Kapitel 20

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Mein Handy gab einen Signalton von sich. Erschrocken öffnete ich die Augen. Verflucht, wie spät war es denn schon? Klar, war es gestern relativ spät geworden, ehe wir die Kinder im Bett hatten. Carmen hatte mich erst nach einer kleinen Kuschelrunde und einer Gute-Nacht-Geschichte gehen lassen. Trotzdem war ich um 23 Uhr zu Hause in meinem Bett gewesen. Ganz im Gegensatz zu Andi, der immer noch durch Abwesenheit geglänzt hatte, als ich gegangen war. Ich würde ja zu gerne wissen, wo und mit wem er sich getroffen hatte. Und noch viel mehr, wieso gerade im Urlaub. Das war doch eigentlich seine Carmen-Zeit. Vielleicht hatte er ja durch Zufall einen alten Kommilitonen auf dem Flughafen getroffen und sie hatten sich verabredet, um in den alten Zeiten zu schwelgen. Oh man, das hörte sich ja an, als wäre er ein alter Opa an der Schwelle zum Altersheim. Nee, das war er absolut nicht, sondern eher .......heiß und gar nicht zu alt, sondern genau im richtigen Alter. Aber bestimmt hatte er sich wirklich mit einem alten Bekannten getroffen oder mit einem Kunden der Agentur. Hier auf Ibiza war ja um diese Zeit die Dichte an Fußballern höher als in jedem Fußballstadion. Egal wo man hinging, stolperte man über einem. Genau, Andi war bestimmt wegen des Jobs unterwegs. So wird es gewesen sein. Beruhigt atmete ich auf. Dann hatte er heute garantiert wieder Zeit und kümmerte sich um Carmen, was dann wiederum mich ins Spiel brachte. Perfekt. Entspannt schaute ich auf mein Handy. Es war wirklich schon nach 9 Uhr und ich hatte eine Push Nachricht von meiner Horoskop App bekommen. Da klickte ich doch sofort mal rauf. Es konnte nichts schaden, wenn man schon gleich früh wusste, was auf einen zukam.   Heute wird es für Sie Überraschungen regnen. Na das hörte sich doch super an. Gut gelaunt schwang ich meine Beine aus dem Bett und machte mich auf den Weg ins Bad. Das schöne an dem Urlaub auf Ibiza war ja, dass man sich nicht all zu viel Gedanken über Klamotten machen musste. Man brauchte nichts weiter als Badezeug. Jedenfalls morgens. Ich schaute in den Spiegel, nachdem ich meine Zähne mit der Zahnbürste auf Vordermann gebracht hatte. Okay, meine Haare brauchten auch ein kleines Update unter dem Wasserhahn, dann hatten sie auch wieder diese leichten Wellen, die ich von Mama geerbt hatte. Nachher konnte ich sie dann ja noch mit einem geflochtenen Zopf verstärken. Ob Andi es wohl lieber mochte, wenn ich sie offen trug? Vielleicht mochte er ja auch viel lieber kurze Haare. Obwohl nee, dann hätte Carmen nicht immer ihre kleinen Rattenschwänze. Vielleicht sollte ich mir auch einmal solche machen. Ich hielt meine Haare an beiden Seiten mit den Händen zusammen. Nein auf keinen Fall. Das sah ja komplett bescheuert aus. Ich beeilte mich im Bad fertig zu werden und schlüpfte schnell in einen der Badeanzüge, die ich mir gestern gekauft hatte. Ja, die waren echt der Hammer. Eine Mischung aus sportlich und sexy. Sie hatten an der Seite einige Outcuts, saßen aber trotzdem gut, so dass man sich damit bewegen konnte, ohne Angst zu haben, dass wieder etwas schwimmen ging. Apropos schwimmen ging. Ich fing an zu grinsen. Hauptsache Luca dachte heute auch an seine neue Badehose. Gut gelaunt marschierte ich zur Terrasse. Hoffentlich hatte Mama schon das Frühstück vorbereitet, denn ich hatte echt Hunger.
"Wow, was ist denn hier los?" Erstaunt schaute ich zum Pool und dann auf meine Uhr. Es war gerade 9.30 Uhr und hier liefen schon lauter kleine Kinder herum, die nicht zu meiner Familie gehörten. „Spatzl, Papa hat beschlossen, dass wir heute hier bei uns alle zusammen einen Pool-Tag machen." Mama trug zwei große Karaffen mit Orangensaft zu einem improvisierten Frühstücksbüffet. „Du kannst mal in die Küche gehen und Franzi unterstützen. Papa und Marco sind am Herd und fabrizieren Rührei." Au Weia. Die beiden zusammen waren immer eine ziemlich explosive Mischung. Ich beeilte mich also in die Küche zu kommen. „Man, du musst das richtig aufschlagen, sonst wird das nichts", scholl mir schon Marcos empörte Stimme entgegen. „Quatsch, erst muss ich noch die Oliven und Champignons da reinhauen." Igitt, warum wollte Papa denn das arme Rührei versauen? „Wir machen doch kein Omelett", empörte sich Marco sofort. Trotzdem duftete es hier schon irgendwie voll lecker. „Hallo, Lucy", begrüßte mich Franzi, die mich als erstes entdeckt hatte. „Willst du uns helfen?" Ich nickte. „Papa, Mama braucht draußen dringend deine Hilfe." Wenn ich ihn von der Pfanne weg bekam, war das Rührei vielleicht noch zu retten. Marco alleine war nicht ganz so gefährlich. Also, jedenfalls hoffte ich das. „Was ist denn?" Manno, konnte Papa nicht einfach abmarschieren? „Der eine Sonnenschirm klemmt total", improvisierte ich. Das schien wohl die richtige Antwort gewesen zu sein, denn Papa sprintete sofort los. Hoffentlich schaltete Mama und beschäftigte ihn draußen weiter. Boah, das duftete hier ja voll lecker nach Waffeln. Das war ja Leo, der da am Waffeleisen zugange war. Den hatte ich vorher nicht bemerkt. „Ist Tessa auch schon da?" Ich hatte meine Freundin gar nicht auf der Terrasse entdeckt und mit ihrem Gipsbein und den Krücken war sie garantiert zu keinen Frondiensten vergattert worden. „Nee, Max macht mit ihr noch ein paar Übungen." Man konnte ihm ansehen, dass es ihm gar nicht recht war, dass er nicht dabei war. Wahrscheinlich hatte er Angst, dass Max Tessa überforderte. Das bezweifelte ich aber ganz stark, schließlich studierte er Medizin und war auch schon ziemlich weit mit seinem Studium. „Wer kommt denn heute alles?", wandte ich mich an Franzi. „So weit ich weiß alle. Die Familie Plattenhardt gehört nur nicht so zu den Frühaufstehern." Das hieß dann ja, dass Andi ganz sicher auch mitkam. Das war ja ..... perfekt. Und wenn es weiter so Überraschungen regnete, hatte ich nicht das geringste dagegen. „Hallo, Mama. Kann ich auch was helfen?" Maja kam in die Küche und umarmte ihre Mutter. „Und was ist mit deinem weltbesten Vater?" Marco hielt ihr seine Wange hin und tippte mit seinem Zeigefinger darauf. Maja drückte ihm grinsend die Lippen darauf. „Iiih, du piekst ja. War dein Rasierer in der Inspektion?" Marco fuhr sich kurz mit seiner Hand durch das Gesicht. „So fühlen sich richtige Männer an." Na, wenn das Luca hörte. Scheinbar hatte er ja nur Flaum im Gesicht. „Guten Morgen", ertönte die Stimme von meinem Bruder hinter mir. Ich drehte mich um. So angepisst, wie er aussah, hatte er wohl den Satz seines Schwiegervaters in spe gehört und war jetzt in seiner Männlichkeit gekränkt. Mein Blick ging etwas an ihm abwärts und blieb an seiner neuen Badehose hängen, die ich gestern für ihn gekauft hatte. Meine innere Siegerfaust reckte sich zum Himmel. Er würde heute garantiert noch mehr Grund haben angepisst zu sein, spätestens wenn er in den Pool ging. Ich konnte es kaum erwarten.

Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt