Kapitel 95

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May wirft alles zu Boden das sie in den Händen hält und kommt kreischend und laufend auf mich zu. Wir fallen uns in die Arme und fangen beide an lauthals zu lachen. Als wir uns wieder voneinander lösen fragt sie mich noch immer grinsend „Was machst du denn hier?! Ich dacht ich sehe dich länger nicht?!" Ich trete einen Schritt zurück und zeige auf das Auto und sage dabei „Ich kann auch wieder fahren, wenn du willst?" May schnappt sich schnell mein Handgelenk und sagt lachend „Nein, nein bleib hier." Wir lachen beide und nachdem May die Sachen die sie zuvor zu Boden geworfen hat wieder aufgeräumt hat, gehen wir zum Reitplatz hoch und dahinter etwas in den Wald. „Also erzähl wie ist es?" „Naja um ehrlich zu sein.... Schwerer als ich es mir vorgestellt habe. Nicht das reiten selbst. Das kann ich ja. Aber ihm so nah zu sein und doch nicht bei ihm sein zu können.... Das ist die eigentliche Herausforderung." May legt ihren Arm um meine Schulter und sagt „Ihr beide steht das durch. Da bin ich mir ganz sicher." Ich lächle sie an und bevor ich gleich losheule sage ich „Aber glücklicherweise fliegen wir beide morgen nach Andorra und da kann ich ihn endlich wiedersehen." May bleibt neben mir stehen und sieht mich verwirrt an als sie sagt „Du meinst du fliegst morgen nach Andorra?" Ich drehe mich zu ihr um und sage dann lächelnd „Nein ich meinte wir zwei." Sie sieht mich verwirrt an und ich sage „Also nur wenn du auch willst?" „Warte, warte, warte, wie genau darf ich das jetzt verstehen?" Ich lächle sie an und beschließe sie nicht länger auf die Folter zu spannen „Tja ich dachte mir da du ja übermorgen Geburtstag hast und ich leider kein Geschenk besorgen konnte und vielleicht auch nach der Tatsache das ich dich damals so angefahren habe, nehme ich dich mit nach Andorra." May strahlt und fällt mir dann erneut um den Hals. „Danke, danke, danke. Und das macht Fabio nichts aus?" „Nein keine Sorge, der freut sich so sehr mich zu sehen. Ihm ist es egal ob du mit bist." „Okey!" kreischt sie noch in mein Ohr und löst sich dann wieder von mir. Wir gehen ein paar Schritte als ich noch hinzufüge „Und ach ja. Nach Mugello musst du natürlich auch mitkommen..." Plötzlich spring May förmlich auf mich und reißt uns beide zu Boden. Lachend liegen wir beide am Waldboden als sie schreit „Spiel nicht mit mir! Nicht wenn es um MotoGP geht!" Ich rolle mich auf ihre Seite und sage dann „Das ist mein Ernst. Ich möchte auch mitfahren und dachte mir das du das sicher auch gerne tun würdest. Ist alles schon vereinbart." „Oh mein Gott, ich glaube es einfach nicht!" Sie legt sich auf mich drauf um mich zu umarmen und ich sage noch unter keuchen „Aber verrate Fabio noch nichts davon...Ich möchte ihn überraschen..." „Alles klar" fügt sie schnell hinzu und geht dann endlich wieder von mir runter. Ich atme erleichtert auf und nehme Mays Hand entgegen zum Aufstehen.

Als ich nach Hause komme, kommt mein Dad schon aus dem Haus. „Na schon bereit?" frage ich als ich die Autotür schließe. „Hab nur auf dich gewartet." Ich gehe mit meinen Dad in den Stall und begrüße dort erst einmal meine Pferdchen. Sie stehen bereits auf der Koppel und genießen das schöne grün. Mein Dad nimmt wie immer Shiwa und ich nehme Pepino. Wir putzen die beiden, satteln sie und dann geht es auch schon ab zum Strand. Während wir den Weg runter zum Strand reiten frage ich meinen Dad „Wie ist es jetzt so zuhause für dich. Ich meine, dass du den Stall alleine machen musst?" „Das ist kein Problem für mich. Da brauchst du dir keine Gedanken zu machen" antwortet er mir und schaut dabei zu mir. Ich sehe ihn verwirrt an und sage „Aber damals als ich mit Fabio mit bei den Rennen war und den Stall zuhause nicht machen konnte... da..." „Da habe ich mich aufgeregt. Ich weiß." „Was ist jetzt anders? War es nur weil ich mit Fabio unterwegs war?" Der Blick meines Dads wandert über das näher rückende Meer vor uns und dann schließlich wieder zu mir als er sagt „Um ehrlich zu sein, ja. Ich konnte es einfach nicht glauben das du irgendwo auf der Welt mit einem jungen Mann wie Fabio bist und wer weiß was machst..." Lächelnd sage ich „Daaaad." „Was? Ich weiß du wirst nun mal Erwachsen, und dass ich dich gehen lassen muss. Aber es ist trotzdem schwer." Ich lege meinen Arm auf die Schulter meines Dads und sage „Ich werde immer dein kleines Mädchen bleiben Dad. Du wirst immer mein großer starker Dad sein, denn ich um Rat bitte, wenn ich nicht mehr weiterweiß. Aber bei Fabio musst du dir keine Gedanken machen, er liebt mich und ich liebe ihn. Aber das heißt nicht das er mich dir wegnimmt." „Ich weiß und es ist schön zu sehen wie glücklich du mit ihm bist. Es war nur schwer zu akzeptieren. Das ist alles. Aber ich bin froh das du ihn gefunden hast. Du verdienst das Beste und geliebt zu werden von jemanden der dir alles ermöglichen kann und dir alles gibt." Ich lächle meinen Dad an und sage „Das habe ich mit ihm gefunden." Mein Dad lächelt mich an und ich kann gar nicht sagen wie viel mir das bedeutet hat.

Als wir unten am Stand angekommen sind sieht mein Dad kurz zurück und auch ohne Worte weiß ich schon was jetzt kommt. Ich nehme die Zügel ordentlich in die Hände und spüre wie mein Herz bereits schneller schlägt. Als ich sehe wie mein Dad vorne angaloppiert mache ich es ihm nach und galoppiere ebenfalls schnell an. Pepino gibt alles und ich spüre den Wind wie er durch meine Haare fährt. Pepino wird immer länger und steckt seinen Kopf nach vorne, die Ohren sind auf Anschlag und unter mir sehe ich seine Hufe stark in den Sandboden schlagen. Immer wieder kommen die Wellen auf uns zu und das Wasser spritzt an uns hoch. Traumhaft schön beschreibt das Gefühl das ich dabei habe wohl am besten. Diese Freiheit die ich dabei verspüre konnte ich bei nichts anderen finden.

Als wir wieder nach Hause kommen sind die Pferde vollkommen verschwitzt. Wir satteln sie also ab und waschen sie noch bevor sie zurück auf die Koppel kommen. Wir stehen am Zaun und beobachten die Pferde beim Grasen. „Das war wirklich schön heute. Schon lange her das wir sowas gemacht haben." „Ja das stimmt." Mein Dad lächelt mich an und sagt dann „Also gut ich gehe rein, was trinken. Willst du auch was?" „Nein danke" antworte ich ihm noch bevor er runter zum Haus geht. Mein Blick wandert über die Koppel und bleibt an meinem absoluten Lieblingsplatz hängen. Ich öffne das Tor und gehe hinüber zu den Klippen. Ich setze mich unter meinen Lieblingsbaum und blicke hinaus aufs Meer. Ich schließe meine Augen, atme tief ein und lausche den Geräuschen des Meeres. Doch plötzlich werde ich von etwas angesprungen. Ich öffne schlagartig meine Augen und sehe es ist Ronja meine Katze. Sie muss wohl am Baum auf einen Vogel gewartet haben. Ich nehme sie auf meinen Schoß und streiche über ihr Fell. Sie beginnt zu schnurren und ich schließe wieder meine Augen. Kurze Zeit später höre ich meine Mutter wie sie sagt „Störe ich?" Ich öffne erneut meine Augen und sehe das sie bereits neben mir steht. „Nein bitte. Setzt dich doch." Ich zeige neben mich hin und rücke ein Stück. Eine Weile sitzen wir einfach so da und genießen das Rauschen des Meeres unter uns. „Wie war der Ausritt heute?" unterbricht Mom die Stille. „Traumhaft schön. Wir waren unten am Strand und sind dann über die weiten Ebenen zurückgeritten. Eigentlich sind wir fast nur galoppiert" sage ich lachend. „Und wie ist das Reiten auf den Turnieren für dich?" „Ich bin eigentlich bis jetzt immer sehr nervös gewesen davor. Aber das ist ja normal. Wenn ich dann mal am Pferd sitze und die Arena betrete, wird alles Nebensache. Ich konzentriere mich nur mehr auf meinen Ritt und blende alles andere mehr oder weniger gut aus" antworte ich ihr und denke dabei an meinen letzten Ritt. „Aber meinen nächsten Ritt könnt ihr im Livestream sehen." „Ja der Termin ist schon notiert. Das verpassen wir sicher nicht." Noch bis es spät wird sitze ich mit meiner Mom, Ronja und auch Mili die dazu gekommen ist dort und rede und rede und rede....

Der nächste Morgen beginnt natürlich recht früh. Doch das ist es mir allemal wert. Ich ziehe mich schnell an und verabschiede mich noch bei meinen Eltern bevor diese in die Arbeit fahren. Danach füttere ich noch schnell Catch, Ronja und Mili und lasse meine Pferde auf die Koppel. Als ich von den Koppeln komme sehe ich May in die Einfahrt fahren. Ich winke ihr zu und laufe an ihrem Auto vorbei. Ich schnappe mir meine Koffer und sperre hinter mir noch die Türe zu. Dann laufe ich zurück zum Auto und schmeiße meine Koffer in den Kofferraum. Schnell hüpfe ich ins Auto und dann geht es auch schon los zum Flughafen. Mittlerweile sind für mich Flughäfen nicht mehr so verwirrend wie sie einmal waren und so finde ich mich vor allem am Flughafen in Edinburgh recht schnell zurecht. Wenig später sitzen wir schon im Flieger und so langsam nimmt die Vorfreude immer mehr zu.

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