Kapitel 16

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Ich hängte mir meine Strandtasche über die Schulter und lief hinter Papa her. „Hast du auch die Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 50 eingepackt", hörte ich hinter mir meinen Bruder. Warum sollte ich? Ich war ja mehr so der südländische Typ mit dunklen Haaren und leicht olivfarbener Haut. Sonnenbrand gab es bei mir eher selten. Ich drehte mich also zu ihm um. Oh, er hatte ja gar nicht mich, sondern Maja gemeint, die nur nickte, als er ihre Strandtasche abnahm, um sie großzügig zu tragen. „Man, hast du da Steine eingepackt?" Stöhnend rieb er sich über die Schulter, über die er gerade den Riemen der Tasche geschmissen hatte. „Mädchen", rutschte es mir heraus. Wie schwer sollte die Tasche wohl sein. Ich schaute zu Maja, die gar nicht darauf reagierte. Mm, komisch. Egal, ich wandte mich wieder dem Gehen zu, denn am Strand wartete sicher schon mein eigenes Zielobjekt. „Mensch das trifft sich ja gut." Marco klopfte meinem Papa auf die Schulter und stand zusammen mit dem Rest der Familie Reus direkt vor unserem Eingang. Schnell lief ich zu Tessa, um sie zu umarmen. „Geh mal kurz beiseite", schob ich ihren Erpel weg, der den Arm um ihre Schulter gelegt hatte, während sie auf ihre Krücken gestützt stand. Wie sollte ich sie denn da richtig begrüßen. „Und wie geht es dir......ich meine euch. Da muss ich mich echt erst dran gewöhnen." Tessa begann zu grinsen „Ich mich nicht. Als Zwilling bist du von kleinauf an die Mehrzahl gewöhnt. Alles supidupi. Die Windelpupse sind echt okay und keiner mault mehr, wenn ich so viel futtere. Der Erpel hat heute früh extra den Kühlschrank für mich kastriert." „Er hat was?" planlos schaute ich zu Leo, der nur grinsend mit den Schultern zuckte.  „Ich habe die Kühlschranktür aufgemacht, die Eier herausgeholt und die Tür wieder zugemacht." „Ich sage doch, den Kühlschrank kastriert, um mir Kaiserschmarren zu machen.", gackerte Tessa. Das war gut, dass sie nach dem Ganzen, was über ihr hereingebrochen war, so gut drauf war. „Also ich finde meine Badehose aber echt cooler. Elefanten kann ja jeder, aber..." Mein Blick fiel auf Marcos Badeshorts. Waren das wirklich? Ja, das waren wirklich kleine rosa Schweinchen in Badehose mit Schwimmflügeln. Das war das Schweinchen-Pendant zu Papas Elefanten. „War klar, dass du nur einen kleineren Rüssel brauchst, um deinen Rüssel hinter dem Stoff zu verstecken.", konterte Papa sofort. „Pass mal auf, mein Rüssel hat immerhin...." Marco wollte das wohl nicht auf sich beruhen lassen. „Jungs ab zum Strand, sonst ist der Beachvolleyball Platz belegt." Ja, Mama wusste, wie man so eine Diskussion schnell beendete und alles setzte sich flott in Bewegung.
„Manno, wie weit ist das denn noch? War das schon immer so weit?", stöhnte Tessa neben mir an den Krücken. Also genaugenommen waren es ungefähr 500 Meter von unseren Fincas zum Strand. Das war alles andere als weit. Aber mit Krücken, konnte sich das schon ziehen. „Soll ich dich tragen,Zuckerschnecke?" Leo blieb sofort stehen. „Nee, sollst du nicht. Das faule Biest kann ruhig ein bisschen laufen", mischte sich Max ein. „Es ist wichtig, dass die Oberkörpermuskulatur auch ein wenig gefordert wird. Und ich habe dir gezeigt, wie man richtig mit den Gehhilfen läuft, damit du keine Probleme in anderen Körperbereichen bekommst. Nachher werden wir auch ein paar Übungen machen, um deinen Körper fit zu halten." Das war schon cool, wenn man seinen eigenen Medizinmann in der Familie hatte. „Du denkst aber daran, dass sie schwanger ist......mit Zwillingen." Der werdende Papa schaute ihn besorgt an. „Ja, sie ist schwanger und nicht krank", kam es pikiert von seiner Namensvetterin „Ich verstehe gar nicht, warum hier so ein Aufriss gemacht wird." Stimmt, ging ja nicht um eine blöde Hochzeit. Wenn sie schwanger war, erwartete sie aber wahrscheinlich eine Sänfte auf der sie durch die Gegend getragen wurde. Endlich hatten wir den Strand erreicht. Ich schlüpfte aus meinen Flipflops und genoss es meine Zehen zum ersten Mal in den noch angenehm kühlen Sand zu buddeln. Ja, jetzt war Urlaub. „Jetzt trage ich dich aber. Mit den Krücken im Sand geht überhaupt nicht." Leo schnappte sich Tessa, die kurz aufquiekte und sich dann strahlend an ihren Erpel kuschelte. Das sah so süß aus....."Da kommen wir ja auch gerade richtig", ertönte hinter mir eine Stimme, bei der mir die Gänsehaut über den Körper schoss. Ich drehte mich um und schaute in die strahlend blauen Augen von Andi, der mich anlächelte. Wow, diese Grübchen. „Lucy, buddelst du wieder mit mir? Und spielen wir Fußball?" Carmen kam auf mich zugesaust und schlang ihre Arme strahlend um meine Taille. Ich drehte wie immer an ihren Rattenschwänzen. „Das kannst du wohl bei dem knappen Bikini vergessen." Gab es eigentlich eine Strafe, wenn man seinen Bruder im Mittelmeer ertränkte? Hoffentlich hatte Andi das nicht gehört. Ich wollte doch den visuellen Überraschungsmoment nutzen. Vorsichtig schaute ich in seine Richtung und atmete erleichtert auf. Er klatschte sich gerade mit Papa und Marco ab. „Na klar, machen wir das.", beruhigte ich die Kleine, die schon enttäuscht guckte. „Du darfst gar nicht auf den Mist hören, den der von sich gibt." Dabei deutete ich mit dem Kopf in die Richtung meines Bruders. „Ja, Jungs sind total blöd und zurückgeblieben", nickte Carmen sofort. „Außer Dani. Der ist ganz okay." Ich musste grinsen. Die Kleine hatte schon früh den Durchblick und Dani gut erzogen, dass er auf's Wort hörte und machte, was sie wollte. „Also ich bleibe hier erst einmal im Schatten auf der Liege. Diesen Urlaub gibt es für mich sowieso nur Schatten.", grunzte Tessa „Sonst habe ich wenn der Gips abkommt nachher ein Bein wie Weißkäse und ein Bein wie Weißkäse mit Sprenkeln." „Das geht aber überhaupt nicht. Oder du musst zur Hochzeit doch etwas Langes tragen. Wie sieht denn das sonst auf dem Foto aus", mokierte sich sofort wieder Brautzilla und schlüpfte aus ihrem Strandkleid. „Ist hier noch frei?" Mika lächelte mich an und deutete auf die Liege neben meiner. Ich scannte einmal kurz nach Andi die Umgebung ab. Toll, der war schon mit Papa unterwegs zu dem Beachvolleyball-Feld. Also nickte ich großzügig. Warum nicht. Dann bastelte ich halt an dem Plan meiner Eintrittskarte in die Finca Plattenhardt.

Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt