Kapitel 140

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„Dann auf die Plätze, fertig an die Pakete und Papier reißen, los", feuerte Marco seine Kinder an. „Mensch Papa, wir sind jetzt verheiratete Frauen, wir packen unsere Geschenke woanders aus", gackerte Tessa und schaute zu Leo, die auch nur grinste. „Ihr zwei vielleicht, aber die anderen nicht", widersprach Marco. „Außerdem ist man für Geschenke nie zu alt, nicht wahr, meine kleine Maus? Deine Mama hat ja überhaupt keine Ahnung." Natürlich hatte er mal wieder Chrissi auf dem Arm und neben ihm stand der andere Opa mit Alli. „Schön dich auch mal wieder zu sehen, Dodo." Mein Bruder schob sich neben mich und legte seinen Arm um meine Schulter. Wir waren uns wirklich schon eine ganze Weile nicht mehr über den Weg gelaufen. „Sorry, das ich im Moment nicht so viel Zeit habe, dich beim Abi zu unterstützen, aber ich stecke bis über beide Ohren in den Prüfungen und dann ist da ja auch noch....." Sein Blick ging zu seiner Freundin und er brach ab. Wieso entschuldigte er sich bei mir? „Ich habe dir ja auch nicht beim Abi geholfen, Dumbo. Das schaffe ich auch alleine.", beruhigte ich ihn. Er nickte und sein Blick haftete immer noch an Maja. Was war denn da im Busch? Wieso beobachtete er jede Handbewegung von ihr, wenn sie ein Geschenk öffnete? Er wollte doch nicht auch etwa..... „Hast du ihr etwas besonderes auf den Gabentisch gelegt?" Meine Neugier ließ sich nicht bremsen. Vielleicht war er ja von Leo und Max angesteckt worden. Immerhin war er ja auch schon ein paar Jahre mit Maja zusammen. Warum, also nicht? „Ich habe ihr ein paar silberne Ohrringe in Herzform gekauft und in der Mitte ist ein violetter Amethyst für ihren Geburtsmonat", zischelte er mir leise zu. Okay, also kein Ring..... aber das hörte sich trotzdem total romantisch an. Das hätte ich dem alten Erbsenzähler gar nicht zugetraut, dass er sich da so viele Gedanken wegen des Steins macht. Obwohl, nee..... eigentlich war er schon jemand, der sich immer etwas bei seinen Geschenken dachte. „Wieso warst du heute früh nicht schon bei der Geschenkeorgie der Reus?" Eigentlich zelebrierte Marco das doch schon einmal mit der Familie am Morgen und dann mit den Freunden bei der Feier. Und Luca zählte da schon eindeutig zur Familie.  Er schüttelte den Kopf.„Nee, ich hatte doch heute meine erste Prüfung in Buchführung." „Und wie ist es gelaufen?" Er zuckte mit den Schultern. „Ich glaube ganz gut, aber es kommen ja noch sechs weitere Prüfungen. Ich habe extra ein paar Kurse mehr belegt, damit ich schneller durch bin." Ja, das passte zu ihm. So gebannt wie er Maja gerade beobachtete, hatte sie sich wohl sein Geschenkpäckchen gegriffen. Sie zerfetzte das Einwickelpapier und öffnete die kleine Schatulle. „Oh..Ohrringe" Warum schaute sie denn so enttäuscht? Ich beugte mich vor, um einen Blick darauf werfen zu können. Die sahen doch total hübsch aus. „Das ist ja toll, sogar mit deinem Geburtststein." Erstaunt schaute ich zu Andi, der sich damit scheinbar auch auskannte. „Ich mag aber kein lila." Majas vorwurfsvoller Blick ging in Richtung meines Bruders, der ziemlich bedröppelt drein schaute. Das konnte ich gut verstehen, wo er sich so Gedanken gemacht hatte. Sie stellte die Schatulle beiseite und griff nach dem nächsten Geschenk, das sie mit totaler Begeisterung in die Höhe hielt. Wer bitte verschenkte so einen pottenhässlichen Kerzenständer? Scheinbar ihre Kommilitonen, denn zwei Mädels und ein Junge klatschten begeistert in die Hände. Boah, was waren das denn für Nerds? Ich schaute zu meinem Bruder, der nur durch die Nase schnaubte. „Noch ein Staubfänger mehr." Maja packte mit ungebremsten Elan weiter aus. Mein Blick ging zu den anderen Geschenketischen. Die Drillinge zauberten Spielzeug und Sportklamotten hervor. Halt alles, was so Zwölfjährige begeisterte. Und Tessa und Leokardia, die bekamen Sachen für den Haushalt geschenkt. Da hatte man doch gar keine Lust mehr Geburtstag zu haben. Garantiert hatten sie aber schon jeder ein ganz besonderes Geschenk von ihren beiden Männern heute früh bekommen. Da war ich mir sicher. „Das sind ja Karten für Carmina Burana. Und schon für morgen." Ich schaute wieder zu Maja, die begeistert mit zwei Karten für das Dortmunder Konzerthaus herum wedelte. „Danke, Mika." Begeistert strahlte sie mein Exfreund an. „Das...das ist doch...", rutschte es mir heraus „Das ist schwottisch", beendete mein Bruder angesäuert meinen Satz. „Schwottisch?" Was sollte das sein? „Eine Mischung aus Schwäbisch und Schottisch, also absolut geizig", lachte Nils neben mir. Wo kam der denn auf einmal her? Den hatte ich ja heute noch gar nicht gesehen.  „Der hat ihr echt die Karten geschenkt, die du ihm zurückgegeben hast", schnaubte mein Bruder verächtlich. „Vergiss aber nicht deinen Studentenausweis, wegen der Ermäßigung", rief ich Maja zu, ehe ich mich bremsen konnte. „Also dass ich mir den Scheiß antue, kann sie vergessen. Ich habe für meine Prüfungen zu lernen", brummte Luca neben mir. Da war ich ganz bei ihm, selbst wenn er nicht lernen müsste. „Hast du denn Lust da mit hinzugehen? Luca steckt ja mit seiner Nase nur in seinen Büchern." Wie bitte? Sie fragte nicht einmal meinen Bruder, sondern gleich Mika, der strahlend nickte. Ich schaute zu meinem Bruder, der mit eisigem Gesicht abdrehte und davon marschierte. Das war mehr als verständlich. Schnell folgte ich ihm und hielt ihn am Arm fest. „Was ist denn los? Bei euch stimmt doch wieder etwas nicht." Er schüttelte kurz den Kopf. „Nicht hier." Oh doch. Das würden wir garantiert hier klären, damit ich Maja gleich mal meine Meinung geigen konnte. Ihre Reaktion auf Lucas Geschenk war ja sowieso mal mehr als unangebracht und wenn da noch mehr war, würde ich ihr das auch gleich um die Ohren hauen. Geburtstagskind hin oder her. Das musste geklärte werden. Ich zog den Erbsenzähler mit mir in eine abgelegene Ecke und drückte ihn auf den Sitzsack, ehe ich mich im Schneidersitz davor in den Sand gleiten ließ. „Also was ist los?" Luca fuhr sich mit den Händen durch sein Gesicht, ehe er mich wieder anschaute. „Maja will am liebsten auch eine eigene Wohnung." Ich nickte. Das hatte er mir ja schon einmal erzählt. „Und jetzt möchte sie am liebsten auch noch heiraten, weil Leo und Tessa doch auch schon verheiratet sind. Wahrscheinlich hat sie mit einem Ring und nicht mit Ohrringen gerechnet." „Aber du willst das nicht?" Ich schaute ihn prüfend an. Er verzog sein Gesicht und schüttelte den Kopf „Natürlich nicht." Er stockte kurz. „Also jetzt noch nicht. Wir sind gerade einmal 19 und 20. Wir haben noch nicht einmal eine abgeschlossene Ausbildung, noch sonst irgendetwas außer dem Abi. Und das ist nichts weiter als ein Schulabschluss und eine Eintrittskarte. Ich gebe echt Gas, um alles so schnell wie möglich abzureißen, damit sie ihren Wunsch erfüllt bekommt, aber..." Wieder verzog er sein Gesicht und schüttelte sauer den Kopf „.....sie geht lieber in die Oper oder sonst wohin, anstatt sich auf ihren Arsch zu setzen und zu pauken. Seit Wochen erinnere ich sie schon daran sich endlich mal für die Prüfungen anzumelden. Keine Ahnung, ob das jetzt schon mal passiert ist. Ich habe so langsam einfach die Schnauze voll von ihrem rumgetrödel." Okay, irgendwie verstand ich ihn da schon, aber..... „Bestimmt hat sie das schon gemacht und erzählt dir erst, wenn sie bestanden hat. So und jetzt hör auf zu grummeln, Dumbo. Wir spielen erst einmal eine Runde Volleyball und wenn du gegen mich verloren hast, kannst du immer noch in Trauer versinken." Ich konnte mir absolut nicht vorstellen, dass Maja alles schleifen ließ. Ein fettes Grinsen schlich sich in das Gesicht meines Bruders. „Von was träumst du nachts? Ich werde dich mit meinen Bällen in den Sand stampfen." Ja, so gefiel er mir schon viel besser.

Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt