Kapitel 34

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Ich sprang aus dem Auto und sprintete zur anderen Seite, um Tessa herauszuhelfen. Manno, dieser SUV von Leo war aber auch riesig. Da dachte man ja, man umrundete einen halben Sportplatz. Eigentlich wäre ich viel lieber mit meinem Erwin gefahren, aber.......ja, gut der machte wirklich nicht viel Sinn, da wir gerade am Flughafen angekommen waren, um Luca und Maja.....naja und ihr Gepäck abzuholen. Damit wäre Erwin echt überfordert gewesen. Ich stürzte also auf Tessa zu, die schon außerhalb des Autos stand und ihre Krücken sortierte. „Ich werde Lothar und Stefan echt vermissen." Ich grübelte kurz. Wen meinte sie damit? Mir kam ein Geistesblitz „Was denn hören die endlich auf die Spiele zu kommentieren?" Tessa fing an zu lachen."Doch nicht Matthäus und Effenberg. Die hören damit erst auf, wenn sie tot umkippen. Jedenfalls sagt Paps das immer. Ich meinte meine Krücken. So langsam habe ich mich echt an die beiden gewöhnt und in zwei Wochen dann sind sie weg." Sie zog einen Schmollmund, ehe sie wieder los grinste „Genau wie Lucas." Ich nickte. Also wenn Lothar und Stefan die Krücken waren, dann war Lucas mit Sicherheit.... „Dein Gips." Tessa schüttelte lachend den Kopf „Nee, der Verteidiger aus Leos Mannschaft, du Gurke. Der geht doch zu Chelsea. Mein Gips heißt Nadine. Außer Leo kommt  kein anderer Kerl an meinen Körper." Boah, ich boxte sie in die Seite. „Hör auf mich zu verarschen. Kein normaler Mensch gibt den Krücken und seinem Gips einen Namen." „Doch ich. Wir sind schließlich gute Freunde geworden und ich fand es unhöflich immer du Scheißkrücke, komm jetzt her zu sagen. Mit Namen hört sich das irgendwie freundlicher an." Ich schüttelte nur meinen Kopf „Ich sagte ja, kein normaler Mensch." Das normaler betonte ich besonders. Während wir zum Eingang liefen beziehungsweise humpelten. „Na toll, sie sind noch nicht gelandet.", brummte Tessa, als sie auf die Tafel schaute, die sogar etwas Verspätung verkündete. „Und jetzt? Ich habe keinen Bock, die ganze Zeit vor dem Gate herumzulungern." Mein Blick ging zu dem kleinen Café gegenüber von dem Gate und ich deutete dort mit dem Kopf hin. Sofort ging ein Strahlen durch das Gesicht von Tessa „Na hoppi, worauf wartest du." Es war unglaublich wie schnell sie sich trotz ihrer Einschränkung bewegen konnte, wenn sie wollte. Wir nahmen an einem kleinen Tisch Platz. „Was meinst du? Strammer Max und hinterher Heiße Liebe?", grinste mich Tessa begeistert an. „Klingt sich gut an", nickte ich sofort. Wir hatten heute Mittag zwar was beim Chinesen bestellt, aber das war ja schon mindestens drei Stunden her. Ja, heute hatten Leo und ich unter Tessas Anweisung noch die letzten Schränke und das Bett im Schlafzimmer aufgestellt. Morgen mussten nur noch die ganzen Sachen eingeräumt werden und dann konnten sie eigentlich am Tag des Shootings dort einziehen. Also, wenn wir morgen auch alles schafften. Das wäre so absolut perfekt zu Leos Überraschung. Wenn Maja uns auch unterstützte, dann würden wir es mit Sicherheit schaffen pünktlich fertig zu werden. „Ich frage mich echt, was Leo heute noch so wichtiges zu erledigen hat, dass er nicht mit zum Flughafen kommen kann." Tessa kratzte sich nachdenklich am Kopf. Also, ich wusste ja, was es war. Sie würde es aber selbst unter Todesandrohung nicht von mir erfahren. „Eigentlich kann er ja nur Zuhause etwas machen, denn wir haben ja sein Auto", grübelte sie weiter. Damit lag sie ja mal meilenweit falsch, denn Leo war mit Emma in die Stadt gefahren, um alles, was wir noch benötigten und bereits bestellt hatten, abzuholen. „Wehe, der bestellt schon etwas für das Kinderzimmer hinter meinem Rücken", knurrte sie. Da brauchte sie keine Angst zu haben. Das hatte ich ihm mit dem Verweis auf einen bestimmt ziemlich enttäuschten Schwiegervater in spe ausgeredet. Das hatte echt gezogen, denn er wollte es sich auf keinen Fall mit Marco verscherzen. „Das will ich nämlich gleich nach dem Shooting von meiner Gage selbst machen. Leo hat ja die ganzen anderen Möbel bezahlt. Jetzt bin ich mal dran." Oh oh, ganz großer Mist. Wie bekam ich sie von dem Gedanken nur ab? „Das bringt aber Unglück, wenn man das vor der Geburt der Kinder macht." Tessa schaute mich schockiert an. „Echt jetzt?" Ja, ich hatte sie. Ich kannte keinen Menschen, der so abergläubisch wie sie war. Sie hatte ja sogar ihr ganz spezielles Ritual, wenn sie auf das Spielfeld ging. Ich nickte also ganz überzeugt. „Und wo sollen die beiden Windelpupse dann schlafen, wenn wir aus dem Krankenhaus kommen?" Wie lange mochte Marco wohl brauchen, um alles einzurichten? In drei Wochen war die Hochzeit und danach... „Du kannst ja einrichten, aber frühestens zwei Wochen vor der Geburt. Wenn nichts mehr schief gehen kann." Das müsste ihm mehr als genug Zeit geben. „Wir haben doch gerade erst Juli und die Zwerge...." „Windelpupse", unterbrach sie mich sofort. „Okay, die Windelpupse kommen doch erst im November." „Ja, okay. Das macht Sinn." Puh, die Klippe hatte ich noch einmal umschifft. Da konnte sich Marco aber bei mir bedanken. Ein Glück wurde gerade unser Strammer Max serviert und das Thema war damit beendet. „Komm lass uns dort hinsetzen, Schnecke. Du bekommst auch noch ein Eis." Was machte denn Andi mit Carmen auf dem Flughafen? Na bestimmt nicht auf den Zug warten. Was machte man wohl auf dem Flughafen......jemand abholen. Vorsichtig linste ich über meine Schulter zu dem Tisch, als Carmen mich auch entdeckte und wie von der Tarantel gestochen aufsprang. „Papa da sind Lucy und Tessa. Komm." Sie zerrte Andi an ihrer Hand mit zu unserem Tisch. Ich schaute kurz an mir herunter. Na supi, ich sah ja in meiner kurzen Trainingshose und dem labbrigen T-Shirt mal wieder richtig sexy aus. Mist, verfluchter. Ich hatte es vorhin aber auch nur geschafft kurz unter die Dusche und in die nächstbesten Klamotten zu springen. Und meine Haare sahen garantiert nach Wischmop aus. Ob ich noch schnell unter dem Tisch abtauchen konnte? „Hallo Lucy", erklang Carmens Stimme neben mir. Zu spät! Die Kleine schlang ihre Arme um meinen Hals und drückte mir einen Schmatzer auf die Wange. „Ich habe dich schon ganz doll vermisst. Aber ich war mit Oma und Opa und Dani ganz viel am Baggersee. Kommst du übermorgen mit? Da wollen wir da wieder hin." Sie strahlte mich aufgeregt an und ihre kleinen Rattenschwänze, die ich so liebte, wippten dabei auf und ab. Erst jetzt fiel mir auf, wie sehr ich die Kleine auch vermisst hatte. Na glücklicherweise hatte Andi ja einen adäquaten Ersatz für mich gefunden. Oma und Opa waren zwar nicht die richtigen Großeltern von ihr, denn die waren ja zusammen mit ihren Eltern bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt, aber es waren die Großeltern von Dani. Und Chris und Daniela waren echt toll und hatten Carmen sozusagen als Enkelin adoptiert, genau wie Andi als Sohn. „Und kommst du nun übermorgen mit?", hakte die Kleine schon wieder ungeduldig nach. Ich schüttelte den Kopf „Da habe ich keine Zeit." Sie schaute ganz traurig. „Du kannst ja mit. Maja ist ja beim Shooting dabei und kann mir helfen. Du hast jetzt schon genug bei uns geknechtet. Da hast du dir einen freien Tag verdient." Nein, das ging auf gar keinen Fall. Ich musste unbedingt bei dem Shooting dabei sein, sonst war die ganze Überraschung in Gefahr. Außerdem würde ich mir die auf keinen Fall entgehen lassen, auch wenn ich befürchtete, dass Leo vielleicht damit auf dem Bauch landen würde. Aber um so wichtiger war es, dass ich dabei war. „Nee, erstens bin ich neugierig, wie das abläuft und zweitens ist Maja ja selbst eingespannt und kann dir nicht helfen." Tessa schaute mich nachdenklich an „Stimmt auch wieder. Sorry, Zwerg", wandte sie sich an Carmen, die sie sofort sauer anfunkelte „Ich bin kein Zwerg, du Krüppel." „Carmen", schoss es Andi und mir gleichzeitig aus dem Mund und die Kleine zuckte erschrocken zusammen. „Sorry", kam es ganz kleinlaut von ihr. „Schon vergessen." Tessa deutete auf die Stühle an unserem Tisch „Setzt euch doch zu uns. Holt ihr auch jemanden ab?" Nein, verflucht nochmal, nein. Ehe ich etwas einwenden konnte, flutschte Carmen schon auf den Stuhl neben mir. „Ja, wir holen Marlen ab", grinste Andi glücklich. „Sie kommt ja erst heute zurück aus Ibiza." Klar, bestimmt musste sie sich noch angemessen von Sugardaddy und seinem Sohn verabschieden. Ich spürte wieder einen gewissen Frust in mir hochkommen. Mein Handy begann laut loszuscherbeln und riss mich aus meinen düsteren Gedanken. Das war Mika. Warum rief er denn an? Sonst schrieben wir doch nur. Schnell nahm ich sein Gespräch an, vielleicht war es ja ein Notfall und er benötigte meine Hilfe. „Hallo, ich wollte mal wieder deine Stimme hören. Immer nur Saschas Stimme macht einen total depressiv", meldete er sich sofort und ein Grinsen schlich sich in mein Gesicht. „Spinner." „Nein wirklich. Weißt du wie langweilig es ist mit dem Kerl sich Sonnenuntergänge anzuschauen? Der hat auch voll die schwieligen Hände." Sofort musste ich an den Abend mit dem Feuerwerk denken, als wir händchenhaltend am Strand gesessen hatten. „Wo bist du denn gerade? Noch beim Möbelzusammenbauen?" „Nee, am Flughafen mit Tessa. Wir holen Maja und Luca ab." Einen Moment herrschte Stille in der Leitung. „Dann will ich mal nicht länger stören. Und grüße Maja..." Er machte wieder eine kleine Pause „und die anderen von mir." Ich beendete den Anruf, als schon wieder ein Signalton ertönte. Meine Horoskop App hatte gerade eine Pushnachricht geschickt. Heute hören Sie die Stimme der Vergangenheit und der Zukunft. „Möchtet ihr auch noch ein Eis? Ich lade euch ein." „Aber auf alle Fälle", kam es sofort aus Tessas Mund. „Ja, einmal heiße Liebe", antwortete ich auch. Das hatte ich schon immer zu Andi sagen wollen. Auch wenn ich mir ziemlich sicher war, dass er die Stimme der Vergangenheit war, dieser Idiot, der sich von so einer oiden Brunzkachln einwickeln ließ. Aber wer war dann die Stimme der Zukunft?

Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt