Kapitel 12

403 49 8
                                    


„Dein Zeugnis sieht ja dieses Mal richtig super aus." Papa klopfte mir anerkennend auf die Schulter. Ja, ich hatte einen glatten zweier Durchschnitt.  Nur in Sport hatte sich auch eine eins auf mein Zeugnis verirrt. „Wenn das so bleibt, hast du nächstes Jahr ein richtig super Abi. Hast du dir denn schon überlegt, was du dann machen willst?" Ich zuckte mit den Schultern. So ganz klar war ich mir da noch nicht. Ich war mir nur sicher, dass ich etwas mit Kindern machen wollte. Aber was? Keine Ahnung. Naheliegend wäre ja Lehramt zu studieren. Aber wollte ich wirklich Pauker werden? Also wenn nur in der Grundschule. „Na ja, ein bisschen Zeit hast du ja noch, bis du dich entscheiden musst. Vielleicht wirst du ja auch einfach Fußballprofi", grinste Papa „Das Talent dazu hast du ja geerbt." „Nix da, Krapfen. Lucy macht was Vernünftiges. Nicht wahr, Spatzl?" Ich musste schmunzeln, wie Papa nach Luft schnappte „Fußball ist vernünftig." Mama ignorierte ihn einfach grinsend und wandte sich wieder an mich. „Vorhin ist für dich ein Paket gekommen. Ich habe es hoch in die Räuberhöhle gestellt." Ich nickte und sprintete hoch in mein Zimmer. Das musste meine Bestellung sein. Ich hatte schon befürchtet, dass sie doch nicht mehr pünktlich ankam. In meinem Zimmer verschaffte ich mir schnell einen Überblick. Mist, Mama hatte die ganzen Klamotten aus der Wäsche einfach auf mein Bett gelegt. Wenn ich heute darin schlafen wollte, sollte ich die unbedingt wegräumen. Mm, wieder auf die Erde war Mist. In den Schrank war auch Schwachsinn.....am besten knallte ich sie gleich in den Koffer. Genau, dann war ich auch schon mit dem Packen fertig, wenn es am Sonntag nach Ibiza ging. Ich schnappte mir meinen Koffer vom Schrank und knallte den ersten Wäschestapel hinein, als mir wieder mein Paket in den Sinn kam. Schnell scannte ich den Raum und marschierte zum Schreibtisch. Leicht barbarisch fetzte ich den Karton auf und zog die beiden in Plastiktüten verschweißten Kleidungsstücke heraus. Ich zog mein T-Shirt über den Kopf, öffnete meinen BH und fetzte dann auch die  durchsichtige Plastiktüte kaputt. Jaa, das Bikini Oberteil passte wie angegossen. Schnell schlüpfte ich auch aus meiner Hose und Unterhose. Auch das Bikinihöschen passte. Okay, das saß alles viel knapper als meine üblichen Badeanzüge, aber das war ja auch der Sinn der Übung. Ein Blick in meinem Spiegel sagte mir, dass das Teil echt wie für mich gemacht war. Pah, da sah ich doch dreimal so gut wie das Model aus der Kampagne mit aus. „Hilfe, ich bin blind.", stöhnte mein Bruder hinter mir. „Halleluja, so willst du doch wohl hoffentlich nicht auf Ibiza herumlaufen." Wo kam denn auf einmal Luca her und wieso schüttelte der Idiot so seinen Kopf. „Raus aus meinem Zimmer, du Schwachmat. Und das nächste Mal klopfst du, bevor du hier reinplatzt." Was bildete der sich denn ein? „Dann lass die Tür nicht offen stehen." Konnte der nicht einfach die Klappe halten und verschwinden? „Raus", brüllte ich ihn an und er verschwand mit erhobenen Händen. Ich drehte mich noch einmal vor dem Spiegel und zuppelte an dem Höschen. Okay, das war schon alles ziemlich knapp.....aber total perfekt für mein Vorhaben Andi den Kopf zu verdrehen. Das Kleid probierte ich auch noch kurz an und stellte genauso zufrieden fest, dass auch das perfekt passte. Also ab damit in den Koffer. Die anderen Sachen flogen auch noch alle mit rein. Fertig! Ich klappte ihn zusammen und zog den Reißverschluss zu. Ein Blick zur Uhr sagte mir, dass es auch langsam Zeit wurde, mich auf den Weg zur Kita von Carmen zu machen. Schließlich hatte ich ihr ja versprochen, dass ich heute zu ihrer Abschiedsfeier kam. Was sollte ich denn anziehen? Meine besten Sachen schmorten ja alle schon im Koffer. Da musste ich wohl doch noch in den Gründen meines Schranks wühlen. Okay, die weiße Jeans sah okay aus und das T-Shirt mit dem pinken Herz darauf war ein Geschenk von Tante Charlotte, das ich von Anfang an nicht wirklich mochte. Aber für die Kita war es mit Sicherheit passender als das mit dem glitzernden Totenkopf, das ich in der anderen Hand hielt. „Klopf, klopf." Mama blieb wartend an der Tür stehen. Ja, es gab in dieser Familie auch Menschen, die offen stehende Türen trotzdem respektierten. Das sollte mein dusseliger Bruder auch mal lernen. „Komm rein", forderte ich meine Mama also freundlich auf. „Ich wollte mir mal die Sachen, die du bestellt hast anschauen." Ihr Blick fiel zu meinem Bett. „Oh, du hast schon die ganze Wäsche weggeräumt und die Kleiderschranktür geht sogar zu." Den letzten Teilsatz hätte sie sich auch sparen können. „Wo sind jetzt die neuen Sachen?" Neugierig schaute sie sich um. Ich deutete mit meinem Kopf zu dem Koffer, den ich neben meinen Schreibtisch geschoben hatte.  „Was? Du hast schon gepackt?" Mama schaute ganz schockiert. „Sonst machst du das doch immer erst auf den letzten Drücker." Ja, heute hatte es aber für Arbeitsersparnis gesorgt und da war ich dann schon praktisch denkend. „Da musst du bis Ibiza warten, um die zu sehen." Nicht, dass sie genauso wie Luca, der Volltrottel, reagierte und ich sie zu Hause lassen musste. „Kannst du das nicht noch einmal rausholen?" Mama war aber auch mal neugierig. Ich schüttelte den Kopf. „Nee, dann kommt ja alles wieder durcheinander." Mama fing an zu lachen. „Das dürfte bei deiner Packtechnik eigentlich keine Rolle spielen. Du stopfst doch sowieso nur alles da rein. Aber egal. Ich bin ja noch jung, ich kann mich ja noch gedulden", zwinkerte sie mir zu. „Willst du noch weg?" Ich nickte „Ja, Carmen hat mich zu ihrer Abschiedsfeier in der Kita eingeladen. Ich muss jetzt auch los." Meine Hand griff nach dem Sneaker, der neben dem Schrank lag. Mist, wo war der andere davon? Mein Blick scannte das Zimmer ab. „Suchst du den?" Mama griff in den offenstehenden Rucksack neben dem Schreibtisch. Ups, wie war der denn da hingekommen? Egal. So langsam musste ich mich beeilen. Also schnappte ich mir den Schuh aus Mamas Hand und schlüpfte schnell hinein, ehe ich mir meine Handtasche griff und das kleine Geschenk, dass ich für Carmen noch gestern schnell besorgt hatte. Bestimmt freute sie sich über das T-Shirt mit dem Aufdruck „Ich bin jetzt ein Schulkind". Ich war schon gespannt auf ihr Gesicht, wenn sie es auspackte.

Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt