When your life changes, do you keep going or do you go back?

Kapitel 184

7 Monate später – 02. Juni 2024, Mugello Italien

Fabios P.o.V.

Ich ziehe mir meinen Helm über, richte ihn zurecht und wische nochmals meine Haare an der Stirn darunter. Mit ein paar Griffen ist er dann verschnallt und ich nehme mir meine Handschuhe und ziehe sie an. Mein Blick liegt starr auf meiner Yamaha die meine Crew bereits nach draußen schiebt. Mit dem letzten schließen meines rechten Handschuhes stehe ich auf und gehe in die Hocke. Kurz nochmals gedehnt trete ich hinaus zu meiner Maschine und schwinge mich auf sie drauf. Ich schlage noch mit meiner Crew ab und lasse den letzten Blick zurück in die Box zu Shirin schweifen. Dann rolle ich auch schon hinaus. Als ich nach der Runde wieder Richtung Start/Ziel komme schalte ich meine Maschine aus und lasse sie nur noch rollen. David von meiner Crew ist gleich zur Stelle und schiebt mich durch das Startfeld.

Sofort kommt mir ein Grinsen als ich Shirin unter meinen Crewmitgliedern an der Pole stehen sehe. Sogleich wird meine Yamaha aufgestellt und ich ziehe mir wieder meine Handschuhe sowie Helm aus. Shirin reicht mir mein Käppi und meine Sonnenbrille, die ich auch gleich aufsetze. „Nervös?" kommt die Frage von Shirin als sie sich an meine Yamaha lehnt. „Jetzt nicht mehr" gebe ich ihr grinsend zurück und gebe ihr einen Kuss. Mit ihr an meiner Seite auf dem Grid ist es mir ein leichtes mich zu beruhigen. Alleine ihre Anwesenheit gibt mir eine gewisse Ruhe und die ist vor einem Rennen immer gut. Shirin kennt mich auch bereits gut genug das sie weiß das ich am Grid nicht mehr viel rede. Weder mit Reportern, meiner Crew oder auch ihr. Aber ich genieße es trotzdem sie hier bei mir zu haben und ich denke sie tut es auch. Denn immer, wenn sie bei mir hier steht lehnt sie sich an meine Yamaha und beobachtet die anderen Fahrer bei ihren Vorbereitungen. Könnte man glatt eifersüchtig werden, wenn ich nicht wüsste mit welchen Blicken sie mich sonst ansieht.

Als die Tafel rausgeht das es nur mehr 1 Minute bis zum Start ist fällt Shirins Blick zuerst zu dieser und dann zu mir. Sie lehnt sich zu mir und gibt mir noch einen letzten Kuss, wie vor jedem Rennen. Nochmals schließe ich dabei genüsslich die Augen und spüre einfach nur ihre zarten Lippen und sauge förmlich ihren Duft ein. „Pass auf dich auf" sagt sie mir wie vor jedem Rennen und ich lächle sie an und sage „Immer." Danach geht alles ganz schnell und während meine Crew langsam verschwindet, ziehe ich mir Helm und Handschuhe wieder an. Und dann geht es auch schon in die Warm Up Lap.

Wieder zurück auf meiner Startposition reiße ich eines meiner Abreißvisiere runter und lehne mich dann über meine M1. Der Blick gespannt auf die Ampel warte ich nur noch darauf die Bremse loslassen zu können und endlich zu Starten. Mein Herz in meiner Brust verlangsamt sich wieder als würde die Zeit sich ebenso verlangsamen. Doch dann gehen die Lichter aus und ich starte in das Rennen. Schon in der ersten Kurve ist mir klar, dass der Start nicht besonders gut war und so kämpfe ich jetzt mitten drinnen mich durch die erste Runde. Von Runde zu Runde komme ich wieder näher an die Toppositionen ran und mache so meinen schlechten Start hoffentlich wieder gut. Doch langsam kommen wir zum Ende des Rennens und mein Pulsschlag erhöht sich wieder. Im laufe eines Rennens wird er zwar immer wieder etwas ruhiger aber zum Ende hin schnellt er wieder in die Höhe. Ich bin auf Position 3 was mir auch das Pitbord, was von meiner Crew auf Start/Ziel hinausgehalten wird bestätigt wird. Vor mir habe ich noch Martin und Mir, wobei ich Mir wohl nicht mehr einholen werde. Dafür ist der Rückstand auf ihn für die verbleibenden Runden einfach zu groß. Doch an Martin sauge ich mich immer näher ran, sodass ich 3 Runden vor Schluss direkt hinter ihm bin. Ich studiere seinen Fahrstil schon die letzten Runden lang und dadurch das er ein guter Freund von mir ist weiß ich natürlich auch wie er fährt. Ich überlege also genau und greife ihn dort an wo seine schwächste Stelle ist. Und mit einem Satz bin ich an ihm vorbei und ergreife nun bestmöglich die Flucht nach vorne.

Und dann ist es endlich geschafft, die Zielflagge wird geschwenkt und ich bin als 2ter im Ziel. Die gesamte Anspannung lässt auf einen Schlag nach und ich juble über meinen Podestplatz. Ich winke den Fans zu und freue mich jetzt schon auf eine strahlende Shirin im Parc Ferme. Ich weiß nicht wie wir so lange ausgehalten haben die Beziehung geheim zu halten? Denn jetzt könnte ich das nie mehr so machen. Sie bei jedem Rennen bei mir zu haben ist die letzten Jahre über eine so schöne Gewohnheit worden... Vom Donnerstag mit den gesamten Interviews und Pressekonferenzen zu denen sie mich begleitet, über Freitag und Samstag mit den Freien Trainings und Qualifyings bei denen sie immer in der Box auf mich wartet und zu guter Letzt noch der Rennsonntag. Jener Tag an dem ich sie wohl am meisten bei mir brauche. Und auch dort ist sie schon von der Warm Up Session am Vormittag bis zum eigentlichen Rennen am Nachmittag immer an meiner Seite. Am Grid sie bei mir zu haben, ihre wachsamen Augen auf mich, während des Rennens gerichtet zu wissen und sie dann endlich wieder im Parc Ferme oder in der Box danach wieder bei mir zu haben ist das schönste für mich. Sie gibt mir die Ruhe und gleichzeitig die Kraft die ich brauche und das egal in welcher Situation.

Und als ich dann endlich wieder ihr strahlendes Lächeln im Parc Ferme erblicke kommt mir ebenfalls sofort ein Lächeln. Ich stelle sofort meine Yamaha auf Platz 2 ab und übergebe sie meiner Crew die mir gratuliert. Während ich meine Handschuhe ausziehe gehe ich bereits auf Shirin zu und nehme sie auch sofort in den Arm. Ihr herzerwärmendes Lächeln hat mich schon vom ersten Tag an fasziniert. Nachdem ich auch von meinem anderen Crewmitgliedern beglückwünscht wurde nehme ich mir nun meinen Helm ab. Auch mit Mir und Martin der noch 3ter geworden ist klatsche ich ab. Danach widme ich mich wieder ganz meinen Leuten und bespreche mit ihnen kurz etwas bis ich zum ersten Interview im Parc Ferme muss.

„Fabio was für ein Rennen und was für ein Kampf von dir nach dem schlechten Start. Wie war es für dich" fragt mich der Journalist von MotoGP. „Ja der Start war wirklich nicht sehr gut aber ich habe mich trotzdem gut gefühlt und konnte von Runde zu Runde wieder Plätze gut machen. Meine Pase war gut und so habe ich auch noch geschafft mich vor Jorge Martin auf Platz 2 zu drücken. Und dafür muss ich ganz klar meinem Team danken die mir ein so gutes Gefühl mit dem Motorrad verschaffen und ich möchte mich bei meiner Freundin bedanken, denn sie ist es die mir einen klaren Kopf für jedes Rennen verschafft. Und durch sie kann ich auch in solchen Situationen einen kühlen Kopf bewahren" gebe ich als Antwort zurück und schon ist das erste Statement zum Rennen von mir gesetzt. Glücklich gehe ich nochmals zu Shirin zurück und plötzlich kommt mir ein Gedanke. Keine Ahnung warum jetzt, aber irgendwie habe ich das Gefühl das es genau jetzt und heute passen würde. Auch wenn ich es eigentlich anders machen wollte, kann ich nicht länger warten.