Kapitel 198

585 56 56
                                    



Das Eis war noch nicht serviert worden, als die drei schon wieder vor unserem Tisch standen. „Das ging ja schnell!" Mama schaute erstaunt von Papa zu Andi. Carmen zerrte ihren kleine Rucksack von der Stuhllehne und begann darin zu kramen. Als erstes landete ihr Handy und ihr Eisbär, den ich in Bremerhaven im Zoo gekauft hatten auf dem Tisch, während sie weiter in den Untiefen buddelte. „Hier Papa." Blitzschnell steckte sie Andi etwas zu. Bei der Geschwindigkeit hatte ich gar kein Möglichkeit zu luntschen, was es war. Was auch immer es war, Andi ließ es genauso schnell in seiner Hosentasche verschwinden. Ein breites Grinsen zog sich durch sein Gesicht. Das war das erste Mal seit wir vorhin das Haus verlassen hatten, stellte ich erleichtert fest. Das war doch mal ein gutes Zeichen. „Das Eis für die beiden Damen." Der Kellner stellte zwei hübsch mit Obst dekorierte Becher vor Mama und mir ab. Mm, da hatte ich jetzt richtig Appetit drauf. Ich griff mir den Löffel und tauchte ihn in die kalte Masse und schloss die Augen, bevor ich ihn mir genussvoll in den Mund schob. Boah, war das lecker. Als ich die Augen wieder öffnete, starrten mich drei Augenpaare an. „Wolltet ihr auch ein Eis?"schickte ich also unsicher meine Frage in Richtung Carmen, Papa und Andi. Wieso starrten die mich überhaupt so an? Mama löffelte doch genauso. „Nee, danke. Aber du könntest mal ein bisschen flotter schaufeln." Papa trommelte schon wieder ungeduldig auf dem Tisch herum. „Ja, du musst dich beeilen", feuerte auch Carmen mich ungeduldig an. Wieso denn? „Sonst klappt unser Plan nicht." Welcher Plan? Ich wusste gar nicht, dass wir für den heutigen Abend einen Plan hatten. So ernst wie Kleine schaute, schien sie aber einen zu haben. „Gib mal her, sonst dauert das ja noch ewig." Papa schnappte sich mein Eis und löffelte wie ein Turboschaufelbagger los. Sprachlos schaute ich ihm zu. Da half wohl kein Protest mehr. Keine Minute später schob er den Becher von sich. „So, dann kann es jetzt losgehen." Er grinste zufrieden in Andis Richtung, der an seinem Hemdkragen herum nestelte. „Das Kleid, das du heute trägst sieht wirklich hinreißend aus." Wie, war ihm das gerade jetzt erst aufgefallen? „Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie hübsch du letztes Jahr damit ausgesehen hast." Wie? Dann hatte er mich letztes Jahr also doch mitbekommen? Innerlich breitete sich ein kleine Genugtuung aus. Ha, dann war ich doch auf dem richtigen Weg gewesen. „Mensch Papa, jetzt erzähl nicht so viel. Gleich geht die Sonne unter." Carmen schüttelte unzufrieden den Kopf. „Ja, komm mal in die Pötte", murrte auch Papa ungeduldig. Was sollte denn das? „Krapfen, du hast jetzt Sendepause. Und ihr zwei macht vielleicht einen kleinen Verdauungsspaziergang." Mama schaute Andi eindringlich an, der nur nickte und nach meiner Hand griff. Okay, dann gingen wir halt ein Stück spazieren. So übersichtlich, wie die Bucht war, konnte es jedenfalls keine ausgedehnte Wanderung werden. „Manno, musste das sein?" hörte ich Papa hinter uns brummen. „Ja, die beiden brauchen mal etwas Privatsspähre", bekam er umgehend von Mama die Antwort. Wieso brauchten wir Privatssphäre? Irgendwie waren heute alle eigenartig. Andi lief wortlos mit mir an der Hand durch die vielen Leute, die sich mittlerweile hier eingefunden hatten, um den Sonnenuntergang zu bewundern. Die Sonne war wirklich schon ziemlich kurz davor in das Meer einzutauchen. An einer freien Stelle blieb Andi abrupt stehen und drehte sich zu mir. „Luz, ich bin so glücklich, dass es dich in Carmens und meinem Leben gibt." Wow, mein nächster Lieblingsmann, der heute einen emotionalen Anfall hatte. Lag hier auf Ibiza etwas in der Luft, was die Männer so verwirrte? Oder waren das kosmische Strahlungen? Erst Papa und jetzt Andi. „Wir kennen uns ja jetzt schon eine ganze Weile und du hast mich davon überzeugt, dass das Alter überhaupt keine Rolle spielt, sondern nur das, was das Herz dazu sagt." Er fuhr sich mit seiner Hand durch den Nacken. „Und mein Herz sagt mir..." „Mensch Papa, die Sonne ist gleich im Wasser." Wo kam denn Carmen auf einmal her. Sie stupste ihren Papa an und deutete auf den Sand. Hatte sie da eine Muschel entdeckt? Die Kleine war in letzter Zeit total darin vernarrt Muscheln zu sammeln. Andi bückte sich. „Manno, Papa!" Wieder stupste sie ihn an und er kniete sich hin. Das sah gerade irgendwie komisch aus, wie er in seiner Hosentasche herumkramte. Ich schaute zu Carmen, die das Gesicht verzog und zu der Sonne schaute, die wirklich schon zur Hälfte wie ein roter Feuerball im Meer versunken war und es in flüssige Lava verwandelte. „Luz willst du dein zukünftiges Leben mit Carmen und mir...." „Willst du meine Mama werden?" Carmen hatte sich neben Andi gekniet und schaute mich erwartungsvoll an. Sollte es das heißen, was ich dachte, dass es hieß? Ich schaute zu Andi, der mich auch erwartungsvoll anschaute und eine kleine Schmuckschatulle in seinen Händen hielt. „Ja", schoss es mir ohne überhaupt zu überlegen aus dem Mund und die zwei Gesichter vor mir begannen zu strahlen. Andi griff nach meiner Hand und steckte mir einen Ring an den Finger. Im nächsten Moment brandete Applaus auf. Hatten die ganzen Leute am Strand etwa alles mitbekommen und freuten sich jetzt für uns? Ich schaute mich unauffällig um. Nee, die starrten alle nur zum Wasser, wo die Sonne gerade endgültig im Meer versunken war. Sie hatten nicht uns sondern dem Sonnenuntergang applaudiert. Ich musste lachen. Nicht nur, weil ich echt geglaubt hatte, dass das Klatschen Andis Heiratsantrag gegolten hatte, sondern weil ich gerade unheimlich glücklich war. „Und?" Wo kam denn jetzt auch noch Papa her? „Sie hat ja gesagt, genau als die Sonne plumps gemacht hat", strahlte ihn Carmen an. „So wie ich das geplant hatte." Wie, Carmen hatte es geplant? „Opa Chris hat mir nämlich erklärt, wie so ein Heiratsantrag funktioniert und dass der voll romantisch sein muss. Deshalb auch der Sonnenuntergang", plapperte die Kleine stolz in meine Richtung. Andi hatte seinen Arm um meine Schultern gelegt und zog mich an sich. „Du glaubst gar nicht, wie glücklich ich bin, dass du ja gesagt hast." Er drückte seine Lippen in mein Haar und ein Gänsehaut überrollte mich. Bei dem Wort Ja aus seinem Mund, realisierte ich erst wirklich, dass wir heiraten würden. Das hatte ich mir schon immer gewünscht. „Die beiden haben mich schon letztens gefragt, ob ich damit einverstanden bin, dass sie dich heiraten", grinste Papa. Wie bitte? „Ja, Opa Chris hat nämlich gesagt, dass man immer erst den Brautvater fragen muss", nickte Carmen eifrig. Jetzt war mir auch klar, warum Papa vorhin so komisch war. Er war eingeweiht gewesen. „Deshalb haben wir auch alles zusammen geplant." Der Stolz strahlte aus ihren Augen. „Trotzdem wäre es fast noch schief gegangen", feixte Papa. Andi verzog sein Gesicht als hätte er Zahnschmerzen. „Ja, ich war total verzweifelt, weil ich dachte, ich hätte den Ring in Dortmund vergessen. Dabei war ich mir so sicher, dass ich ihn eingepackt hatte." Dann hatte er den also vorhin in seinem Rucksack gesucht. „Das hat mich echt ein paar graue Haare gekostet." Er schüttelte schmunzelnd seinen Kopf und wurschtelte Carmen durch die Haare. „Ich habe ihn doch nur eingepackt, damit du ihn nicht vergisst und das alles versaust. Du hast dich auch gar nicht an den Zeitplan gehalten. Deshalb musste ich fragen. Papa hat viel zu lange gesabbelt. Der hätte das echt noch verkackt", rechtfertigte sich die Kleine schmollend. „Gefällt dir der Ring?" Sie strahlte mich erwartungsvoll an. „Den haben Papa und ich am letzten Schultag nämlich ausgesucht." Ich musste an den Tag zurückdenken. Okay, dann war mir jetzt auch klar, warum sie so früh zu Hause waren und sich heimlich hereingeschlichen hatten. So langsam ergab alles einen Sinn. Auch der kleine Napoleon, in den sich heute Carmen verwandelt hatte. Ich musste grinsen. Ja, sie hatte mich gefragt, ob ich ihre Mama werden wollte. Und wie ich das wollte. Ich schaute zu dem Ring an meinem Finger, der im Restlicht glitzerte. „Der Ring ist der schönste Ring, den ich je gesehen habe", versicherte ich ihr schnell. „Zeig mal." Mama griff nach meiner Hand und bewunderte den schmalen Goldreif, mit den vier kleinen Brillanten nebeneinander. „Das ist ein Stein für jeden", erklärte Carmen sofort. „Vier?" Mama schaute sie irritiert an. „Ja, der eine ist schon für meine Schwester oder meinen Bruder." Sie schaute mich bettelnd an. „Ich bekomme doch irgendwann ein Geschwisterchen.". Wie könnte ich da nein sagen. „Irgendwann einmal, Flipper. Das habe ich dir gesagt", ermahnte sie Andi und schaute mich entschuldigend an. „Und du bist jetzt mein richtiger Opa." Carmen hüpfte zu meinem Papa und hakte sich bei ihm unter. „Ja, das bin ich." Seiner Stimme war eine gewisse Freude anzuhören. „Ach du liebes Lieschen", stöhnte Mama. „Dann muss ich ja jetzt neben einem Opa schlafen." Wir fingen alle an zu lachen, als sie Papa mit seinem eigenen blöden Spruch konterte. „Wir müssen dann ja auch die Hochzeit planen", wechselte er einfach das Thema, als hätte er Mamas Satz gar nicht gehört. „Au ja, Lucy soll ganz schnell meine Mama werden." Carmen hüpfte begeistert von einem Fuss auf den anderen. Wahrscheinlich würde sie wieder ein kleiner Feldmarschall. Ich schaute zu Andi, der mir zuzwinkerte. Ja, ich hatte bald meine eigene kleine Familie, die ganz sicher auch noch wachsen würde, wenn auch nicht gleich in der nächsten Zeit. Jetzt stand erst einmal das Studium an und die Hochzeit. Die könnte auch ganz schnell stattfinden. Ich konnte mir nichts schöneres vorstellen als endlich Lucy Göbel zu heißen. Von mir aus brauchte es auch keine große Feier zu geben. Das war mir nicht wichtig. Wahrscheinlich ließ sich mein Papa aber nicht davon abhalten. Egal! Momentan war ich einfach nur rundum glücklich. Ich kuschelte mich an Andis Schulter. Unglaublich, was sich in dem einen Jahr alles verändert hatte. „Luz, ich liebe dich", flüsterte er mir leise ins Ohr und küsste mich zärtlich. Ich dachte an mein Horoskop von heute morgen. Sie überqueren die magische Ziellinie Ja, ich war definitiv am Ziel meiner Träume angekommen.

-ENDE-

Hallo ihr Lieben,

Es ist mal wieder soweit. Die Story ist zu Ende. Nachdem Lucy nun ihr Glück gefunden hat, wird es Zeit, dass auch jemand anderes sein Glück findet. Natürlich weiß ich, dass ihr bestimmt auch wissen wollt, was aus den dreien wird. Aber ihr könnt euch sicher sein, dass auch Lucy, Carmen und Andi immer mal wieder auftauchen werden. Ich danke den vielen stillen Lesern und jedem der ein Sternchen dagelassen hat, was immer eine kleine Belohnung für mich ist. Ich hatte viel Spaß an euren Kommentaren und daran, wie ihr immer mitgefiebert habt. Jeder dieser Kommentare motiviert mich ganz auf seine Weise. Deshalb möchte ich mich auch ganz besonders bei maki_sushi_ii HexleHanna, Tim_2000, xsweetbabex, AnnaWerth, Katha1900, myriamxwetter,, SaskiaPrivat, A_heck17, marcoreusfan89, nina2776, larrypupsi, Quietscheente98, libraryjourney, Maximilliane, LaSamstag, SandraFynn79, Oreo—, NeleLiv, Chrisiiwahtelse7, AntoniaRostock, franzifisch, MReusFan_ 1994, Saskia Ullbricht, blingbling2408, Gestaltwandler, kleineMaus88, MaryLianeSim, storyreader2001, frawiwo und natriumcyclamat bedanken. Ich hoffe, ich habe euch mit dieser Story etwas Spaß bereitet und ihr seid morgen wieder dabei, wenn es dann heißt "Schuss und Treffer im Auswärtsspiel". Ich bin gespannt, ob ihr schon ahnt, um wen es dieses Mal geht. Vielleicht habt ihr ja Lust eure Vermutung in den Kommentaren mit mir zu teilen. Mich würde es jedenfalls freuen, wenn ihr weiterhin dabei seid.
Ganz liebe Grüße
Eure Prinzessin Flanke

Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt