Kapitel 94

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Mika hielt mir einen Pommes hin und ich schnappte ihn mit meinen Lippen aus seiner Hand. Ja, wir hatten uns die leckeren Teile gerade in der Fussgängerzone bei meinem Lieblingsstand geholt. Und Mika fütterte mich, damit ich meine rechte Hand nicht aus der Jackentasche holen musste und die linke mit der Pommestüte wärmen konnte, die ich in der Hand hielt. Wieder fischte er mit seiner linken Hand einen Pommes heraus und hielt ihn mir hin. Ich musste grinsen und kuschelte mich noch ein bisschen mehr in seinen anderen Arm, der um meine Schulter lag. Es war mittlerweile ziemlich kalt geworden. Aber es war ja auch schon Ende Oktober. Irgendwie mochte ich den Herbst, wenn man so durch das raschelnde Laub lief. Eigentlich mochte ich jede Jahreszeit, denn jede hatte so ihre ganz eigene Schönheit. Der Frühling, wenn alles grün wurde. Der Sommer die Wärme und die Sonne. Der Winter den Schnee und der Herbst halt das bunte Laub. „Mund auf." Mika grinste mich an und hielt mir den nächsten Pommes zum Wegschnappen hin. Mir fiel sofort mein Horoskop von heute morgen ein Die wahre Liebe lässt sie nicht verhungern Scheinbar hatte es wohl recht. Dabei hatte ich heute morgen am Frühstückstisch mit Andi noch darüber gelacht, als wir das gelesen hatten und uns Carmen im selben Moment Rührei auf unsere Teller schaufelte, das Andi vorher für uns zubereitet hatte, während ich mit ihr im Bad war. Ja, ich war gestern wirklich wieder bei ihm und Carmen geblieben. Nach der Geburtstagsfeier zu dritt und der Aufregung mit der Brunzkachl, musste sich Andi nicht sehr anstrengen, um mich davon zu überzeugen. Das er sich um mich gesorgt hatte, war irgendwie total süß. Ich hatte wieder in seinem T-Shirt in seinem Bett geschlafen und er auf dem Sofa im Wohnzimmer. Die Kleine war vor Freude fast geplatzt als sie in mein ...... ähm Andis Bett gehüpft war und mich geweckt hatte. Da war dann erst einmal eine kleine Kuschelrunde fällig und sie hatte mir ausführlich ihre Träume erzählt. Ich hatte mich mit meinen lieber zurückgehalten, denn sie waren nicht ganz jugendfrei gewesen. In meinem Traum war ein heißer Kerl aufgetaucht, der mich mit ziemlich heißen Küssen verwöhnt hatte und..... nein, das gehörte absolut nicht in die Ohren einer Siebenjährigen und eigentlich nicht einmal gerade in mein Gehirn, denn sofort blitzten wieder einige Erinnerungsfetzen vor meinem inneren Auge auf. Wenigstens hatte ich diesmal nicht die ganze Nacht am Kopfkissen von Andi geschnüffelt, sondern geschlafen und.... geträumt. Blöderweise konnte ich mich aber nicht an das Gesicht meines Traummannes erinnern, egal wie oft ich es versuchte. Wahrscheinlich war es Mika. Wer auch sonst? Natürlich musste das Mika gewesen sein .......mein Mika. Zufrieden schnappte ich nach dem nächsten Pommes. „Und wie läuft es bei dir in der Schule? Stehen schon die ganzen Prüfungstermine fest?" Ich nickte. Ja, wir hatten schon einen Plan bekommen, wann die schriftlichen und mündlichen Prüfungen alle stattfinden sollten. Ab Februar wurde es ernst. Aber so richtig nervös war ich deshalb nicht, denn schulisch lief es bei mir ziemlich glatt seit Tessa die Schule verlassen hatte und es da niemanden mehr gab, der mich irgendwie ablenkte. Klar, war es dafür auch ziemlich öde und ich war eher damit beschäftigt mich nicht von den blöden Tussen nerven zu lassen, aber auch das war ja nur noch für eine kurze Zeit. Also nicht, dass ich die Tage zählte, aber ich würde den Laden auch nicht vermissen. Nächsten Freitag gab es erst einmal wieder Herbstferien. Ich freute mich schon darauf, denn gerade heute früh am Frühstückstisch hatte mich Andi gebeten die ganze Woche auf Carmen aufzupassen. Man war die Kleine vor Freude fast geplatzt. Sie hatte sofort tausend Ideen, was wir unbedingt machen mussten. Ich hatte auch eine, mit der ich sie gerne überraschen würde. Vielleicht konnte ich ja mal mit ihr nach Duisburg in das Delfinarium fahren. Das würde sie mit Sicherheit freuen, so wie sie Delfine liebte. „Bleiben wir heute eigentlich hier in Dortmund bei mir oder fahren wir zu dir nach Bochum?" Mika schaute mich fragend an. Vorsichtshalber hatte ich meinen Rucksack im Kofferraum von Erwin mit dem nötigsten bestückt liegen. Aber das musste er ja nicht wissen. Irgendwie würde ich schon gerne heute Abend noch ein wenig kuscheln und morgen neben ihm aufwachen. Bis jetzt hatte das ja noch nie funktioniert, weil immer etwas dazwischen gekommen war oder wir in Bochum übernachtet hatten. Und Papa hatte da immer noch seine Vorschrift, dass Mika im Gästezimmer übernachtete, von der er nicht abwich. Ich hatte schon ein paar Anläufe gestartet, ihn davon abzubringen, aber alles vergebens. Manchmal war er ein echter Sturschädel. Da konnte auch Mama nichts ausrichten. Und Luca stieß natürlich in das gleiche Horn wie Papa. Beide waren der Meinung, dass Mika erst einmal beweisen musste, dass er meiner überhaupt wert war. Also irgendwie übertrieben sie es echt. Und Papa verstand ich absolut nicht. Sonst war er immer total cool und ließ uns so ziemlich jede Freiheit. Aber was das Thema anging, war er total verbohrt. Scheinbar war er der Meinung nur nachts konnte etwas bestimmtes passieren. Bei dem Gedanken fing ich an zu grinsen. „Können wir uns ja noch überlegen." Mika nickte und zwinkerte mir frech zu. „Wie läuft es eigentlich bei Maja mit dem Studium ..... ähm und bei Luca?" Ich zuckte mit den Schultern. „Ich denke ganz gut. Jedenfalls machen sie den Eindruck." Mein Bruder war morgens am Frühstückstisch eigentlich nicht schlechter gelaunt als früher. Das hieß es musste alles gut laufen. Und Maja lief auch nicht gerade mit hängendem Kopf herum. Ehrlich gesagt hatten wir aber noch nicht viel über ihre Erfahrungen an der Uni geredet, denn erstens war ich ja noch Schülerin und so Studenten ließen einen das auch ganz gerne spüren. Und zweitens war ich ja meistens erst abends von Carmen zu Hause und verschwand dann in mein Zimmer, um noch den Rest der Hausarbeiten zu erledigen oder mit Mika zu telefonieren. „Also ist sie zu frieden an der TU Dortmund?", hakte Mika nach. Wieder zuckte ich mit den Schultern. Es interessierte mich nicht wirklich. Klar, war sie meine Freundin, aber sie hatte ihre Entscheidung getroffen und das nicht nur einmal, als sie mit meinem Bruder den Kompromiss getroffen hatte, sondern auch ein zweites Mal als sie der FU Berlin abgesagt hatte. Sie war doch alt genug, um damit jetzt klar zu kommen. Luca tat es doch auch. Und ehrlich gesagt, so schlimm war ja die Universität in Dortmund nun auch nicht.   „Das musst du sie schon selbst fragen." Ich würde mich da garantiert nicht in die Nesseln setzen und das Thema TU Dortmund wieder auf das Tablett bringen, denn Maja und Luca schienen wieder das Traumpaar wie schon immer. Also wieso für Streß sorgen?

Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt