Kapitel 99

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Am nächsten Morgen werde ich von Fabio geweckt als er seine Koffer für Mugello packt. Ich stütze mich auf meinen Ellenbogen auf der Matratze ab und sehe ihm zu wie er ohne Shirt durchs Zimmer läuft. „Kein schlechter Anblick...Und das schon am Morgen" sage ich noch halbverschlafen und vor mich hin grinsend. Daraufhin sieht mich Fabio mit einem Grinser an und schüttelt etwas den Kopf. „Wann geht dein Flieger?" frage ich ihn. „Um 09:30. Wann geht eurer?" antwortet er mir schnaufend. „Auch so um die Zeit." „Dann sollten wir wohl bald losfahren" sagt er während er am Bett zu mir hochsteigt. „Ja das sollten wir vermutlich" antworte ich ihm leise, weil er mir immer näherkommt. Als er über mir ist blicke ich in seine strahlend braunen Augen und lächle ihn an. Er küsst mich und sagt dann „Die Zeit war viel zu kurz. Ich wünschte wir könnten noch ein paar Tage miteinander verbringen." „Ich auch" sage ich ihm sehnsüchtig und muss mich verdammt zusammenreißen um ihm meine kleine Überraschung nicht zu verraten. Er gibt mir noch einen kurzen Kuss und geht dann wieder runter von mir. Als er seine Koffer zu macht und diese schonmal runter trägt ziehe ich mich schnell an und gehe dann ebenfalls nach unten. Ich wecke May und als wir dann alle drei fertig sind steigen wir ins Auto und fahren los.

Fabio hält während der gesamten Fahrt meine Hand. Ich finde sowas unglaublich süß von ihm. Diese kleinen Gesten bedeuten mir so viel, wirklich witzig mit wie wenig er mich um den Finger wickeln kann. Als wir dann am Flughafen angekommen sind küsst er mich im Auto noch einmal. Man merkt es ihm an das er denkt das dieser Kuss für lange Zeit der letzte sein wird. Ich weiß nicht wie, aber jeder Kuss fühlt sich bei ihm anders an. Je nachdem in welcher Situation wir gerade sind. Ob es nun ein Wiedersehen, ein Abschied, ein Kuss zwischen durch, der Kuss vor einem seiner Rennen oder auch ein anderer ist, jeder fühlt sich anders an. Als wir dann im Flughafen sind bleiben wir kurz vor dem Check-in stehen. Fabio umarmt uns beide und sagt dann leise „Also dann wir sehen uns hoffentlich bald wieder. Ich werde dich vermissen, aber ich wünsche dir noch eine schöne Zeit in der Schweiz." „Danke, aber noch fliege ich nicht in die Schweiz" antworte ich ihm grinsend. Er sieht mich verwirrt an und sagt „Aber du sagtest doch das du gleich nach der Zeit hier wieder dorthin fliegst?" „Nein. Ich sagte das ich nach der Zeit mit dir, wieder dorthin fliegen werde." Wieder sieht er mich verwirrt an und ich kann es mir nicht mehr verkneifen. Ich halte ihm meine Flugtickets hin und warte auf seine Reaktion. Als er das Ziel meines Tickets liest bleibt sein Mund offenstehen. Daraufhin blickt er mich an und fängt an zu grinsen. „Du kleine Lügnerin." „Im Grunde habe ich dich nie angelogen. Ich habe nur nicht ganz ausführlich genau alles erzählt." „Warte nur bis wir alleine sind" sagt er daraufhin mit diesem einen Blick den ich nur allzu gut schon kenne. Ich grinse nur vor mich hin und genieße dieses Gefühl gerade. „Na gut dann gehen wir wohl alle zum selben Schalter nehme ich an. Denn ich vermute mal das May auch nicht heim fliegt oder?" „Tja wenigstens das hast du schnell durchschaut" sage ich grinsend. Daraufhin schüttelt er nur lächelnd den Kopf und wir schnappen uns wieder unsere Koffer und gehen zum Schalter.

Im Flugzeug treffen wir auf so manch bekannte Gesichter. So macht ein Flug dann auch gleich viel mehr Spaß, wenn man mit den anderen herumalbern kann und Fabio und ich uns auch nicht verstecken müssen. Am frühen Nachmittag kommen wir dann am Circuit an. Die Gegend hier ist wirklich schön. Die sanften Hügel in denen der Circuit eingebettet ist machen das Bild perfekt. Als wir aus dem Auto aussteigen hole ich aus meiner Tasche den Pass den mir Fabio geschenkt hat und den, den ich für May besorgt habe. „Hier der hier ist für dich. Damit kannst du dich am gesamten Gelände bewegen ohne das dich irgendwer aufhält" sage ich zu ihr und überreiche ihr den Pass. „Woher hast du den?" fragt mich Fabio verwundert. „Naja du bist nicht der einzige der hier Leute kennt." „Hättest du mir was gesagt hätte ich den zahlen können" sagt er mir und zieht mich dabei an der Taille zu sich heran. „Tja das wollte ich aber nicht" flüstere ich ihm zu. Er schüttelt nur den Kopf und sagt „Du bist eine ganz schön gerissene Frau." „Was soll ich sagen. Ich lerne vom Besten" antworte ich ihm und gebe ihm dann einen Kuss. Danach schnappen wir uns unsere Koffer und gehen zu seinem Motorhome.

„Ihr beide könnt im Bett schlafen, ich schlaf auf der Couch" sagt er ganz Gentleman like als wir das Motorhome betreten. „Nein auf gar keinen Fall. Ihr beide nehmt das Bett. Ist ja schon schlimm genug, dass ihr nicht das machen könnt was ihr sonst so treibt, wenn ihr hier alleine seid, dann nehme ich euch nicht auch noch die Gelegenheit wenigstens zu kuscheln" sagt May ganz trocken. Ich kneife bei dem Satz nur meine Augen zusammen und schüttele den Kopf. Als ich Fabio dann ansehe denkt er sich wohl dasselbe wie ich. May und ihre verdammte, ich sag mir was mir durch den Kopf geht Masche. Einfach unglaublich. „Also gut" rette ich mich und Fabio aus diesem Gespräch und schiebe ihn samt Koffer in den Schlafbereich. Dort packe ich erstmal aus und da fällt mir auf das ich das nur hier und bei ihm zuhause mache eigentlich. Denn sonst lebe ich immer aus meinem Koffer. Auch jetzt als ich auf den Turnieren war, habe ich nie ausgepackt und auch wenn ich mit der Schule irgendwo unterwegs war habe ich immer aus meinem Koffer gelebt. Was das wohl zu bedeuten hat? Denn irgendwie mache ich das hier einfach automatisch...Ich werde von Fabio aus meinen Gedanken gerissen als er fragt „Wollt ihr was essen gehen?" Ich drehe mich zu May und kann ihr ansehen, dass sie bereits auf diesen Satz gewartet hat. Ich drehe mich wieder zu Fabio und sage „Ja klar. Ich habe das Essen der Hospitality schon so vermisst." Gleich daraufhin machen wir uns also auf in die Yamaha Hospitality. Es wird schon überall fleißig für morgen vorbereitet. Denn überall laufen schon Menschen umher und tragen alles möglich durch die Gegend. In der Hospitality ist hingegen nicht mehr so viel los und so setzen wir uns alleine an einen Tisch und essen erstmal.

Nach dem Essen will Fabio ein paar Runden am Circuit mit dem Fahrrad drehen. Für May und mich haben wir natürlich recht schnell von ein paar anderen Fahrern auch ein paar Fahrräder ausgeliehen und so ziehen wir jetzt unsere Runden am Autodromo Internazionale del Mugello. Die Temperaturen sinken langsam und so ist es mit dem Fahrtwind angenehm kühl hier in Italien. Nach ein paar Runden stoßen dann die beiden Suzuki Werks Piloten Alex Rins und Joan Mir zu uns, sowie natürlich Joans Freundin Alejandra. „Hey Leute wie geht's denn so?" kommt es gleich von Alex. „Alles gut und bei euch?" fragt Fabio sie. Als dann die Jungs wegen den Trainings morgen zu reden beginnen kommt Alejandra zu mir und May und sagt „Hey ich bin Alejandra. Ich glaube wir kennen uns noch nicht oder?" „Nein ich bin May. Ich bin nur zu diesem Rennen eingeladen worden." „Was heißt nur zu diesem Rennen eingeladen worden? Reicht das denn nicht?" frage ich sie gespielt entsetzt. Daraufhin müssen beide lachen. „Und wie geht's dir Shirin? Ich wusste ja gar nicht das du hier dabei sein wirst?" fragt sie mich doch bevor ich antworten kann sagt Fabio „Ja ich auch nicht?!" Ich lache daraufhin nur und sage ihr dann „Naja du weißt ja wie das ist. Allzu lange halte ich es eben nicht mehr aus ohne..." „Ohne Rennen oder ohne Fabio?" fragt sie mich gespielt ernst. Ich lache und antworte ihr dann versucht ernst „Hmm gute Frage. Fabio ist schon toll aber die Rennen.... Ich weiß nicht? Ist ziemlich unentschieden..." Da blickt mich Fabio dann mit großen Augen an und ich kann meine halbwegs ernste Miene nicht mehr halten. Fast wäre ich auch vor lauter Lachen vom Fahrrad gestürzt. Nach noch ein paar Runden fahren Fabio, May und ich dann schließlich wieder in Richtung Motorhome. Kurz davor treffen wir auf Jack und Marcel. „Hey da waren aber einige fleißig heute, was?" fragt uns Jack. „Naja einige wollen schließlich auch das Rennen am Sonntag gewinnen" antwortet ihm Fabio. „Ja und genau deshalb spare ich mir meine Energie für Sonntag auf" sagt Jack daraufhin. Ach ja Jack und seine Antworten... „Was macht ihr heute noch?" fragt uns Marcel. „Ach nicht mehr viel. Jetzt erstmal duschen und dann noch was essen und dann gehen wir schlafen" antwortet ihm Fabio. „Und wo schläfst du?" fragt Jack May. „Sie schläft auf unsere Couch und zwar freiwillig. Aber bitte frag sie nicht nach dem Grund!" sage ich schnell bevor May wieder ihr Erklärung macht. „Was damit die zwei ihren Spaß haben können oder was?" fragt Jack May mit einem Grinsen im Gesicht. Und ich denke mir nur dass mich diese Aussage nicht wirklich überrascht hat von ihm. „Ehrlich Jack?" frage ich ihn mit einem dementsprechenden Blick. „Da könntest du auch auf meiner Couch schlafen, dann hörst du die beiden zumindest nicht..." antwortet Jack daraufhin. „Jack!" sage ich mir lauterer Stimme. „Was denn?" fragt er mich. „Wir würden doch nicht... Wenn May.... Ahhhh verdammt. Diese Unterhaltung mit dir ist jetzt beendet" stammle ich vor mich hin. Doch gerade als ich weiter fahren will hält May mich am Handgelenk fest und sagt „Warte mal. Meintest du das ernst? Ich meine, dass ich bei dir schlafen könnte?" „Ja klar. Warum denn nicht?" sagt Jack. Ich blicke May fragend an als sie dann sagt „Ich könnte doch vielleicht wirklich bei ihm übernachten. Dann habt ihr euer Motorhome für euch?" „Das musst du doch nicht..." sage ich May. „Hey das wäre doch kein Problem. Dann könnt ihr euch in Ruhe vergnügen" fügt sie noch hinzu. Und ich muss sagen plötzlich habe ich kein Problem mehr damit das sie nicht bei uns schläft. Ich überdrehe die Augen und sage dann „Weißt du was. Ich denke vielleicht wäre das wirklich keine schlechte Idee. Dann haben Fabio und ich unsere Ruhe und ihr beide könnt euch in Jacks Motorhome Gedanken darüber machen. Anscheinend habt ihr ja denselben Schwachsinn im Kopf." 

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