Kapitel 106

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„Guten Morgen", gut gelaunt lief ich zusammen mit Carmen in die Küche, die genauso fröhlich alle grüßte. Ja, die Kleine und ich hatten schon eine kurze Kissenschlacht heute früh veranstaltet, ehe wir ins Bad marschiert waren. So musste ein Sonntag doch gut anfangen und er würde garantiert noch besser, wenn ich nachher noch ein bisschen Zeit mit Mika in der Kletterhalle verbrachte. Man, was ich mich schon darauf freute. Garantiert hatte er da auch seinen Spaß und vielleicht, also ganz vielleicht konnten wir dann ja noch ein bisschen bei ihm kuscheln, ehe er morgen früh wieder nach Berlin musste. „Guten Morgen, ihr beiden Spatzln." Mama deckte gerade den Frühstückstisch. „Kann ich helfen?" Carmen bot sich sofort an. „Na, klar. Ich liebe fleißige Helfer", Mama drückte ihr das Besteck, das sie gerade verteilen wollte, in die Hand und zwinkerte mir zu. Ich schnappte mir auch ein paar Sachen aus dem Kühlschrank und stellte sie auf den Tisch. „Hallo Papa." Carmen rannte auf Andi zu, der zusammen mit meinem Papa in die Küche kam und umarmte ihn „Ich habe schon eine Kissenschlacht mit Lucy gemacht. Dörte und ich haben gewonnen", strahlte sie ihn an. „Das war nicht zu überhören", schmunzelte Andi und zwinkerte mir zu. Seine blonden Haare standen schon wieder ziemlich wild in alle Richtungen. Scheinbar war er immer noch nicht wirklich zur Ruhe gekommen und machte sich wegen der Wohnsituation Sorgen. Irgendwie war das ja auch verständlich, besonders mit einem kleinen Kind. Andererseits hatten wir hier ja genug Platz für die beiden. „Siehste, ich habe doch gesagt, dass der Matthias bestimmt was für dich hat." Papa klopfte Andi zufrieden auf die Schulter. „Na, mal schauen." Andi fuhr sich wieder durch seine Haare. „Flipper, was meinst du, wollen wir uns nachher ein paar neue Wohnungen anschauen?" Carmen schüttelte wild den Kopf. „Nein, ich mag bei Lucy wohnen bleiben. Die räumt ihr Zimmer auch nicht auf." Papa und Mama fingen an zu lachen und ich spürte, wie mir die Hitze in die Wangen schoss. Manno, war das peinlich. Was sollte Andi denn von mir denken? Der hielt mich doch jetzt für eine absolute Schlampe. „So sah das aber gestern gar nicht aus. Ich konnte über den Boden laufen, als ich dich ins Bett gebracht habe, ohne dass mich etwas in den Fuss gebissen hat." Erleichtert atmete ich auf. „Ja, an diese fiesen Legosteine kann ich mich auch noch lebhaft oder besser gesagt schmerzhaft erinnern." Mama verzog ihr Gesicht. „Und unter ihr Bett darfst du auch nicht schauen." Konnte Papa nicht einfach mal die Klappe halten. Da war die nächste Hitzewelle in meinen Wangen. „Guten Morgen, Süße." Ich spürte Mikas Lippen auf meinen und hoffte, dass ich jetzt nicht auch noch Flammen im Gesicht schlug, so heiß wie es sich anfühlte. „Machst du mir bitte mein Brötchen?"Carmen drängelte sich zwischen uns und zog mich mit zu meinem Stuhl, ehe sie sich auf den daneben fallen ließ „Flipper!" Andi schaute seine Tochter warnend an. Mika, der eigentlich auf dem Stuhl gesessen hätte, zuckte mit den Schultern und suchte sich einen anderen Stuhl und setzte sich wie auch die anderen. „Soll ich nachher zu den Wohnungsbesichtigungen mitkommen?" Papa schaute Andi fragend an. „Matthias ist zwar eine ehrliche Haut, aber vielleicht kann ich ja doch noch ein bisschen mit ihm handeln." Andi nickte „Das wäre schon cool." „Ich komme auch mit, dann kann ich ein bisschen auf Carmen aufpassen, wenn ihr verhandelt", bot sich Mama sofort an. Mein Handy auf dem Tisch vor mir gab genau wie Andis einen Signalton ab. Das musste die Horoskop-App sein. Schnell öffnete ich sie. Jeder Enttäuschung folgt ein Neuanfang Ich schaute zu Andi, der auch mit gerunzelter Stirn auf sein Handy starrte. Okay, bei ihm machte das Sinn, aber bei mir? Welche Enttäuschung? „Schlechte Nachrichten?" Mama tätschelte beruhigend Andis Arm. Wahrscheinlich befürchtete sie, dass schon wieder etwas mit der oiden Brunzkachl war. „Nee, nur ein komisches Horoskop. Obwohl eigentlich nicht komisch, sondern vielversprechend", grinste er auf einmal. „Horoskop", gackerte Papa los. „Jetzt sag bloß, du glaubst solchen Mist. Da bist du ja wie Dodo." Andi schaute mich an und zwinkerte mir zu. Ich wusste genau, was das Zwinkern hieß. Horoskop sind kein Mist, ihr Ungläubige. Hah, gutgelaunt biss ich in meine Nutella Semmel und gab mich der Explosion meiner Geschmacksknospen hin, während ich dem Gespräch von Papa, Mama und Andi versuchte zu folgen. Die Türklingel hatten sie scheinbar gar nicht wahrgenommen, denn keiner machte Anstalten aufzustehen. Ich sprang schnell auf, als es schon wieder schellte. Wer Bitteschön wollte um diese Uhrzeit an einem Sonntag zu uns. Mein Magen zog sich zusammen. Das war doch hoffentlich nicht die oide Brunzkachl, die uns ausfindig gemacht hatte. Ich straffte die Schultern und riss die Tür auf, vorbereitet sie sofort wieder zuzuknallen. „Moin", grüßte es mich freundlich. Aber nicht die oide Trutschn, sondern Phil. „Mom hat mich geschickt, damit ich euch ein Kinderbett für Carmen vorbeibringe, das bei uns noch von den Drillingen im Keller stand", redete er gleich weiter, während mein Herz immer noch raste. „Komm erst einmal rein. Wir sind gerade beim Frühstücken." Ein fettes Grinsen breitet sich in seinem Gesicht aus „Ist da auch noch eine Schrippe für mich übrig?" „Schrippe?" Was sollte das sein? Ich schaute ihn ratlos an. „Brötchen", grinste er. „Ich bin echt schon zu lange in Berlin." „Das heißt richtig Semmel", korrigierte ich ihn schnell. „Na klar, du Bazi-Braut." Er stupste mich sanft mit der Schulter an, während er an mir vorbei Richtung Küche lief. „Phil, Phil." Carmens aufgeregte Stimme übertönte alles. „Wie geht es Dörte?" „Genauso gut wie Flipper." Er gab ihr einen Nasenstupser. Das war süß. Er konnte echt gut mit kleinen Kindern umgehen. Na ja, wen wunderte das bei den vielen Geschwistern. „Setz dich und nimm dir auch was", bot Mama ihm an. „Du bringst bestimmt das Bett für Carmen." Er nickte und schnappte sich schon eine Semmel. „So, ich werde dann auch mal." Mika stand auf und schob seinen Stuhl zurück an den Tisch. Wie, er würde denn auch mal? Aber ich dachte wir verbrachten den heutigen Tag noch zusammen bevor er morgen wieder.... „Ich muss heute noch zurück nach Berlin. Da ist eine kurzfristige Veranstaltung heute Abend von der Fachschaft angesetzt worden." Entschuldigend blickte er in meine Richtung. Von Phil war ein leises Schnauben zu hören, das auch von meinem Bruder hätte kommen können. „Aber ich habe doch...... ach egal", winkte ich enttäuscht ab. Dann ließ ich die Kletterhalle halt verfallen. So teuer war das ja nicht. „Gute Fahrt. Reisende soll man ja nicht aufhalten." Papa klopfte ihm auf die Schulter und ging zusammen mit Andi ins Wohnzimmer, der mich irgendwie musterte. Sah ich so Mitleid erregend enttäuscht aus? Schnell versuchte ich mich wieder an einem neutralen Gesichtsausdruck und begleitete Mika zur Tür. „Fahr vorsichtig und schreibe mir, wenn du gut angekommen bist." Ich beugte mich vor und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Ja, mehr war momentan nicht drin. Dazu war ich zu enttäuscht, schließlich hatte ich mich auf einen schönen gemeinsamen Tag gefreut. Nachdem ich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, lehnte ich mich kurz mit dem Rücken dagegen und schlug meine Hände vor das Gesicht. Das war dann wohl die Enttäuschung aus meinem Horoskop. Und wo war der Neuanfang? Und vor allem welcher Neuanfang? Neuanfang konnte ja alles mögliche bedeuten. Sollte das etwa heißen, dass ich eine neue Beziehung anfing? Nee, das ging doch nicht so einfach. Außerdem, wo sollte jemand neues so schnell herkommen? Das war ja totaler Quatsch. Außerdem war ich ja auch eigentlich glücklich mit Mika. Das war alles totaler Blödsinn.

Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt