„Warum ist der Papa heute so komisch?" Carmen schaute mich verunsichert an, als ich ihre Decke glatt strich und ihr Dörte in den Arm drückte. „Der Papa ist doch nicht komisch", versuchte ich sie von ihren Gedanken abzulenken. „Doch, ist er. Er hat kaum geredet beim Abendbrot", widersprach sie mir sofort. Da hatte die Kleine absolut recht. Andi hatte am Tisch gesessen und kaum ein Wort von sich gegeben. In seinem Essen hatte er nur herumgestochert. Und ich hatte ihm angesehen, dass er sich alle Mühe geben musste, um Carmen überhaupt zuzuhören. Glücklicherweise hatte sie das nicht mitbekommen. „Papa hat mir nicht einmal richtig zugehört, als ich vom Training erzählt habe", folgte die nächste Beschwerde und sie zog enttäuscht einen Flunsch. Oha, da bekam jemand eindeutig mehr mit, als gut war. Daran mussten wir unbedingt denken, wenn wir Carmen von dem ganzen Mist abschirmen wollten. „Papa hatte heute bestimmt viel auf Arbeit zu tun und ist ein bisschen müde." Carmen nickte verständnisvoll und fing an zu kichern. „Dann musst du ihn auch ganz schnell ins Bett bringen, so wie mich." Ich schmunzelte. „Gute Idee. Dann werde ich das mal machen." Mit meinen Händen wuschelte ich kurz durch ihre Haare und drückte ihr einen Kuss auf ihre Stirn. „Und du schläfst jetzt ganz schnell." Sofort ertöne wieder ihre persönliche Imitation eines Schnarchgeräuschs. Ich löschte die Nachttischlampe und lief zur Tür, die ich im Hinausgehen anlegte. Was mich jetzt wohl bei Andi erwartet? Wir hatten seit die Brunzkachl aus seinem Büro gestürmt war uns nur einmal kurz dort umarmt. Zum Reden hatten wir keine Zeit mehr gehabt, weil Carmen ins Büro gestürzt war, um mich zu suchen. Sie war in voller Panik, dass wir zu spät zu ihrem Fußballtraining kamen. Und als wir vom Training nach Hause gekommen waren, hatte sich auch noch keine Möglichkeit ergeben, weil die Kleine die ganze Zeit um uns herum war. Aber jetzt, würde es mit Sicherheit ein Gespräch geben. Mein Magen zog sich leicht zusammen. Ich hatte keinen Plan, was ich zu erwarten hatte, denn meine Zukunft war ja auch nicht unmaßgeblich mit allem verknüpft. In meinem Kopf hatten sich schon mehrere Szenarien entwickelt, während ich Carmens Training zugeschaut hatte. Also das einzige, dessen ich mir völlig sicher war, Andi würde sich um sein Kind kümmern. Aber in welchem Umfang? Würde er versuchen es der Brunzkachl wegzunehmen? Was hieß hier wegnehmen? Mit ein bisschen Geld würde sie es ihm wahrscheinlich freiwillig überlassen. Das beste für das Kind wäre es mit Sicherheit, so wie sie mit Kindern umsprang. In dem Fall bräuchte er mit Sicherheit meine Hilfe, um es großzuziehen und zu versorgen. Ich könnte ja vielleicht mein Studium etwas zurückstellen oder einfach etwas anderes studieren, was per Fernstudium ging, so dass ich die Versorgung eines Babys übernehmen konnte. Dann hätte ich auch noch genug Zeit für Carmen. Oder wollte er vielleicht nur ein Wochenend Papa werden? Das konnte ich mir kaum vorstellen. Schließlich hatte er bei Carmen auch nicht lange gefackelt und sie zu sich geholt. Und da hatte er noch nicht einmal Unterstützung, so wie jetzt von mir. Das blödeste Szenario, das in meinem Kopf kreiste, und ich zwar für sehr unwahrscheinlich hielt, aber es nicht komplett vertreiben konnte, war das, dass er das Kind zusammen mit der Brunzkachl aufzog und er sich von mir trennte. Alleine bei diesem Gedanken musste ich schon wieder gegen diesen fetten Kloß anschlucken, der sich in meinem Hals gebildet hatte. Nein, das würde er nicht machen. Trotzdem fühlte sich alles so blöd an. Wie auch immer er sich entschied, würde es eine Auswirkung auf unsere Zukunft haben. Wenn er jetzt Vater wurde, also so richtig mit eigenem selbstgezeugtem Kind und das zum ersten Mal, war das etwas ganz besonderes für ihn. Würde er dann, wenn wir zusammenblieben, überhaupt noch ein weiteres Kind in ferner Zukunft mit mir haben wollen? Und war es mir dann egal, wenn ich niemals ein eigenes Kind hatte, sondern nur andere Kinder großzog? Das war eine Frage, mit der wollte ich mich momentan eigentlich überhaupt nicht beschäftigen. Aber trotzdem bekam ich auch sie einfach nicht aus dem Kopf. Aber was sagte Oma immer? Was passiert, passiert. Vor sich herschieben hilft nicht. Dummerweise stimmte das. Bis jetzt hatte es mir noch nie geholfen, mich vor irgendwelchen Sachen zu drücken. Meist waren sie dann nur um so schlimmer geworden. Und darauf hatte ich so gar keine Lust. Warum musste das gerade jetzt alles passieren? Gerade wo Andi und ich endlich zusammen gefunden hatten. Wir hatten schon so viele Pläne für den Sommer und einen gemeinsamen Urlaub gemacht. Das war doch alles hinfällig. Egal, wie er sich entschied. Die Geburt würde mit Sicherheit in den Sommer fallen. Wie sollte Carmen das überhaupt alles verkraften? Das wurde doch für sie bestimmt der Horror, auch wenn sie sich ein Geschwisterchen gewünscht hatte, wusste ich genau, dass sie ihre Probleme damit haben würde, dass die Brunzkachl die Mutter war. Alleine schon das Wissen, dass diese Frau wie auch immer in ihrem Leben und dem ihres Vaters wieder auftauchte, würde ihr eine Heidenangst einjagen. Da mussten wir mit ganz viel Fingerspitzengefühl vorgehen, wenn wir ihr das von dem Baby mitteilten. Ich wusste, dass sie immer noch Angst vor dieser Frau hatte. Das war ja auch kein Wunder nach allem, was passiert war. Oh man, warum musste das passieren? Ich schüttelte einmal kurz den Kopf. Vielleicht half es ja und meine Gedanken purzelten alle an die richtige Stelle oder waren zumindest so irritiert, dass sie einen Moment zur Ruhe kamen. Ja, ich brauchte da oben im Kopf jetzt kein Durcheinander. Ich brauchte meine volle Kapazität für das Gespräch, das mit Andi anstand. Wie sollte ich denn sonst für ihn da sein und ihn unterstützen? Bestimmt nicht mit diesen ganzen wirren Gedankenfetzen, die da durcheinander flogen. Und auch nicht mit einer unterschwelligen Angst. Nein, er brauchte jetzt meine ganze Kraft und Unterstützung. Und die würde er auch bekommen. Ja, ich würde für ihn da sein, egal wie er sich entschied. So einfach würde ich es der oiden Brunzkachl nicht machen. Das konnte sie vergessen. Nicht mit mir. So wahr ich Lucy Goretzka hieß. Ich atmete einmal tief ein und streckte meinen Rücken durch, ehe ich weiterlief.
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Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️
RomanceLucy kommt sich so langsam wie das letzte Einhorn vor. Alle ihre Freundinnen haben einen Freund, nur sie nicht. Und der Kerl für den sie schwärmt, sieht in ihr alles mögliche - die Babysitterin und die Tochter seiner Kollegin - aber nicht das, was s...