Kapitel 122

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Phil kam ins Zimmer gestürmt und schaute sich nervös um. „Was ist mit meinen beiden Nichten?" Was bitte hatte Tessa ihm geschrieben? Alli und Chrissi saugten unbeeindruckt von der Ankunft ihres Onkels an ihren Fläschchen weiter. „Mit den beiden ist alles okay", grinste Tessa ihn an. „Du hast doch aber geschrieben ich soll sofort kommen, weil meinen beiden Lieblingsfrauen dringend meine Hilfe brauchen." Seinen prüfenden Blick immer noch zwischen den beiden Babys in Tessas und meinem Arm hin und her wandernd, ließ er sich in den Sessel uns gegenüber plumpsen. „Ich meinte nicht die Windelpupse, sondern Lucy und mich", klärte sie ihn auf und legte sich Alli über die Schulter. Sofort ertönte ein heftiges Bäuerchen. „Manno, was machst du mit ihnen? Die explodieren ja fast." Phil schaute sie kopfschüttelnd an. „Wir mussten halt die Löcher im Sauger vergrößern, weil sie sonst nur gequengelt haben." Tessa zuckte ungerührt mit den Schultern „Ab nächster Woche versuchen wir es dann mal mit Brei."  „Verfressen wir ihre Mutter", brummte der Onkel. „So, dann haut raus, wobei ich euch so dringend helfen soll." Er schaute uns neugierig an. „Was muss eine Frau haben oder machen, damit du auf sie aufmerksam wirst und sie haben willst", knallte ihm Tessa die alles bewegende Frage vor den Latz. „Ach ja, ich frage für eine Freundin", setzte sie gackernd nach. Manno! Das war ein verflucht ernstes Thema. Sie sollte das nicht so ins Lächerliche ziehen. Phil schaute uns misstrauisch an „Ist das eine Fangfrage?" Ich schüttelte schnell den Kopf. „Nee, ist nur eine Evaluation über Sexualverhalten in verschiedenen Altersgruppen. Bio Leistungskurs." Wirklich schien ihn das nicht zu überzeugen. „Und ihr seid die Fachleute, die das bewerten?" Manno, warum hatte ich vergessen, dass er schon fast ein abgeschlossenes Medizinstudium hatte? „Okay, also ich stehe auf riesige Tit...." Seine Augen wanderten zu Chrissi und Alli. „ähm auf riesige weibliche sekundäre Geschlechtsmerkmale", korrigierte er sich schnell. „Boah, was hatte ich auch anderes erwartet.", stöhnte Tessa leicht genervt. „Dir kommt es also nur auf die Möpse an?" Phil schüttelte empört den Kopf. „Nein, natürlich auch auf gute körperliche Verfassung und Beweglichkeit und einen anpassungsfähigen Charakter."  „Also große Möpse mit Erfahrung und willig, fasse ich mal zusammen." Das passte jedenfalls überhaupt nicht zu mir. Schon alleine mein Vorbau war nicht gerade überdurchschnittlich und von Erfahrung konnte ja mal so gar keine Rede sein. Deprimiert ließ ich meinen Kopf hängen. „Andi sieht das garantiert ganz anders." Tessa strich mir tröstend mit ihrer Hand über den Rücken. „Andi? Hah, ich wusste doch, dass da was ganz anderes hinter steckt, wenn meine Schwester sich für mein Liebesleben interessiert." Na bravo. Ich spürte mal wieder diese Hitze in meinem Kopf. Eigentlich lohnte es sich doch gar nicht mehr für mein Blut auch noch an andere Stellen, als in meine Wangen zu fließen, sooft wie es für mich peinlich wurde. „Man ja", brummte Tessa „Wir wollen Andi für Lucy klarmachen." Instinktiv spürte ich Phils Blick auf mir und hob meinen Kopf. Manno, warum starrte der mich denn so ungläubig an. „Der ist aber schon nicht mehr so ganz taufrisch und eine Tochter hat er auch", gab er sofort zu Bedenken. „Er ist gerade einmal 12 Jahre und..." Tessas Blick wanderte wieder zu mir „und 345 Tage", half ich ihr aus. „älter als sie. Also völlig zu vernachlässigen", winkte Tessa lässig ab. „Und ja das mit Carmen wissen wir auch. Jetzt sag uns lieber, wie wir den Angelhaken auswerfen können." Phil zuckte mit den Schultern. „Vielleicht den Rücken mit Rheumasalbe einreiben." Tessa schüttelte sauer den Kopf „Manno, du bist ja genauso unbrauchbar wie Leo." „Na was habt ihr ein Glück, dass der liebe Onkel Nils gerade rechtzeitig da ist, bevor dieser ahnungslose Jungspund noch mehr Blech erzählt." Sein Blick ging zu Phil. „Ich bin nicht ahnungslos. Ich hatte mit Sicherheit schon mehr Weiber als du", schnaubte der empört. „Das ist sogar mehr als wahrscheinlich, selbst wenn du nur eins hattest. Meine Präferenz liegt da ja mehr auf dem männlichen Geschlecht. Gerade deshalb weiß ich, auf was Männer in meinem Alter stehen", zwinkerte er Phil schmunzelnd zu. „Hallo Tessa-Maus, hallo Lucy-Maus" Wir wurden beide mit einem Küsschen auf die Wange begrüßt. Wo kam denn auf einmal Nils her? Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass es an der Tür geklingelt hatte. „Wo sind denn meine beiden Engelchen." Er nahm Tessa Alli ab und begann die Kleine zu knuddeln. Sofort ertönte ein leises Glucksen. „Ja, der Onkel Nils mag alle seine Mädchen." Nase rümpfend schaute er zu Tessa. „Sie sollte sich aber unbedingt ein anderes Parfum zulegen."  „Ich geh sie schon wickeln", bot sich der Papa sofort an. „Tu das und ich kümmere mich um unseren Problemfall." „Ich bin kein Problemfall", schoss es mir sauer heraus. Nils winkte sofort ab „Du warst ja auch gar nicht gemeint, sondern Andi. Wenn ich an den gruseligen Frauengeschmack denke, den er erst bewiesen hat." Er schüttelte sich „Und wenn er dann nicht so eine süße Maus wie dich wahrnimmt, dann hat er ein ziemlich großes Problem. Aber glücklicherweise war ja Leo weitsichtig genug mich anzurufen." Wie? Leo hatte ihn angerufen? „Du hast was?" Tessa schaute ihren Mann mit großen Augen an, als er kam, um auch Chrissi zum Wickeln abzuholen. „Sorry, ich dachte .... ähm na ja Nils...", stotterte er und blickte mich unsicher an. „Danke", formte ich lautlos mit meinen Lippen. „Das war genial, mein Erpel", lobte Tessa ihren Mann. Zufrieden grinsend verließ er mit seiner Tochter das Zimmer. Ja, das war wirklich genial, denn Nils konnte mir garantiert helfen. „So, dann bringt mich aber erst einmal auf den aktuellen Ist-Stand." Noch bevor ich überhaupt den Mund aufbekam, hatte Tessa alles zusammengefasst. Joa, all zu viel war es ja auch nicht. „Na da lässt sich doch mit arbeiten. Wir sind also noch in keine Richtung festgelegt." Das war ja mal eine positive Umschreibung für die Aussage, wir fangen also bei Null an. „Also Männer in meinem jungen Alter", sein Blick wanderte zu Phil, der nur grunzte „legen Wert auf eine liebevolle Umgebung, besonders, wenn da noch ein Kind im Spiel ist. Unser erster Schritt ist es die Grundlage zu schaffen, um dann gekonnt zuzuschlagen. Und als Zwischenschritt machen wir uns noch unentbehrlich." Musste ich das verstehen? Scheinbar sah ich ziemlich unterbelichtet aus, denn Nils legte seinen Arm um meine Schulter. „Lucy-Maus, du hilfst ihm dabei eure zukünftige Liebeshöhle liebevoll und familiär einzurichten. Du weißt schon so mit Deko und dem Ganzen, was diese Heteromänner immer nicht hinbekommen, aber fürchterlich vermissen, wenn es nicht da ist." Ich war zwar noch nie in seiner Wohnung, aber wahrscheinlich konnte man die Fotos davon unbearbeitet in jedem Schöner-Wohnen-Magazin abdrucken. „Und vergiss nicht die vorbildliche Hausfrau und Mutter zu geben. Damit kochen wir ihn weich." Okay, das hörte sich gar nicht so schwer an. Ich spürte etwas Hoffnung in mir aufkeimen „Und dann schlagen wir mit deinen wirklichen Reizen zu, Roar." Er imitierte mit seiner Hand eine Löwenpranke. Ich schaute zu Tessa, die grinste und zu Phil, der etwas angewidert schaute. Also dieses Roar-Ding ließ meine gerade aufgekeimte Hoffnung sofort wieder zerbröseln. Ich hatte doch überhaupt keine Reize. Verflucht, nicht einmal Mika hatte da irgendwelche Versuche gestartet. Und wenn ich es noch nicht einmal schaffte einen gerade entwachsenen Teenager ins Bett zu locken. Wie sollte ich es dann erst bei einem erwachsenen Mann hinbekommen. „Ich muss ja auch noch Mika klarmachen, dass wir nicht mehr zusammen sind", deprimiert ließ ich wieder meinen Kopf hängen. „Schreib ihm einfach eine SMS", winkte Nils ab. „Das ist zwar nicht stilvoll, aber wir haben wichtigere Dinge in Angriff zu nehmen." „Oder du gehst gleich rüber und knallst ihm das vor den Latz. Die sind nämlich gerade aus der Schweiz angekommen, als ich zu euch gelaufen bin", warf Phil ein. Jetzt, sofort? Ich hatte doch noch gar keinen Plan, was ich da sagen sollte. „Sag ihm einfach, es passt nicht und fertig. Kurz und schmerzlos." Tessa hatte leicht reden. Sie musste sich ja auch nicht ihm gegenüberstellen. Ehe ich mich versah, reichte sie mir meine Jacke und schob mich aus der Tür. Ich schaute zu dem Haus von Mikas Eltern, das hell erleuchtet war. Ja, sie waren wohl definitiv da. Mein Herz rutschte mir bis in meine Stiefel und ich versuchte mir in meinem Hirn einen Satz zurecht zu legen. Verflucht, warum war erwachsen werden eigentlich so schwer?

Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt