Ich faltete das T-Shirt ordentlich zusammen und legte es auf den Stapel in den Wäschekorb. Mein Griff ging in den Wäschetrockner. Huch, da war ja noch etwas. Das hatte ich wohl ganz übersehen. Ich fischte das Teil heraus. Eine Boxershorts von Andi. Meine Nase wanderte ohne weiter zu Überlegen in den Stoff. Ich liebte den Duft von frisch gewaschener Wäsche und wenn sie noch vom Wäschetrockner eine gewisse Wärme abstrahlte. Das fühlte sich immer so angenehm an. Mein restliches Gesicht tauchte auch in den Stoff ein. Garantiert sah Andi darin total heiß aus, wenn sich dieses Teil über seinen Körper spannte und......man, wie gerne würde ich ihn darin live sehen. Und noch wie viel lieber würde ich ihn.....Vor meinen Augen tauchte ein Bild auf. Puh, das war total heiß. Mit meinem Zeigefinger fuhr ich an dem Bündchen entlang. Hör auf mit Andis Unterwäsche zu kuscheln, alarmierte mich mein Gehirn und ich zog mein Gesicht schnell zurück und stoppte mein Kopfkino abrupt, um das letzte Stück Wäsche schnell zusammenzulegen. „Was machst du denn da?" Mist, wo kam Andi denn auf einmal her? Und wieso dieser strenge Ton? Na wieso wohl?! Weil er dich beim Beschnüffeln und Kuscheln seiner Unterhosen erwischt hat. Verflucht, das war todespeinlich. Und mit Sicherheit sah man mir das auch an, so wie mein Gesicht brannte. Was sollte er denn von mir denken? Er musste mich doch für eine geistesgestörte Stalkerin halten, besonders nach der Sache mit der oiden Brunzkachl. Ich schloss meine Augen kurz und atmete tief durch. Gleich würde er mir erklären, dass ich hier verschwinden und mich nie wieder blicken lassen sollte. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen als ich mich zu ihm umdrehte. „Du bist doch hier nicht unser Hausmädchen, dass sich um alles kümmern muss." Mit schnellen Schritten war er bei mir und schnappte sich den fertigen Wäschekorb. „Du solltest lieber für dein Abi lernen." Erleichterung machte sich breit. Dann hatte er wohl glücklicherweise nichts von meiner Schnüffelattacke mitbekommen...... und Gott sei dank auch nichts von meinen nicht jugendfreien Gedanken. „Ich brauchte eine kurze Pause." Ja, irgendwie hatte ich etwas Abstand gebraucht. „Carmen schläft auch schon seit einer Stunde", informierte ich ihn noch schnell. Ich wusste ja, dass er sie am liebsten selbst ins Bett brachte und noch etwas mit ihr kuschelte. Er war wirklich ein absolut liebevoller Vater. Sofort flatterte es wieder in meinem Magen. Wie konnte man sich in so einen Mann nicht verlieben? „Vielleicht kann ich dir ja beim Lernen helfen? Ich habe ja vor ewigen Zeiten mein Abi auch mal gemacht." Dieses Angebot würde ich mit Sicherheit nicht ausschlagen, denn jede Minute, die ich mit Andi verbringen konnte, war ein Geschenk für mich, das ich niemals ausschlagen würde. Auch nicht, wenn ich mir sicher war, das mein Gehirn an alles mögliche denken würde, aber nicht ans Lernen. „Du hörst dich an als kämst du aus der Kaiserzeit und wärst uralt, dabei ist das doch noch gar nicht so lange her." Es war echt zum Haare raufen, dass er sich für einen alten Mann hielt. „Na ja, das ist jetzt fast dreizehn Jahre her. Das ist schon ewig. Als ich das Abi gemacht habe, bist du gerade in die Schule gekommen." Okay, die Einschulung war wirklich schon ewig her. Aber das hatte doch so nichts zu bedeuten. „An welchem Fach hängst du denn?", fragte er interessiert und lief die Treppen mit dem Wäschekorb unter dem Arm vor mir hoch. Mein Blick klebte an seinem Hintern und sofort waren meine Gedanken wieder bei der Boxer. Na super, oder anders gesagt, meine Konzentration war wieder am Arsch - im wahrsten Sinne des Wortes. „Also in Naturwissenschaft bin ich wirklich gut drauf", riss er mich aus meinen Gedanken. Ach ja, welches Fach, hatte Andi ja gefragt. „Deutsch", setzte ich ihn also schnell ins Bild und erntete ein Brummen. „War nicht gerade mein stärkstes Fach, aber für den Grundkurs wird es schon noch langen." „Leistungskurs", korrigierte ich ihn. „Was sonst", kam die gebrummte Antwort. Andi stellte den Wäschekorb auf dem Wohnzimmertisch ab. „Das räume ich morgen weg. Und jetzt mache ich uns erst einmal ein paar Sandwiches zur Stärkung und dann machen wir uns an Deutsch." Hatte er Stärkung gesagt? Begeistert folgte ich ihm in die Küche. „Um was geht es denn überhaupt?", fragte er mich und kramte die Sachen aus dem Kühlschrank. „Effie Briest" Meine Antwort fiel kurz aus, denn ich rannte lieber zur Hilfe, bevor das Gurkenglas ihm aus der Hand rutschen und auf dem Boden zerschellen konnte. Nicht, dass Carmen wieder wach wurde durch den Lärm. Ganz zu schweigen, dass es schade um die leckeren Gurken wäre. „War das nicht die, die mit dem Ex von ihrer Mutter verheiratet wurde und ihn dann mit genauso einem alten Knacker betrogen hat, den er im Duell abgeknallt und sie dann doch hat fallen lassen?" „Im Groben zusammengefasst. Ja, genau die." Ich musste Grinsen. Das war wirklich eine typische Zusammenfassung eines Mannes. Papa hätte das wahrscheinlich genau mit fast den gleichen Worten gemacht. „Was gibt es da so interessantes, dass man da eine Abiprüfung drüber schreiben kann?" Ich würde mal sagen eine Menge. „Also unsere Lehrerin hat uns den Tipp gegeben, dass wir alles aus dem sozialkritischen Blickpunkt im Vergleich zur heutigen Zeit vorbereiten sollten." „Da hat sich doch nichts geändert. Alter Kerl und junges Mädchen passt immer noch nicht zusammen. Ich verstehe sowieso nicht, warum sie nicht wenigstens mit einem Jüngeren dann fremdgegangen ist. Wahrscheinlich hatte sie einen Vaterkomplex", mutmaßte Andi. „Man hat doch nicht gleich einen Vaterkomplex, nur weil man sich in einen älteren Mann verliebt", konterte ich „Ich habe zu Beispiel einen tollen Vater und...." beinahe wäre mir die Wahrheit herausgeschossen, dass ich ihn ja auch liebte. Schnell kniff ich die Lippen zusammen. „Mika war ja auch nur ein Jahr älter als du", griff er den Faden sofort auf. „Aber bei mir wäre das schon etwas anderes. Ich bin ja fast doppelt so alt wie du. Da würden alle Leute von einem Vaterkomplex sprechen, egal wie cool dein Vater ist. So etwas kann einfach nicht funktionieren, weil der Ältere schon viel mehr Ballast mit sich herumschleppt. Deshalb war das auch von Anfang an zum Scheitern verurteilt." Ich winkte ab. „Das ist doch totaler Blödsinn. Das Funktionieren einer Beziehung hat doch nichts mit dem Alter zutun, sondern mit der Liebe, auf der alles basiert. Oder warum ist die Scheidungsrate bei gleichaltrigen Paaren so hoch? Es gibt doch genug Beispiele für Paare mit großem Altersunterschied, wo das sehr gut funktioniert hat." „Bei wem zum Beispiel?", unterbrach mich Andi. Ich überlegte kurz. „Richard Wagner, der war fast ein Vierteljahrhundert älter als seine Cosima." Im Geiste bedankte ich mich bei meiner alten Musiklehrerin, die auch immer ein bisschen Gossip mit einbrachte. „Aber war das eine glückliche Beziehung?" Andi schaute mich skeptisch an. „Oder Charlie Chaplin. Der war sogar noch viel älter und mit Sicherheit in einer glücklichen Beziehung, sonst hätten die beiden nicht acht Kinder gezeugt." Manchmal war es doch ganz gut, wenn man vor langer Weile während der Krankheit eine von diesen Quizshows schaute. Andis Gesicht wurde nachdenklich. „Also willst du sagen, dass du dich in mich verlieben könntest und wir dann bis in alle Ewigkeit glücklich würden." Da musste ich nicht lange überlegen. „Natürlich", schoss es sofort im Brustton der Überzeugung aus mir heraus. Außerdem könnte ich nicht nur, ich war schon. Das Ganze musste ich sofort untermauern. Jetzt oder nie, hörte ich einen Chor aus Tessas und Nils Stimme. Kurzentschlossen legte ich meine Arme um Andis Hals und drückte meine Lippen auf seine. Mist, was machte ich denn da? Und warum reagierte er nicht? Schnell zog ich mich zurück und sah in Andis aufgerissenen Augen. Er wischte sich mit seiner Hand durch den Nacken. „Hast du gerade einen Altersunterschied gemerkt?", versuchte ich das Ganze als einen Test herunterzuspielen bevor es echt peinlich wurde. Andi schüttelte wortlos seinen Kopf und starrte auf meine Lippen, die immer noch kribbelten. „Liebe kennt nämlich kein Alter, sondern nur Gefühle", setzte ich nach. „Ich glaube, du hast recht, aber..." Er brach ab und fuhr sich mit seinem Zeigefinger über seine Lippen. „....aber mir ist eingefallen, dass ich noch etwas für die Agentur machen muss. Sorry." Abrupt drehte er sich um und verschwand aus der Küche. Verflucht, wieso hatte ich mich nicht bremsen können? Jetzt hatte ich ihn mit meiner Unüberlegtheit vertrieben. Scheiß doch auf Fontane. Ich würde mich einfach in mein Bett kuscheln und von dem träumen, was sein könnte.
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Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️
RomanceLucy kommt sich so langsam wie das letzte Einhorn vor. Alle ihre Freundinnen haben einen Freund, nur sie nicht. Und der Kerl für den sie schwärmt, sieht in ihr alles mögliche - die Babysitterin und die Tochter seiner Kollegin - aber nicht das, was s...