gegen den kühlen Betonpfeiler. „Welche Kurve gefällt dir am besten?" „Keine Ahnung... Ich habe nicht mitgezählt..." antworte ich ihm mit einem Lachen. Natürlich findet er das auch unglaublich lustig. „Okey" kommt es dann von Fabio der sich wieder von seinem Stuhl erhebt und ihn zurückstellt. Als er wieder vor mir steht blickt er mich an und sagt dann „Und? Bereit für Runde 2?" Ich blicke zu ihm hoch und überlege nicht einmal da macht sich mein Kopf schon selbstständig und nickt einfach! Wie kann er nur?! Naja war ja eigentlich lustig, also ich versteh ihn. 

When your life changes, do you keep going or do you go back?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt