Kapitel 17

399 49 10
                                    


„Manno, du hast den Turm mit dem Eimer fast eingerissen", krähte Dani neben mir. „Hat sie gar nicht. Er steht ja noch", verteidigte mich Carmen und deutete auf die riesige Sandburganlage vor mir. Okay, ich war wirklich etwas abgelenkt. Mein Blick, der hinter der Sonnenbrille versteckt war, wurde wieder magisch zu dem Beachvolleyball Spiel der Männer gezogen. Wow, sah das heiß aus, wenn Andi nach dem Ball hechtete oder sich mit Marvin abklatschte. Die beiden spielten natürlich gegen Papa und Marco. Wann waren die beiden mal nicht ein Team?  Das Team der gruseligsten Badehosen auf alle Fälle. Apropos gruselig. Ich zuppelte an meinem Bikinioberteil, bei dem ständig das Gefühl hatte, dass es verrutscht war. Genau wie dieses Höschen, was ständig in die Po-Ritze krabbelte. Absolut unpraktisch dieses Teil. Aber es sollte ja auch nicht praktisch sein, sondern Aufsehen erregen. Das hatte es jedenfalls noch keine Minute getan. Obwohl, das stimmte nicht. Brautzilla und Maja waren total hin und weg davon. Nur Tessa hatte mich skeptisch angeschaut. Wieder ging mein Blick zu Andi, der in seiner Badeshorts in Neongelb, ohne irgendwelche kindischen Aufdrucke, zum Anbeißen aussah. Mir fiel mein Horoskop für heute wieder ein Ihr weißer Ritter wird heute zur Stelle sein. Also als Ritter fiel mir ja nur einer ein. Und der bretterte grade den Volleyball mit ganzem Körpereinsatz über das  Netz. Manno, wie lange wollten die eigentlich noch spielen? Wollten die nicht wenigstens mal Pause machen? Papa und Marco waren doch auch nicht mehr die Jüngsten. Papa war immerhin schon 42 und Marco war noch viel älter. Der kratzt doch schon an der 50. „Manno, jetzt hast du den Turm wirklich eingerissen", maulte Dani sauer. Ups. Das war....."Dann war er halt nicht richtig stabil gebaut", verteidigte mich Carmen wieder. „Nicht wahr, Lucy?" Sie schaute mich grinsend an und ich lächelte zurück. Die Kleine war echt Extraklasse. „Das stimmt doch gar nicht", Dani verschränkte beleidigt die Arme vor seiner Brust „Ich hatte das voll labil gebaut." Ich musste mir ein Grinsen verkneifen und verbesserte ihn „Stabil." „Habe ich doch gesagt." „Hast du nicht." Oh oh, ich musste hier dringend eingreifen, bevor es wegen mir und meiner mangelnden Konzentration zu einem ernsthaften Streit kam. „Was haltet ihr von einer kurzen Pause und etwas zutrinken?" Ja, die Kleinen brauchten auch dringend Flüssigkeit bei dem Sonnenschein. Wir liefen zu den Liegen im Schatten und ich griff nach der Wasserflasche, die in dem Kühler lag. Ja, so ein Beachclub hatte auch etwas für sich. „Hier, ihr zwei." Sie griffen sich sofort die Gläser und kippten das Wasser herunter. Mein Blick ging zu den anderen Liegen. Tessa kuschelte auf ihrer unter dem Sonnenschirm zusammen mit Leo und bekam kaum etwas mit. Meine Mama, Jasi und Franzi waren in ein Gespräch vertieft. Luca las ein Buch, Maja starrte auf das Meer und Mika schlief scheinbar. Wo Max und Leo waren? Keine Ahnung. Vielleicht sollte ja ich den weißen Ritter spielen und den Männern etwas zu trinken bringen. Genau, das war doch die Idee. Die Kleinen hatten sich sowieso gerade auf eine Liege gesetzt und ein Tablett herausgeholt, auf dem sie tippten. Schnell schnappte ich mir zwei Flaschen aus dem Kühler. Gläser brauchten sie nicht. Sie konnten ruhig aus der Flasche trinken. Mist, auf halben Weg fiel mir auf, dass das blöde Höschen sich schon wieder zu einem Tanga entwickelt hatte. Verflucht, das scheuerte voll. Ich fragte mich echt, wie Leo und Maja damit klarkamen. Was sollte ich denn jetzt machen? Die Flaschen in den Sand stellen funktionierte ja nicht, wenn ich nicht wollte, dass sie wie panierte Schnitzel aussahen. Dann musste ich wohl durchhalten. Wenigstens hatte ich mir vorhin den Sand abgeklopft. Sonst würde das ja noch mehr....bei dem Gedanken wurde mir ganz heiß. Egal, was sagte Oma immer? Wer schön sein wollte, musste leiden und ohne Köder fing man keinen Fisch. Also musste ich da durch und ich verwarf meinen Gedanken morgen wenigstens meinen schönen bequemen Badeanzug wieder anzuziehen, der in meiner Strandtasche schlummerte. „Kann ich dir tragen helfen?" Wo kam Mika denn auf einmal her? Der hatte doch eben noch gepennt. Ehe ich antworten konnte, hatte er mir auch schon die beiden Wasserflaschen abgenommen und lief neben mir her. Na dann konnte ich doch gleich mal wieder alles zurecht zuppeln. Das sah dann auch bei Andi viel besser aus. „Eine kleine Abkühlung für die alten Herren", rief er den vieren zu. Ich schnappte mir wieder eine Flasche und marschierte zu Papa und Marco auf die Seite. „Meine Tochter denkt mit", begrüßte Papa mich sofort und öffnete die Flasche mit einem Knacken, ehe er sie ansetzte. „Eh, Alter. Hier haben noch mehr Durst", meldete sich Marco protestierend zu Wort. „Dann musst du deine Bälger besser erziehen, dass sie dir auch etwas bringen", gackerte Papa und Marco schnappte ihm einfach die Flasche aus der Hand und setzte an. Ich linste vorsichtig zur anderen Seite des Netzes. Von da hatte Andi doch richtig gute Sicht auf mich und meinen Bikini. Ja hätte er definitiv - ich konnte ja auch seine gut trainierte Bauchmuskulatur sehen - wenn er denn überhaupt gucken würde. Mist, was sollte ich denn jetzt machen, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen? „Lucy, komm wir gehen uns jetzt ins Meer abkühlen und überlassen die alten Männer wieder ihrem Schicksal." Mika kam zu mir und griff sich meine Hand. Papa und Marco protestierten sofort wieder „Wir sind nicht alt." Manno, ich wollte nicht ins Meer. Ich wollte, dass Andi mich wahrnahm. Verfluchter Mika. Obwohl, nee Andi starrte mich kurz an, ehe er mir zuzwinkerte „Na dann viel Spaß bei Nemo und passt auf, dass ihr euch nicht verschwimmt." Wieso? Würde er mich dann retten kommen? Das wäre doch auch eine Option. Ich lief also artig mit Mika mit und versuchte dabei meine untere Rückseite schön hin- und herschwingen zu lassen. Hoffentlich sah ich damit nicht wie eine watschelnde Ente aus. „Luca, kommt ihr auch mit ins Wasser", brüllte Mika zu den anderen hinüber. Okay, auf meinen Bruder hätte ich verzichten können, andererseits brachte das gerade wieder Aufmerksamkeit. Luca zog Maja von der Liege und kam zu uns gerannt. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Maja nur geringfügig Lust auf das Meer hatte. Scheinbar hing sie immer noch in ihrer Traumwelt fest, so abwesend wie sie war. „So und jetzt Wasserschlacht." Wow, seit wann war mein Bruder denn so aktiv? „Geht klar, ihr gegen uns.", stieg Mika sofort darauf ein und ehe ich mich versah, saß ich auch schon auf seinen Schultern. Der war ja echt kräftiger als ich gedacht hätte. „Los geht's", gab Luca das Kommando und grinste mich dreist an „Und pass auf deinen Stofffetzen auf." Was sollte das denn heißen? Ich schaute zu Maja, die scheinbar nicht wirklich in Angreiferlaune war. Das war gut so.... Ich gab ihr einfach einen kräftigen Schubser und sie landete sofort im Wasser. „Manno, bist du am Schlafen?", motzte Luca sie an, als sie wieder aufgetaucht waren. Maja wischte sich ihre nassen Haare aus dem Gesicht. „Du kannst mich mal", zischte sie meinem Bruder zu und marschierte Richtung Strand. Mika und ich schauten uns verwirrt an, als der kleine Aasgeier, der sich mit mir die gleiche Bruthöhle geteilt hatte, sich auf mich stürzte und unterstukte. Hatte der heute Nacht von Kraft geträumt? Na, der konnte etwas erleben. Scheinbar sah Mika das auch so, denn wir stürzten uns beide auf den kleinen Mistkäfer. „Boah, ich gebe auf." Nach einigen Tauchgängen riss Luca prustend seine Arme in die Höhe und marschierte auch zum Strand. „Essen", brüllte Mama uns zu und wedelte mit einem Pizzastück in der Luft herum. Mm, das war......ich setzte mich sofort in Bewegung, als Mika mich an der Hand stoppte. Manno, was wollte der denn noch? Das Essen rief. „Ich glaube, du hast da was verloren" In seiner Hand entdeckte ich einen Fetzen Stoff. Das sah.....das sah verflucht wie mein Bikinioberteil aus. Schnell überkreuzte ich meine Arme vor meiner Brust. Man, wäre das peinlich geworden, wenn ich da so herausmarschiert wäre. Wenn Andi das gesehen hätte. Ich spürte, wie mir die Wärme in die Wangen schoss und nicht wegen der vielen Sonne. Das war doch Luca dieser miese Aasgeier gewesen. Beim letzten Untertauchen hatte ich so ein blödes Zuppeln von ihm gemerkt. Der Idiot hatte die Schnüre aufgezogen. Boah, der konnte noch was erleben. Das gab garantiert Rache. Und zwar eine, von der er sich nicht so schnell erholte. „Soll ich dir beim Zuschnüren helfen? Wenn du untertauchst, bekommt das auch keiner mit." Das war.....das war die Idee. Ich schaute Mika dankbar an und nickte, ehe ich etwas untertauchte. Als ich wieder unterhalb meines Halses auftauchte, zog ich noch schnell alles an die richtige Stelle. „Danke", wandte ich mich wirklich dankbar an Mika, der neben mir lief. Das hätte echt ein Fiasko geben können, wenn er mich nicht gerettet hätte. Also morgen zog ich definitiv wieder meinen alten Badeanzug an. Andi hatte mich ja vorhin im Bikini gesehen. Das musste reichen. Jedenfalls für's erste.

Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt