Kapitel 54

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Ich saß am Frühstückstisch und schmierte mir eine dicke Schicht Nutella auf mein Brötchen. Heute war ein perfekter Tag, denn nicht nur die Sonne schien draußen vom Himmel, nein es war Freitag und so wie es der Name sagte, hatte ich heute frei, weil die Lehrer irgendeine Fortbildung hatten. Da morgen Leos und Max Hochzeit war und ich als Brautjungfer antanzen musste, würde ich heute einmal dieses unerlässliche Schönheitsprogramm durchziehen, das eigentlich nicht gerade zu meinen Lieblingsaktivitäten zählte. Ich fragte mich ehrlich, welche Frau es mochte sich die Haare einzeln auszurupfen, damit die Beine haarlos waren. So einen Epilierer konnte garantiert nur ein Mann erfunden haben, der so ein Ding niemals benutzte. Meine Haare würden auch noch eine Haarkur abbekommen und wenn mich die Langeweile ganz heftig packte, würde ich auch noch meine Finger- und Zehennägel bepinseln. Ruhe sollte ich ja genug haben, denn Mama war zusammen mit Papa, Luca und Maja bei der standesamtlichen Hochzeit. Also lehnte ich mich entspannt zurück und biss in mein Brötchen. Mein Handy piepste los. Ach, das musste mein Horoskop für heute sein. Ich griff es mir neugierig und klickte auf die Pushnachricht Manchmal kommt es anders als man plant Na toll, das versprach ja eine Menge. Manchmal waren diese Horoskope echt blöd. Mir fiel spontan mein Horoskop vom Polterabend wieder ein Sie tasten sich in ihre Zukunft vor  Ich fragte mich echt, wer in dem Fall meine Zukunft war. Andi, den ich eigentlich ausgesucht hatte oder Mika, den ich vielleicht ausgesucht hätte, wenn ich denn seine Wade überhaupt ertasten hätte können. Aber ich hatte Dani ausgesucht. Der war bestimmt nicht meine Zukunft, schließlich war er definitiv viel zu jung für mich. Bis der alt genug war, war ich auch eine oide Brunzkachl. Vielleicht war aber auch mit Zukunft gar nicht diese Zukunft gemeint. Wer sagte denn, dass es dabei um die Liebe gehen musste, schoss es mir durch den Kopf. So hatte ich das ja noch nie betrachtet. Vielleicht meinte das Horoskop ja auch meine berufliche Zukunft. Ja, klar......ich hatte Dani ertastet. Dani war noch ein Kind. Mein Horoskop wollte mir sagen, dass ich unbedingt etwas mit Kindern machen sollte. Das war.....das war..... „Was grinst du den so zufrieden, Dodo?" Papa kam in die Küche marschiert und zuppelte an der Krawatte herum, die um seinen Hals baumelte. „Ich hasse diese Kulturstricke", brummte er unzufrieden vor sich hin und schaute mich dann aber fragend an.  Okay, die Krawatten waren bestimmt von einer Frau erfunden und die Strafe für die Epilierer. „Ich habe gerade einen Geistesblitz gehabt, was ich nach dem Abi machen will." Sofort blitzten seine Augen begeistert auf „Was denn?" Manno, so weit war ich ja nun auch noch nicht, dass ich genau wusste was. „Etwas mit Kinder", antwortete ich ihm trotzdem. „Lehramt?" Er schaute mich schockiert an. „Meine Tochter will Paukerin werden." Plötzlich fing er an zu grinsen „Na wenigstens hast du da eine Menge Urlaub." „Nee, oder?" Mama kam mit dem Handy am Ohr auch in die Küche geschneit. Sie sah aber alles andere als begeistert aus von dem, was ihr der am anderen Ende des Telefons gerade erzählte. „Dann ruhe dich aus, damit du morgen wenigstens fit bist. Cola und Salzbrezeln, hörst du, die helfen immer." Sie schloss kurz die Augen und ließ das Telefon sinken. „Herrgottkruzi...." „Was fluchst du denn so, Schnuggerl?", unterbrach Papa sie. „Maja ist krank und reiert sich die Seele aus dem Leib", stöhnte sie. „Ja, das ist nicht schön, aber nicht unser Problem." Papa zuckte mit den Schultern, ehe er plötzlich alarmiert schaute „Außer sie ........sie ist doch nicht auch etwa schwanger?" Mama schüttelte den Kopf „Nee, Luca reiert genauso. Sie haben gestern wohl irgendwo Sushi gegessen." „Puh." Papa klopfte sich erleichtert vor die Brust. „Und ich hatte schon Angst, ich bekomme eine Oma neben mich ins Bett." Ich musste lachen, so albern wie Papa dabei aussah. Mama schien ihm aber gar nicht zuzuhören. Sie brütete stattdessen nachdenklich vor sich hin, bis ihr Blick zu mir fiel und sich ihr Gesicht aufhellte. „Spatzl, du bist ja noch gar nicht in der Schule", stellte sie fest. „Heute ist Lehrerfortbildung. Wir haben frei", informierte ich sie. Eigentlich müsste sie das zwar wissen, denn wir hatten einen Familienkalender, in dem solche Sachen immer gespeichert waren, aber vielleicht hatte sie das gar nicht mitbekommen. Hatte ich ihr das nicht sogar vorgestern auch erzählt, als wir zusammen Essen gemacht hatten? Egal, durch die Hochzeitsvorbereitungen, in die Franzi und Jasi sie ziemlich mit eingespannt hatten, war ihr das wahrscheinlich entfallen. „Perfekt. Du bist meine Rettung." Okay, wofür? „Ich hatte ja Luca als meinen Assistenten für die Videokamera eingeplant, aber der hängt über dem Klo." Ihr Blick ging zu Papa „Und wenn ich dich das machen lasse, Krapfen, dann können wir es gleich vergessen." Papa zog empört seine Augenbrauen hoch „Mein letztes Video ist sehr gut geworden." Mama schüttelte den Kopf „Ja, die fussballspielenden älteren Herren waren gut getroffen, aber die Kaffeekränzchenrunde deiner Mutter, die du eigentlich filmen solltest, war nicht einmal zu sehen." Papa winkte lässig mit seiner Hand ab „Da ist ja auch nichts wichtiges passiert aus irgendwelches Gesabbel von faltigen, runzeligen Frauen. Aber hast du gesehen, wie präzise die Schüsse von den alten Säcken noch waren."  „Egal, wie auch immer. Spatzl, du musst heute die Kamera bei der Hochzeit übernehmen und filmen, während ich fotografiere." Mama versprühte sofort wieder gute Laune. „Wenn Maja krank ist, wer ist dann aber die Trauzeugin von Brautzilla?" Ich wusste doch, dass Leo extra darauf geachtet hatte, dass Majas Kleid genau auf die Krawatte und das Hemd von Phil abgestimmt war, der ja Max Trauzeugen spielte. Bestimmt drehte sie jetzt völlig am Rad, weil so ein blödes Sushi ihren ganzen Plan über den Haufen warf. Mir fiel wieder mein heutiges Horoskop ein Manchmal kommt es anders als man plant. Ja, das traf dann wohl nicht nur auf mich zu. Obwohl Leo war Fisch und ich Waage.......ach egal. Mama zuckte mit den Achseln „Das ist ja nicht mein Problem. Es wird sich schon jemand anderer finden, der in der Lage ist seinen Namen da hinzupinseln. Aber was sitzt du denn hier noch so herum, Spatzl." Sie tippte mit ihrem Finger auf das Zifferblatt ihrer Uhr „Die Zeiger drehen sich weiter und wir müssen in zwei Stunden im Standesamt sein und auf der A40....." „ist bestimmt wieder Stau", kam es wie aus einem Mund von Papa und mir und wir mussten alle drei lachen. Mit dieser Aussage lag man eigentlich immer richtig, denn ehrlich gesagt hatte ich es noch nie erlebt, dass es da mal flutschte. Egal wann man da lang fuhr. „Wenigstens spare ich bei dir die Zeit für das Erklären der Kamera. Auf der Hinfahrt gebe ich dir dann nur kurz eine Einweisung, wie ich mir das alles gedacht habe. Hopi ab ins Bad und dann zacki in ein hübsches Kleid." Mama schnappte sich mein restliches Nutellabrötchen aus meiner Hand und schob mich zur Tür hinaus. Dann war wohl heute nichts mit einem gechillten Wellnesstag.

Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt