Kapitel 58

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„Wo sind die denn alle?" Franzi trat zusammen mit mir aus der Tür vom Standesamt. Ich schaute mich auch auf dem Platz um. Von Max, Leo, Marco und den anderen war hier weit und breit nichts zu sehen. „Mama, Mama", Stella, Luna und Benny kamen auf uns zugestürmt. „Sind wir zum Reiswerfen zu spät?" Luna schaute sich besorgt um „Oder kommen die beiden gleich?" In Stellas Augen blitzte Hoffnung auf, als sich die Tür des Standesamts wieder öffnete und meine Mama herauskam. „Mika, ist voll gekrochen wie eine Schnecke", maulte Benny mit einem finsteren Blick hinter sich, wo Mika gerade vom Parkplatz gelaufen kam und mir zuwinkte. Neben ihm lief Andi zusammen mit Dani, Carmen und Mariska, die Baby Lulu an der Hand hatte. „Sind die schon alle weg?" Mama gesellte sich zu uns und schaute sich fassungslos um. Ich zuckte mit den Achseln. „Wie weg?" Mika, der uns auch erreicht hatte, schaute sich leicht panisch um. „Aber.....aber die Hochzeit kann doch noch gar nicht... und es war doch verabredet, dass.....die Kleinen freuen sich doch auf das Reiswerfen......und es war nur ein kleiner Stau auf der Wittbräucker......" Er schaute schnell auf die Uhr an seinem Handgelenk. „Wir sind noch pünktlich." Erleichterung zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. „Die Autos sind ja auch noch alle auf dem Parkplatz, also konnten sie doch gar nicht weg sein." Andis ruhige Stimme war das totale Gegenteil von Mikas aufgeregtem Gestotter. „Die Hochzeit lief etwas anders als geplant", setzte ich zu einer Erklärung an, als ich Max aus dem kleinen Park neben dem Standesamt gerannt kommen sah. Er bremste vor uns ab und stützte seine Hände auf den Oberschenkeln ab. „Leo ist weg", hechelte er vollkommen außer Atem. Eine riesige Ladung Reis ergoß sich über ihm. „Stop, stop, stop!" Andi hob seine Hände „Reis wird nur auf Leo und Max zusammen geworfen. Das bringt sonst Unglück." Sofort hielten die Kids inne. „Und was heißt hier Leo ist weg?", wandte er sich an Max, der wie ein getretener Hundewelpe aussah. „Sie ist weggelaufen und wir finden sie nicht." Nach und nach kamen aus allen Richtungen auch die anderen Erwachsenen. „Habt ihr sie auch nicht gefunden?" Franzi wandte sich an ihren Mann, der seinen Kopf schüttelte und sauer zu Phil, Tessa und Leonard starrte, die gerade aus der Tür des Standesamtes kamen. „Was machen wir denn jetzt?" Max Verzweiflung war nicht zu übersehen. Das laute Signalhorn einer Feuerwehr, die auf der Straße neben uns vorbei rauschte, übertönte alles. Jasi war schlagartig kalkbleich „Was ist, wenn ihr etwas passiert ist?" Franzi ging zu ihr und zog sie in ihren Arm. „Ihr ist nichts passiert und ihr wird auch nichts passieren. Wahrscheinlich hat sie sich einfach ein Taxi genommen und ist nach Hause gefahren." „Wenn, ist es meine Schuld. Ich bin mit den blöden Schuhen....", Sie starrte auf ihre hochhackigen Schuhe. „Einfach nicht so schnell die Treppe runtergekommen. Und als ich raus bin, war sie schon nirgends mehr zu sehen." „Wenn ist das alles die ihre Schuld..... mit ihrer hinterhältigen Geheimniskrämerei." Marco zeigte mit seinem Finger auf seine Tochter, seinen Schwiegersohn und Sohn. Manno, war der fuchsig. „Schuldzuweisungen helfen hier keinem weiter", versuchte Andi die Gemüter zu beruhigen. „Was ist denn überhaupt passiert?" Schnell gab ich ihm eine Kurzzusammenfassung. „Was?" Mika, der auch neben uns stand, schnappte schockiert nach Luft. „Dann sind die beiden jetzt gar nicht verheiratet?" „Doch, das ganze ist erst nach dem Ja-Wort passiert und damit ist die Ehe schon gültig", klärte ich ihn auf.  Wieder schien er erleichtert, ehe sein Gesicht erneut einen besorgten Zug annahm, als schon wieder eine Feuerwehr gefolgt von einem Polizeiauto an uns vorbeisauste. Oh mein Gott! Was, wenn Leo wirklich etwas passiert war. Ich zog mein Handy aus der Tasche.  „Sie geht nich ran. Hab ick och schon versucht." Leos Opa hatte das wohl falsch interpretiert. Ich wollte Leo nicht anrufen. Eigentlich wollte ich..... „Also, ich würde sagen Phil, Tessa, Leo und Max fahren zu uns nach Hause und schauen da. Und wir anderen fahren in das Restaurant, wo wir die Tische bestellt haben. An einem der beiden Orte wird sich Leo bestimmt anfinden." Alle nickten auf Franzis Ansage.  „Es kann nichts schaden, wenn sich die Gemüter etwas beruhigen." Marcos Mutter schaute ihren Sohn verwarnend an. „Außerdem wäre es ja auch schade um das bestellte Essen", sprang ihr Jasis Mutter zur Seite. Ich öffnete schnell meine Horoskop-App. Leo war doch Fisch. Vielleicht verriet ja ihr Horoskop etwas......Schnell tippte ich auf das Sternzeichen und begann zu lesen. Manchmal muss man auf einen Berg steigen, um im Spiegelbild des Sees die Lösung zu finden.  Berg und See? Vielleicht war das ja ein Hinweis auf ihren Aufenthaltsort. Verflucht, wo war hier ein Berg und ein See? Keine Ahnung. Mir fiel sofort der Walchensee ein. Wie oft war ich mit Oma da in den Bergen herumgeklettert und hatte auf das türkisfarbene Wasser hinuntergeschaut. Ja, den konnte ich aber definitiv ausschließen. Da war Leo garantiert nicht. „Mensch Dodo, wo bleibst du denn?" Papa stand am Auto und trommelte mit seinen Händen auf dem Dach herum. Ich starrte wieder auf das Handy in meiner Hand. „Komme gleich", rief ich Papa zu und lief schnell zu Mika, der neben Andi stand und scheinbar absprach, wer welche Kinder mitnahm. „Weißt du, wo hier in der Nähe ein Berg und ein See ist?" Mika starrte mich an, als hätte ich nicht mehr alle Socken auf der Leine, ehe er mit den Schultern zuckte „Keine Ahnung. Hier gibt es doch überall irgendwelche Halden und Seen." Er zuckte mit seinen Schultern. „Wieso fragst du das gerade jetzt? Hat das nicht Zeit bis später?" Ich schüttelte den Kopf. „In Leos Horoskop steht..." Mika stoppte mich mit einer Handbewegung „Du glaubst doch nicht etwa solchen Müll, den irgend ein Praktikant zusammenfantasiert." Doch, ich glaubte diesen Müll, der kein Müll war. „Was steht denn in Leos Horoskop?" Andi musterte mich interessiert, während Mika nur den Kopf schüttelt. Schnell las ich vor, was immer noch auf meinem Display stand. „Einen Versuch ist es wert. Nimm du die Kinder mit und verteile sie noch auf die anderen Autos", wandte sich Andi an Mika, ehe er sich wieder zu mir drehte. „Komm, und wir fahren zusammen suchen. Hier ganz in der Nähe ist nämlich der Phönixsee und der hat auch einen Berg. Da kommt sie auch zu Fuß hin." Er griff meine Hand und zog mich zu seinem Auto. „Wir kommen nach. Ich habe vielleicht eine Idee, wo Leo sein könnte", rief ich Papa noch zu, der uns über das Autodach hinweg anstarrte und nickte. Ich ließ mich in den Beifahrersitz gleiten und schnallte mich an. Wieder ertönten mehrere Sirenen. Verflucht, was war denn da los? Mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Hoffentlich war Leo nichts passiert. Das würde ich mir nie verzeihen, schließlich war ich doch auch einer von den hinterhältigen Geheimniskrämern, wie Marco es vorhin genannt hatte, die an ihrem Verschwinden schuld waren. Schnell schickte ich ein Stoßgebet in den blauen Himmel über uns. Bitte, lieber Gott lasse Leo nichts passiert sein und bitte lasse sie mich finden. Dafür wäre ich für jedes Opfer bereit.

Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt