„Das war total cool." Ich sprang aus der großen Pistenraupe direkt in Andis Arme. „Ich wollte schon immer einmal dabei helfen die Piste für den nächsten Tag zu präparieren." Ja, das hatte ich mir schon immer gewünscht. Und Andi hatte mich damit überrascht, dass wir mit so einem Teil mitfahren konnten. Ich durfte sogar kurzzeitig unter Anleitung die Steuerung übernehmen. „Und was machen wir jetzt?" Vielleicht hatte er ja auch noch einen Helikopterflug oder einen Flug zum Mond geplant. Ich musste grinsen. Klar, war das total übertrieben, aber das war dieser ganze Ausflug mit den Überraschungen auch. Obwohl nicht übertrieben, sondern der absoluter Wahnsinn traf es genauer. Es war fast so, als hätte Andi in mein Hirn geschaut und sämtliche Wunschträume dort entdeckt. Man, als er gesagt hatte, dass wir jetzt etwas durch die Gegend fahren, hatte ich echt befürchtet, dass er mit so einer blöden Pferdekutsche einen Ausflug macht. Die meisten lieben es ja mit einem Fiaker von den Pferden durch den Schnee gezogen zu werden. Das leise Schnaufen der Pferde in der verschneiten Landschaft ist ja so romantisch, hört man immer wieder. Was ist daran romantisch, wenn die Viecher schnaufen? Was ist daran romantisch, wenn sie sich anstrengen müssen, um so ein blödes Teil zu ziehen, weil wie faulen Säcke darin herumsitzen, anstatt selbst zu laufen? Gut, die Pistenraupe ist vielleicht auch nicht wirklich romantisch - obwohl ich ziemlich an Andi gequetscht dort drinnen gesessen hatte - aber sie war total interessant. „Jetzt wird etwas Schönes gegessen und dann lassen wir den Abend vor dem Kamin ausklingen." Andi legte seinen Arm um meine Schulter und ich kuschelte mich an ihn. Essen hörte sich mega an. Mein Magen applaudierte sofort und gab Begeisterungsrufe in Form von lautem Knurren von sich. „Wo willst du hin?" Andi stoppte mich, als ich mich in Richtung des Hauptgebäudes aufmachte. „Ähm na ja, du hast gesagt wir gehen jetzt etwas essen." Ich schaute ihn unsicher an. Wollte er im Chalet essen? Da hatte ich aber überhaupt keine Küche gesehen? Abgesehen davon, dass wir keine Lebensmittel besorgt hatten. Und ehrlich gesagt, war ich mir auch absolut sicher, dass das Essen hier mit zur Verpflegung gehörte. Schließlich hatten wir ja auch hier gefrühstückt. So oben am Berg konnte man ja schlecht mal eben in irgendein Restaurant marschieren, wenn der Lift abgeschaltet war, saß man ja hier oben fest.„Was hältst du von den Südtiroler Stub'n? Ich habe gehört, die sollen hier den besten Apfelstrudel in der Gegend haben." Hatte er Apfelstrudel gesagt? Ich schaute Andi begeistert an. Und dann kam die Ernüchterung. „Die sind doch aber da unten." Mein Blick ging in das Tal hinunter, wo überall helle Lichter leuchteten. Andi nickte. Ja super. Und wie stellte er sich das vor? Sollten wir da hinwandern oder wie? Hier konnten wir uns nicht einfach in sein Auto setzen und da hinfahren, wie in Bochum. Nee, das parkte nämlich unten im Ort auf dem Hotelparkplatz und wartete dort auf uns bis wir morgen Abend wieder zurück nach München fuhren. Wie auf Befehl klingelte mein Handy, Verflucht, hoffentlich war das nicht meine Oma, weil etwas mit Carmen war. Ich starrte auf mein Handy. Mist, es war meine Oma. „Ja?", nahm ich den Anruf schnell an und hörte lautes Gekicher. Genaugenommen Carmens Gekicher. Erleichtert atmete ich auf, denn wenn sie so ausgelassen sich amüsierte, konnte es ihr nicht schlecht gehen, außer sie stand unter Lachgas, aber das schloss ich einfach einmal aus. „Hallo Lucy, ich bin mit der Oma Valentina beim Trachtenabend. Das ist voll lustig. Ich will auch zum Schuhplattln. Meinst du, man kann das auch in Bochum machen? Ich brauche unbedingt eine Lederhose." Die Kleine plapperte aufgeregt weiter und ließ mich gar nicht zu Wort kommen. „Die machen hier auch in einer großen Pfanne Eierkuchen während sie plattln." „Kaiserschmarrn.", hörte ich im Hintergrund die Stimme meiner Oma. Bei dem Wort knurrte sofort wieder mein Magen. „Und was habt ihr heute gemacht? Seid ihr schon im Bett?" „Nee, wir wollten gerade essen gehen. Wir waren den ganzen Tag Skilaufen. Und zu Weihnachten fahren wir mit dir zusammen hierher und dann lernst du das auch." Ups, hoffentlich hatte Andi sie damit nicht überraschen wollen. So wie er schmunzelte aber wohl nicht. „Oma, ich lerne auch Skifahren", ertönte ein schriller Aufschrei und ich nahm das Handy ein Stück vom Ohr. Irgendwie hing ich an meinem Hörsinn. „Na, ist sie gerade vor Freude geplatzt?", zwinkerte Andi mir zu. Ich nickte und stellte auf Lautsprecher um, damit er mithören konnte. Warum hatte ich das eigentlich nicht gleich gemacht? Ein lauter Jodler war zu hören, der eindeutig von Carmen stammte. Also an ihr war wirklich eine passable Bayerin verloren gegangen. „Lucy, wir können aber zu Weihnachten gar nicht wegfahren." Wieso klang sie denn auf einmal so enttäuscht? „Klar, können wir das, Flipper.", tröstete Andi seine Tochter sofort. „Ich bekomme da schon frei. Das wird kein Problem. Und vielleicht können Oma Valentina und Opa Korbinian ja auch mit uns zusammen in die Berge verreisen." „Echt?" Wirklich überzeugt klang anders. Mir kam es vor als kämpfte sie gerade irgendwie mit sich selbst. Da war doch noch irgendetwas, denn eigentlich hatte sie sich doch riesig gefreut. „Aber Papa, wie soll der Osterhase denn dann dem Weihnachtsmann die Babys für Lucy ausliefern. Der findet uns dann doch gar nicht." Andi riss seine Augen auf und ich verschluckte mich vor Schreck. Hätte Gina an Osten nicht einfach ihre Klappe halten können? „Des Christkindl finds jeda. Und des hoast ned des dees heuer scho ausliefert werd", griff meine Oma ein, die scheinbar auch auf Lautsprecher gestellt hatte, denn die Musik im Hintergrund war lauter geworden. „So und ihr zwoa machts eu no a scheene Zeit. Servus." „Ja, Servus. Ich bekomme gerade Kaiserschmarrn", quietschte Carmen begeistert. Damit war der Anruf spontan beendet. „Na, so lange der Kaiserschmarrn wichtiger ist, brauchen wir uns wohl noch nicht für die Bescherung anstrengen.", grinste Andi. Ich boxte ihn in die Seite. Das war überhaupt nicht lustig. „Nein, Luz, ganz ehrlich. Natürlich kann ich mir irgendwann sehr gut ein Kind mit dir vorstellen. Aber eben irgendwann. Du bist sehr jung und hast erst einmal dein Abi und deine Ausbildung vor dir. Außerdem sind wir auch noch nicht so lange zusammen...." Er drückte mir einen Kuss auf meine Stirn. „... was nicht heißt, dass ich irgendwelche Zweifel habe, dass wir das ab jetzt nicht für immer sind. Aber genau deshalb haben wir auch noch alle Zeit der Welt und das werde ich auch wenn wir Zuhause sind Carmen erklären." Erleichtert atmete ich auf, dass Andi das so sah. „So, und jetzt fahren wir mit dem Skidoo ins Tal und gehen in die Südtiroler Stubn Apfelstrudl essen." Hatte Andi eben Skidoo gesagt? Das war auch wieder so eine Sache, die ich mir schon immer gewünscht hatte. So langsam wurde er mir echt unheimlich.
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Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️
RomanceLucy kommt sich so langsam wie das letzte Einhorn vor. Alle ihre Freundinnen haben einen Freund, nur sie nicht. Und der Kerl für den sie schwärmt, sieht in ihr alles mögliche - die Babysitterin und die Tochter seiner Kollegin - aber nicht das, was s...