Kapitel 142

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„Leon, spielst du mit mir gegen Dani und seinen Papa? Mein Papa hat keine Lust." Carmen himmelte meinen Vater an und ich schaute mich um, wo Andi war. Seit wann schlug er seiner Tochter einen Wunsch ab? Das machte er doch nie. Ich entdeckte ihn in einem der Sitzsäcke, wie er einen der Teller auf seinen Knien balancierte. Das hatte Carmen also nur falsch verstanden, er war gerade beim Essen. Das beruhigte mich. „Na klar. Wir pflügen die hier im Sand unter", grinste Papa sofort die Kleine an und hielt ihr seine Hand zum Einschlagen hin. „Wird aber Zeit, dass du bald ein anderes Trikot bekommst, als das olle schwarz gelbe." Er zeigte mit angewidertem Gesicht auf den Stoff, in dem Carmen steckte und die nickte ganz wild. „Au ja, ich will ganz schnell zum VfL." Sie fing an zu lachen. „Das hat sich sogar gereimt. Ich will ganz schnell zum VfL. Ich will ganz....." Das war dann wohl ihr neuer Schlachtruf. „Menschenskinder Jungs, jetzt macht mal hier einen Abgang mit euren Zwergen. Hier wollen richtige Männer mit richtigen Kindern Volleyball spielen." Papa betrat das Spielfeld und machte eine scheuchende Handbewegung in Richtung Marco und den anderen Opa. Das sah total süß aus, wie die kleinen Mäuse in ihren Bodies bei den beiden Männern im Arm saßen und ihr kleinen Füßchen durch den Sand streiften. „Ich habe hier überall Sand aufschütten lassen, also müsst ihr kein Spielfeld blockieren." Wie? Papa hatte hier überall Sand aufschütten lassen? Ich schaute irritiert zu Mama, die Papa auch grinsend beobachtet hatte. „Was hat Papa denn mit dieser Halle hier zu tun?" Sie lachte. „Na wenn Marco die Trampolinhalle hat, muss Papa doch auch etwas ebenbürtiges haben. Also hat er sich diese Beachvolleyball-Halle zugelegt." Nicht im Ernst. Das war ja echt cool. Ich hatte mich schon gewundert, warum die Familie Reus in Bochum feierte. Aber jetzt war mir das klar. Die beiden Männer waren grummelnd mit ihren Enkelinnen aufgestanden. „Wir sollten dringend ein Spielparadies für Babys eröffnen", knurrte Roman „Ja, so etwas gibt es noch überhaupt nicht", stimmte ihm Marco zu. „Da muss Sand rein und Wasser und...", fing er sofort zu brainstormen an, während die beiden Opas sich in Richtung der Chill Area entfernten. „Na da sind ja schon zwei am Planen. Ich sag dir Fußballer sind schon ein Schlag für sich." Mama schaute ihnen kopfschüttelnd hinterher. „Jawollo", brüllte Papa und hob Carmen in die Höhe. Scheinbar hatten sie wohl schon den ersten Punkt gemacht. „Ich geh mal etwas essen", informierte ich Mama und riss mich von dem neuen Dreamteam los. Vielleicht konnte ich mich ja ganz unauffällig mit einem Teller in der Hand an Andi ranpirschen. Der saß nämlich immer noch unverändert in seinem Sitzsack und stierte auf seinen Teller. Ja, das war doch eine günstige Gelegenheit wieder mit ihm ins Gespräch zu kommen und dann vielleicht ...... vielleicht ein paar Bälle zu versenken. Sagte man das beim Volleyball überhaupt so? Mir schoss Phils Spruch wieder durch den Kopf. Vielleicht konnte ich ja auch einfach ein bisschen baggern. Ich schmunzelte und belud mir meinen Teller mit leckerem Fingerfoodzeug. Ja, so Spießchen mit Tomate-Mozzarella und kleinen Fleischpflanzerl waren garantiert genau das Richtige für mich. Ich schaute zu Andi, der scheinbar gerade seinen Teller hypnotisierte. Perfekt, der Sitzsack neben ihm war noch frei. Schnell setzte ich mich in Bewegung, ehe mir da noch jemand zuvor kam. „Ach hier bist du ja, Sweetheart." Musste Nils eigentlich die ganze Halle beschallen? Und wieso tauchte er so plötzlich auf? Ich hatte nur noch zwei Meter bis zu Andi, der natürlich auch seinen Kopf erschrocken hoch riss. Kein Wunder, dass er gleich wieder finster schaute. „Hier ist ein süßer Cocktail für die noch süßere Maus." Nils streckte mir ein wunderschön dekoriertes Glas entgegen.  Das ... „Das ist lieb von dir", bedankte ich mich. „Lieb bin ich immer, mein zweiter Vorname ist aber auch" Er beute sich ganz dicht an mein Ohr. „Der Plan funktioniert perfekt. Der Adler kocht schon. Und du kicherst jetzt. Also hopp", flüsterte er mir zu. Welcher Adler? Egal, wenn ich kichern sollte, dann kicherte ich halt. Boah, das hörte sich ja gruselig an. So gekünstelt. Hilfe, was machte ich hier eigentlich? Mein Blick wanderte zu Andi, der bestimmt nur dasaß und sich mit der Hand vor den Kopf schlug. Nee, er saß gar nicht mehr da. Er war aufgesprungen und stürmte davon. Hatte Nils vielleicht wirklich recht und sein Plan funktionierte? „Siehst du, ich habe es doch gesagt." Nils grinste mich zufrieden an, nachdem auch er Andi hinterher geschaut hatte. „Der Kerl ist so was von heiß auf dich. Er muss nur noch gepflückt werden." Wie zum Beweis drehte sich Andi in unsere Richtung während er an der Bar anstand und sein Blick, der Nils traf, war mehr als nur ein bisschen sauer. „Dodo, kann ich dich bitte einmal kurz sprechen?" So wie sich das anhörte, war das keine Frage sondern eher ein Befehl. Was wollte Luca denn von mir und warum war er auch so..... so komisch? Ehe ich antworten konnte, zog er mich schon an meinem Arm mit sich und ich musste aufpassen, dass ich weder den Cocktail verplemperte noch eines von den leckeren Spießchen vom Teller verlor. „Was ziehst du hier gerade ab?" Luca blieb stehen und stützte seine Hände in seine Hüften. Ich zuckte mit den Schultern. Was meinte er denn damit? „Du lässt dich von diesem ich-bekomme-sie-alle-in-mein-Bett-Reusanova anbaggern und jetzt auch noch von Nils? Du weißt aber schon, dass der am anderen Ufer fischt. Wenn das alles nur ist, weil du den Schwaben eifersüchtig machen willst, dann lass es. Sei zufrieden, dass du den los bist." Das war ich ja auch. Lucas Blick wechselt auf besorgt. „Du musst hier keine verzweifelt Show abziehen. Der Richtige wartet auch noch auf dich." Er zog mich in seinen Arm und drückte mir einen Kuss auf den Scheitel. „Irgendwann kommt auch noch der Kerl, der es verdient hat dich zu bekommen." Irgendwann? Das hörte sich wie bei Winnetou an. So nach dem Motto noch viele Monde müssen über das Land gehen. Aber irgendwie war es auch süß, dass Luca so besorgt um mich war. Vielleicht hatte er ja recht und ich sollte diese Schmierenkomödie abbrechen. Nicht vielleicht! Er hatte definitiv recht. Das war doch Blödsinn und brachte sowieso nichts außer dass ich mich zur Lachnummer machte. Obwohl, ich dachte an Andis sauren Blick in Richtung Nils. So hatte ich ihn noch nie gesehen. Falsch! Doch, ich hatte ihn schon einmal so gesehen, als er die Brunzkachl aus der Wohnung geworfen hatte. Aber sonst war Andi immer fröhlich freundlich. Hatten wir den Bogen vielleicht überspannt?

Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt