Wieso bitte schlief sie um diese Zeit noch? Hatte sie keine Uni? War das der Grund, warum Luca in letzter Zeit kaum noch hier war? Weil Maja lieber das süße Studentenleben genoss, als sich um das Studium zu kümmern? Also soweit kannte ich meinen Bruder. Wenn sie nicht gerade wie er die halbe Nacht gelernt hatte, war sein Verständnis dafür, dass sie um fast zehn Uhr noch im Bett lag, wohl eher limitiert. „Was willst du denn hier? Hat dich Luca geschickt?" Beim Namen meines Bruders hörte sich ihre Stimme ziemlich zickig an. Verflucht, was hatte der Erbsenzähler verbrochen? Das hörte sich nicht nur danach an, als hätte er genörgelt. Nee, das hörte sich ziemlich sauer auf ihn an. „Nein, der weiß nicht einmal, dass ich hier bin. Ich habe nur Mama zur Arbeit gefahren und dachte ich besuche dich mal. Wir haben uns ja schon lange nicht mehr gesehen." Maja grinste plötzlich. „Ja, seit du nur noch bei Andi bist." Erleichtert atmete ich auf, dass sie nicht misstrauisch war. „Du musst mir unbedingt erzählen, wie das so mit dem Altersunterschied kommt." Oh oh, nein, das musste ich nicht. Ich war aus einem ganz anderen Grund hier. Und der hieß nicht Andi und Lucy, sondern Maja und Luca. „Musst du noch zur Uni?" So wie sie im Bett gammelte, schloss ich das eher aus. „Oder hast du Zeit?" Ihr Grinsen wurde noch breiter. „Ich habe Zeit." Mit einem Schwung sprang sie aus dem Bett. „Ich mache mich schnell fertig und dann können wir ja zusammen ins Café Lotte zum Frühstücken. Was meinst du?" Ich nickte schnell. Ja, eine lockere Umgebung brachte mich bestimmt weiter dem Problem auf die Spur. Während Maja im Bad verschwunden war, ließ ich mich auf ihren Schreibtischstuhl gleiten. Mein Blick fiel auf ein Schreiben der Universität. Schnell überflog ich die ersten Zeilen. „Du willst den Studiengang wechseln?" Ich schaute Maja verwundert an, als sie mit nassen Haaren wieder ins Zimmer kam. Das gefiel dem Erbsenzähler garantiert überhaupt nicht. Da war ich doch bestimmt gerade auf den Stolperstein gestoßen, der die Probleme bei den beiden verursachte. Ich musste nur noch herausbekommen, ob es noch mehr davon gab. Sofort fiel mir Mika wieder ein. Nee, so weit würde ich es nicht kommen lassen, dass der überhaupt eine Chance hatte, den beiden wirklich in die Suppe zu spucken. Der sollte mal schön in Berlin irgendwelche Studentinnen verarschen und seine Finger von Maja lassen. Die gehörte zu Luca. „Von wollen kann nicht wirklich die Rede sein." Sie schaute mich niedergeschlagen an. „Ich habe schon zweimal eine Prüfung verkackt und wenn mir das noch einmal passiert, bin ich für den Studiengang sowieso deutschlandweit gesperrt." Was? So etwas gab es? „Aber wieso?" Eigentlich eine ziemlich blöde Frage. Wieso verkackte man Prüfungen wohl. „Ich komme einfach mit dem ganzen Mathekram nicht hin. In den Kursen müssen wir lauter so blöde Beweise führen. Wer soll denn so etwas können?" Mathe und Beweise? Boah, da war ich ganz bei ihr. So etwas konnte niemand, der nicht total irre im Kopf war. „Und Luca macht mir auch ständig Druck, dass ich lernen soll. Aber wenn ich dann lerne, blockiere ich total und weiß überhaupt nichts mehr. Mir wird das gerade alles viel zu viel. Ich weiß echt nicht mehr, wo vorne und hinten ist und jetzt stehen wieder Prüfungen an, obwohl ich die anderen noch nicht einmal bestanden habe", platzte es verzweifelt aus ihr heraus. „Und deshalb gehst du lieber gar nicht erst zur Uni?" Ich deutete auf ihr immer noch zerwühltes Bett. Sie nickte. „Ich komme mir da so fehl am Platz vor. Alle anderen haben scheinbar überhaupt keine Probleme, nur ich." So wie sie aussah, war ihr Selbstbewusstsein ziemlich im Keller.„Hast du denn da keinen Kommilitonen, mit dem du vielleicht zusammen lernen kannst und der dir das erklärt?" Luca traf sich ja auch manchmal mit irgendwelchen Leuten in einer Lerngruppe. Maja schüttelte den Kopf. „Irgendwie sind die auch alle voll komisch. So nerdig. Und wenn die sich unterhalten, habe ich das Gefühl, die sprechen eine Fremdsprache, die ich nicht verstehe. Ich habe mir das mit Informatik total anders vorgestellt. Vielleicht sollte ich auch einfach Wirtschaftswissenschaften wie Luca machen. Das scheint ja einfach zu sein. Er rechnet mir ja ständig vor, wie viele Creditpoints er schon hat und wie wenige ich." Ja, das konnte ich mir gut vorstellen. Allerdings musste man ihm auch zugestehen, dass er sich wirklich voll da reinhängte. Also ich bezweifelte, dass sein Erfolg nur etwas mir einfacher zutun hatte, sondern eher mit seinem Ehrgeiz und Arbeitsaufwand. „Und du willst wirklich auf Wirtschaft umschwenken?" Sie schüttelte den Kopf „Wie gesagt, von wollen kann nicht die Rede sein. Außer du kennst ein totales Mathegenie, das mich rettet und ein Vermögen verdienen will. Ich bin echt total unfähig." Mathegenie?! Momentmal, Genia hatte doch einen Masterabschluss in Mathematik und Geld konnte sie garantiert gebrauchen. Das war gar keine Frage. Okay, den Abschluss hatte sie vor einer Ewigkeit gemacht. Aber an Mathe änderte sich ja nichts. Da gab es keine neuen Regeln oder Gesetze oder so. Höchstens die Frage, wie viel von dem Ganzen bei ihr noch hängen geblieben war. „Du ich glaube ich habe da eine Idee, wer dir helfen könnte." Wenn das klappte war jedenfalls beiden damit geholfen. „Echt?" Maja schaute mich verwundert, aber hoffnungsvoll an. „Ja, einen Versuch ist es wert. Los zieh dich an. Wir schauen mal, ob das mit euch beiden funktioniert." Ich wusste ja, dass Genia heute zu Hause war. Also würde ich einfach mit Maja bei ihr vorbeifahren. Das musste einfach funktionieren. Und wenn dann das Studium wieder lief, lief es auch mit ihr und dem Erbsenzähler wieder.„Wir wollten aber frühstücken gehen. Ich habe nämlich Hunger. Wir können uns ja später um die Nachhilfe kümmern. Das wird ja sowieso nichts", meldete sie ihren Protest an. Kein Wunder, dass Luca da ab und zu etwas sauer war, wenn sie ständig Ausreden fand. Aber scheinbar war sie schon so demotiviert, dass unbedingt etwas passieren musste. „Wir nehmen Frühstück mit zu meiner Freundin und dann könnt ihr das gleich klären", blockte ich die Einwände. Boah, hatte ich Genia gerade wirklich meine Freundin genannt? Ja, hatte ich. Es fühlte sich nämlich mittlerweile so an.
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Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️
RomanceLucy kommt sich so langsam wie das letzte Einhorn vor. Alle ihre Freundinnen haben einen Freund, nur sie nicht. Und der Kerl für den sie schwärmt, sieht in ihr alles mögliche - die Babysitterin und die Tochter seiner Kollegin - aber nicht das, was s...