Ungläubig schüttelte ich leicht den Kopf. Dort hinter mir stand Andi in einer dunklen Stoffhose und einem weißen Hemd als wolle er zu einem Geschäftstermin und neben ihm stand Carmen in einem weißen Spitzenkleid mir einem weiten Tüllrock und ihre üblichen Rattenschwänze waren heute offen und ganz streng glattgebürstet. Man sah sofort, wie unwohl sich die Kleine fühlte. Jeder wusste, dass sie Kleider hasste. Sie hatte sogar darum gekämpft bei Leos Hochzeit das erste Blumenmädchen in Hosen zu sein. Und Andi lief normalerweise auch am liebsten in Jeans herum. Wie oft hatte ich ihn schon meckern hören, wenn er zu einem Geschäftstermin musste und ich auf Carmen aufpasste, dass er diese Klamotten hasste. Warum machte er das also? „Eh, Alter. Warum hast du euch denn heute verkleidet? Karneval ist doch schon durch. Und was ist das da für ein Klammeraffe an deinem Arm?" Ja, Papa stelle genau die Frage, die mir auch auf den Nägeln brannte und handelte sich sofort von Mama einen Ellenbogencheck ein. Marco grinste nur breit. Scheinbar deckten sich wohl ihre Gedanken. „Ähm, ja also..." Warum lief Andi denn jetzt auch noch so rot an? „Ich bin Marlen Guenduzzi. Und ich bin kein Klammeraffe." Die Blondine die sich in Andis Arm gekrallt hatte, trat einen Schritt vor und funkelte sauer in Papas Richtung, der davon aber wenig eingeschüchtert aussah. „Ich bin Andreas Freundin und ein viel gefeiertes Model." Ich musste fest schlucken. Was hatte sie gesagt? Sie war Andis Freundin? Wieso nannte sie ihn dann Andreas? Das tat niemand, denn er mochte den Namen eigentlich nicht. Andi beugte sich zu ihr und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Sofort schoss mir das Horoskop für heute durch meinen Kopf Ein Kuss sorgt für Klarheit Das war doch Mist. Diese Klarheit hätte ich echt nicht gebraucht. Ich hörte ein lautes Klirren mit dem mein Traum in tausend Scherben zerfiel. Ein fetter Kloß bildete sich in meinem Hals. Momentmal. Das war doch die unmögliche Olle, die ich im Café Mambo und im Pacha getroffen hatte. Klar, ihre Fratze hatte sich mir ganz fest eingeprägt. Das mit dem man sieht sich zweimal im Leben, hatten wir ja schon abgehackt. Aber ich konnte wirklich nicht sagen, dass aller guten Dinge drei waren. Das dritte Mal hätte echt ausfallen können. „Ich muss auf Toilette, Lucy." Carmen sah mich hilfesuchend an. Ich sprang sofort auf und lief zu der Kleinen. „Ach, dein Kindermädchen ist auch da, das ist gut, dann haben wir mehr Zeit für uns." Wie bitte? Bildete die sich ein, sie hatte einen Großmagnat mit Kindermädchen an der Angel? Und sah ich vielleicht aus wie ein Kindermädchen? Ich schaute an mir herunter „Also auf alle Fälle zahlst du ihm viel zu viel, wenn es sich dieses Kleid kaufen kann." Sie deutete mit ihrer Hand auf mich. „Mädchen, das gehst du aber gleich ausziehen, denn ich möchte hier nicht das doppelte Lottchen spielen." Erst jetzt fiel mir auf, dass wir wirklich beide das gleiche Kleid trugen. „Na dann würde ich mich an Ihrer Stelle ganz schnell umziehen gehen. Denn meine Tochter kann sich das Kleid wenigstens leisten und muss es nicht vom Shooting mitgehen lassen." Mama war auch aufgestanden und stellte sich neben mich. „Du ziehst dich nicht um", raunte sie mir zu. „Außerdem sieht sie darin auch viel hübscher aus." Auch Papa war zu mir gekommen und schaute diese Marlen von oben bis unten abschätzig an. Nanu. So etwas machte er doch sonst nicht. „Und sie ist wenigstens noch nicht zu alt für den Fummel." Luca hatte sich hinter mich gestellt. Diese Maren schnappte nach Luft „Das .....das", sie drehte sich zu Andi um. „Das ist eine Unverschämtheit fing sie an zu schluchzen. „Hier bleibe ich keine Sekunde länger." Sauer stöckelte sie los und blieb zwei Meter weiter mit ihren hohen Absätzen in den Holzbohlen hängen und strauchelte. Andi sprintete sofort los, um ihr wieder aufzuhelfen. Marco und Tessa fingen laut an zu gackern. „Menschenskind, was soll denn das? Könnt ihr nicht wenigstens ein bisschen freundlich zu ihr sein?" Jasi sprang sauer auf und lief den beiden hinterher. „Nee, zu der bin ich nicht freundlich, die hat mich bei dem Shooting schon die letzten Nerven mit ihren Starallüren gekostet. Und dann noch die Zeit, die es gebraucht hat die Bilder mit Photoshop zu bearbeiten, damit sie überhaupt brauchbar waren.", brummte Mama neben mir und lief wieder zurück zu ihrem Platz. „So einen schlechten Geschmack hätte ich ihm gar nicht zugetraut." Ja, da gab ich Papa vollkommen recht. „Ist der echt so verzweifelt, dass er sich so ein Wannabe Model antut?" Marco schüttelte seinen Kopf. „Mit der Verzweiflung kennst du dich ja aus. Nicht wahr, Schnutzelchen." Marco hob seine Hände „Das war bei mir ganz was anderes. Bei mir hat der Verein und mein Berater darauf bestanden, dass ich eine Partnerschaft mit so einem hohlen Vogel vorspiele. Die Alte könnte aber echt eine Freundin von Germaine sein. In die Jahre gekommen ist sie auf alle Fälle. Mensch Platte. Du als bester Kumpel musst unbedingt mit dem Kerl reden. Wenn er nicht gerade eine Sehnenscheidenentzündung hat, soll er sich lieber selbst einen schütteln." „Marco.", kam es gleichzeitig von Mama und Franzi empört „Hier sind noch Kinder am Tisch." „schütteln, schütteln", krähte Mari sofort begeistert und Franzi drückte ihr schnell eine kleine Flasche Orangensaft, die auf dem Tisch stand, in die Hand. „Hier die kannst du für Papa schütteln." Begeistert begann die Kleine damit. „Lucy." Carmen zog an meiner Hand „Ich puller mir gleich in das blöde Kleid." Ich schnappte sie mir und rannte mit ihr zur Toilette. Glücklicherweise hatte ich ja Flipflops und keine Heels an. „Puh, das war knapp", stöhnte Carmen erleichtert als sie sich die Hände wusch. „Ob Papa sauer ist, dass ich nicht mit ihm mitgegangen bin?" Die Kleine schaute mich ganz besorgt an. Ich schüttelte meinen Kopf. Ehrlich gesagt hatte ich eher das Gefühl, dass er darüber sogar zufrieden war. Und das beunruhigte mich, denn eigentlich war Carmen immer das wichtigste für ihn. "Ganz bestimmt nicht. Er hat dich doch immer lieb." Ganz überzeugt sah sie nicht aus „Er hat aber gesagt, ich muss heute ganz nett zu der Ollen sein, damit sie auch meine Mama wird." Carmen zog plötzlich eine Schnute und verschränkte die Arme vor der Brust „Ich will aber keine Mama, die will, dass ich Kleider trage. Ich will eine Mama wie dich, die mit mir buddelt und lustig ist." Ja, und ich wäre auch zu gerne dazu bereit, ihre Mama zu werden. „Komm, jetzt machen wir dir erst einmal wieder deine Rattenschwänze." Ich zog meine kleine Haarbürste und zwei Haargummis aus meiner Handtasche. „So, und schon besser?" Carmen nickte wild mit dem Kopf „Schon viel besser." Wir liefen zum Tisch zurück, wo gerade das Essen serviert wurde. „Die passt überhaupt nicht zu ihm", hörte ich gerade noch Franzi zu Jasi sagen, die mit den Schultern zuckte. „Die ist doch schon viel zu alt. Was will er mit so einer Fregatte", kam es von Marco „Vielleicht hat er ja einen Mutterkomplex", steuerte Papa bei und bekam einen bösen Blick von Mama. „Die ist in unserem Alter." „Ups, ich hätte sie älter geschätzt", grinste Paps. Als sie Carmen und mich entdeckten, verstummten sie plötzlich. Ich fand es interessant, dass die Olle hier immer noch Thema war und dass sie scheinbar auf Anhieb keine Freunde gefunden hatte. Das gefiel mir. „Carmen, du kannst hier bei mir sitzen", bot ich der Kleinen an, die sich sofort begeistert auf den Stuhl zwischen Mika und mir quetschte. „Nach dem Essen kümmere ich mich aber um die Kleine." Jasi zwinkerte in Mikas und meine Richtung. Und wo war Andi? Das interessierte mich echt. „Wo ist Papa?" Danke, Carmen. „Der geht mit Marlen wo anders feiern. Du sollst hier aber mit Dani und Ella deinen Spaß haben." Die Kleine riss begeistert ihre Arme hoch. „Jaaa" und schnappte sich dann ihre Gabel, um der Paella vor ihr zu Leibe zu rücken. „Puhlst du mir den Scampi?" Wie sollte ich da denn nein sagen. Ich griff mit spitzen Fingern danach „Komm, lass ich mache das schon." Mika schnappte mir das Vieh aus der Hand und begann zu puhlen. Da war schon wieder der nächste Pluspunkt. Vielleicht sollte ich mal die Prämien in dem Bonusprogramm checken......dann konnte Andi sehen, was er davon hatte, sich mit der Zicke eingelassen zu haben. Selbst schuld, wenn er mich verschmähte.
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Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️
RomanceLucy kommt sich so langsam wie das letzte Einhorn vor. Alle ihre Freundinnen haben einen Freund, nur sie nicht. Und der Kerl für den sie schwärmt, sieht in ihr alles mögliche - die Babysitterin und die Tochter seiner Kollegin - aber nicht das, was s...