Kapitel 38

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„So, du behältst hier alles im Auge und ich kümmere mich kurz um den Rest." Nils grinste mich breit an, während Tessa, Maja und Leo sich gerade zusammen mit der Fotografin auf den Weg zur Südtribüne machten. „Ich bin pünktlich wieder zurück. Ich lasse mir die Show doch nicht entgehen." Er strich mir im Vorbeigehen über den Arm „Und Lucy-Maus, nicht das Atmen vergessen. Du weißt doch am Ende wird alles gut." Erschrocken schnappte ich nach Luft und riss meine Augen auf. Woher wusste er von meinem Horoskop? Das war.....das war beängstigend. Obwohl nee, eigentlich war das doch ein total bekannter Spruch. Und das Ganze war bestimmt nur ein Zufall, versuchte ich mich zu beruhigen. „Komm mal her, Dodo." Luca zog mich in seine Arme und knuddelte mich. Das hatte er bestimmt schon seit.......keine Ahnung seit wie vielen Jahren nicht mehr gemacht. Das war so lange her, dass ich mich kaum noch erinnern konnte. „Du bist heute echt total durch den Wind. Das wird alles funktionieren. Und wenn nicht, Leo wird es schon überleben, wenn sie ihm einen vor den Latz knallt. Er ist doch Sportler und kann mit Misserfolg garantiert umgehen", versuchte er mir Mut zu machen. Ja, okay. Er kannte ja auch nicht den kompletten Plan, sondern nur ein Teil. Gerade kam ich mir damit etwas unfair vor, so wie er sich um mich bemühte, also begann ich zu plappern. „Uh, Scheiße", war alles, was Luca als Antwort zustande brachte. Er wischte sich mit seinen Händen durch das Gesicht. „Das ist echt mutig und ziemlich verrückt." Er schüttelte ungläubig seinen Kopf. „Jetzt verstehe ich aber auch deine Nervosität. Trotzdem, das wird funktionieren, Dodo." Er drückte mich noch einmal an sich. Das fühlte sich gerade richtig gut und vertraut an. Halt so wie früher, als wir noch klein waren. Da war Luca immer mein großer Held, der mich immer beschützt und getröstet hatte, wenn irgendetwas schief gegangen war. Wann und warum hatte sich das eigentlich geändert? Irgendwie als wir hierher gezogen waren und er nur noch mit Maja beschäftigt war. Ja, scheinbar hatte die Pubertät uns da dazwischen gefunkt. Wir wendeten uns wieder den Models und der Fotografin zu. „Ihr hattet Recht. Das Shooting ist völlig in Ordnung und Maja scheint echt Spaß daran zu haben." Oho, mein Bruder der Einsichtige. Ich sollte ein Kreuz in den Kalender machen. „Und das Geld was sie für das bisschen Rumgestehe bekommt, deckt ja schon die Kosten für das erste Semester ab, inklusive aller Lernmaterialien." Und da war er wieder, der kleine Buchhalter und Erbsenzähler. Ich schaute zur Südtribüne, wo gerade ein gemeinsames Foto von Maja und Tessa gemacht wurde. Ja, die beiden schienen echt Spaß daran zu haben, so wie sie immer lachten. Jetzt kam auch noch Leo mit dazu, der in der Mitte von ihnen positioniert wurde. Ja, die drei machten das echt klasse. „So, dann noch ein paar Fotos auf dem Spielfeld mit Ball und dann haben wir alles im Kasten", hörte ich die Fotografin. Maja kam als erste auf das Feld gelaufen und winkte uns zu. „So, du stellst dich an den Pfosten vom Tor und hältst dich da fest, dann brauchst du die Krücken nicht ", dirigierte die Fotografin Tessa „Und du stehst gleich daneben im Tor in Torwartpose", gab sie Leo als Anweisung. Was auch immer die Torwartpose war? Okay, Leo wusste damit etwas anzufangen. Das sah als Bildkomposition echt cool aus, besonders so, wie Tessa ihn dabei anlächelte. „Perfekt" Auch die Fotografin war damit zufrieden. „Ihr beide seid echt süß zusammen", grinste sie. Ja, da hatte sie vollkommen recht. „So, jetzt ist Maja noch mit ein paar Balltricks dran. Ihr könnt schon in die Garderobe, wenn ihr wollt. Ihr seid schon fertig. Hat echt Spaß gemacht mit euch zu arbeiten", verabschiedete sie sich von den beiden. „Na, das lasse ich mir nicht zweimal sagen", stöhnte Tessa begeistert auf und humpelte bereits vom Spielfeld herunter. Ich schaute zu Leo, der mich verzweifelt anschaute. Nee, das ging doch so nicht. Nils war doch auch noch nicht zurück. Mir musste sofort etwas einfallen. Aber was? Verflucht, Herrgottnoamoi! „Tessa, warte mal." Meine Freundin blieb stehen und drehte sich zu mir. „Ja?" Toll, und jetzt? Ich hatte sie zwar kurzzeitig gestoppt, aber mir fiel einfach nichts ein. „Lucy braucht noch Fotos für den Kunstkurs." Danke, Luca. Ich strahlte meinen Bruder dankbar an und zog meine Kamera aus der Fototasche. Manchmal war er ja echt brauchbar. Wir mussten Tessa nur so lange beschäftigen bis Maja fertig und Nils wieder hier war. „Wolltest du das nicht abwählen?" Tessa schaute mich misstrauisch an. Ich zuckte mit den Schultern. „Habe ich mir halt anders überlegt. Musik ist ja noch blöder." Sie verzog ihr Gesicht und schien es aber zu schlucken. „Und warum gerade ich?" Okay, sie war immer noch misstrauisch. Manno, was sollte ich denn da sagen? „Weil du momentan die einzige mit Krücken bist und das Thema ‚Volles Leben trotz Einschränkung' heißt." Luca war ja heute echt kreativ. „Dann hättest du doch die Fotos auch machen können, Willi, so eingeschränkt wie du immer bist." Oh oh, Tessa schoss scharf zurück. Ich schaute meinen Bruder warnend an, doch der grinste nur „Geistige Einschränkungen kann man halt nicht sehen." Jetzt bekam ich es echt mit der Angst zu tun, wenn er heute auch noch seinen Humor wiederentdeckte. „Los, jetzt" Er stupste mich an und ich marschierte auf das Feld. „Ja, dann stelle dich mal irgendwie hin und hänge dein Gipsbein über die Krücke." Was für eine einfallsreiche Idee. Egal was kam, ich sollte auf keinen Fall in Mamas Fußstapfen treten und Profifotografin werden. Während ich ein paarmal auf den Auslöser drückte, versuchte ich gleichzeitig Maja, Leo und den Rest des Stadions im Auge zu behalten. Mein Bruder klopfte Leo gerade aufmunternd auf die Schulter, als die Fotografin sich auch von Maja verabschiedete und Nils mit Daumen nach oben auf das Feld gelaufen kam. Mein Herz fing an zu galoppieren. Dann ging es jetzt gleich los. Halt, Stop. Wo rannte Leo denn jetzt hin? Was sollte denn das? Das stand so nicht in unserem Plan. Ich sah nur noch die Rückseite seines Trikots auf dem dick und fett Reus stand in den Spielertunnel verschwinden. Der hatte doch jetzt nicht etwa doch noch kalte Füße bekommen. Verflucht, was sollte ich denn nun machen? Verzweifelt schaute ich zu Maja und dann zu Nils, der nur mit den Schultern zuckte. Wütend schaute ich zu Luca. Was hatte der Idiot schon wieder angestellt? Er war schließlich der letzte, der mit Leo gesprochen hatte. Er musste irgendetwas gesagt haben, was Leo in die Flucht geschlagen hatte. Verflixt. Und jetzt? Jetzt war noch nicht das Ende, versuchte ich mir Mut zuzusprechen, denn noch war ja nicht alles gut. Aber was, wenn mein Horoskop sich gar nicht darauf mehr bezog?

Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt