Kapitel 25

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Ich ließ mich faul in den Liegestuhl plumpsen. Der gestrige Abend mit Mika hatte richtig Spaß gemacht. Wir hatten noch eine Ewigkeit getanzt und waren erst um vier Uhr morgens Zuhause. Das war auch der Grund, warum ich gerade jetzt am liebsten nur chillen und meine Augen hinter der Sonnenbrille verstecken wollte. Dann bekam wenigstens niemand mit, dass ich ein Runde schnorchelte, während mir die Sonne auf den Bauch schien. Nachher musste ich ja auch noch eine Runde mit Leo laufen. Glücklicherweise hatte er Verständnis und mich heute morgen wenigstens etwas länger schlafen lassen. „Menschenskind Erpel, du musst mich nicht die ganze Zeit wie ein Kleinkind durch die Gegend tragen", ertönte neben mir Tessas empörte Stimme. „Ich kommen mit diesen dusseligen Krücken so langsam klar." Oha, da wurde jemand wohl unleidlich und dabei blieb ihr der Gips garantiert noch ein paar Wochen erhalten. „Aber hier in dem Sand ist das viel zu gefährlich, Zuckerschnecke. Außerdem muss ich meine Armmuskeln sowieso trainieren." Ich schob meine Sonnenbrille hoch und richtete mich auf, ehe ich zu den beiden schaute. Tessa schüttelte ihren Kopf „Aber nicht mit mir als lebende Hantel. Dann gehe wie alle anderen in die Muckibude." „Was ist dir denn heute über die Leber gelaufen?" Normalerweise war Tessa immer gut gelaunt. „Prinzessin Leokardia, die die letzten Oliven weggefuttert hat, weil die angeblich gut für ihre Haut sein sollen. Und sie muss doch gut aussehen zur Hochzeit. Wen interessiert das? Sie trägt doch sowieso ein Schleier und jede Menge Pampe im Gesicht. Oder wofür muss extra ein Visagist gebucht werden? Ich bin aber der Brutkasten für zwei Windelpupse, die ungeheuren Appetit auf Oliven hatten. Wer ist nun wichtiger?" Ich musste lachen. „Soll ich dir welche besorgen gehen?" Tessa schüttelte den Kopf „Wieso mir? Die Windelpupse hatten darauf Appetit. Und mein Erpel hat ihnen schon einen großen Becher voll besorgt." Sofort grinste sie Leo an, der ihr zuzwinkerte. „Wenn es euch nichts ausmacht, dann gehe ich zu den anderen ein bisschen Beachvolleyball spielen." „Nee, mache das mal. Aber zocke Paps nicht wieder ab, sonst jammert er heute wieder den ganzen Tag." Ich musste schmunzeln. Ja, da war Marco nicht anders als mein Papa. Der konnte auch nicht verlieren. „Und war es gestern sehr langweilig mit dem Plattfisch?" Tessa schaute mich neugierig an. „Du sollst meinen Bruder nicht immer so nennen", empörte sich Leo hinter uns. Wo kam die denn auf einmal her? „Mika ist doch der totale Gentleman, oder?" Sie ließ sich auf meiner Liege nieder und schaute mich erwartungsvoll an. Eigentlich fehlte jetzt nur noch Maja. „Lucy wird euch schon alles erzählen, wenn sie das will." Okay, wir waren komplett. „Also ich mache hier mal ganz schnell einen Abgang. Kommst du mit Luca?" Max hatte wohl nicht so gesteigertes Interesse an Frauengesprächen. Mein Bruder brummte nur „Was soll da schon groß passiert sein, wenn er weiß, was gut für ihn ist." Das war wieder so ein typischer Kommentar, den er sich auch hätte sparen können. Wieso hielt er mich eigentlich für eine Plage, die anderen schadete? Na ja gut, weil ich das gleiche vielleicht auch von ihm dachte. Obwohl tat ich das wirklich? Also meist nervte er mich echt, aber irgendwie würde ich ihn auch vermissen, wenn es ihn nicht gäbe. Über wen sollte ich mich denn dann lustig machen? Oder wen sollte ich ärgern? „Seit wann spielt Luca sich denn so als großer Bruder auf, der die bösen Jungs von dir fern halten will?" Tessa schaute ihm verwundert hinterher. „Wie böse Jungs fern halten?" Was meinte sie denn damit? „Na hast du nicht gehört, was er eben gebrummt hat? So etwas kommt normalerweise immer nur von Phil. Dass die Kerle schön ihre Finger bei sich behalten, wenn sie wissen, was für sie gut ist. Leo hat von ihm auch so eine Ansage bekommen." Dann hatte Luca das ja gar nicht gegen mich sondern Mika gemeint gehabt. Jetzt schaute ich ihm auch verwundert hinterher. Der wurde doch nicht etwa krank. „Hat aber nichts genutzt", kicherte Maja. „Was?" Hatte sie da ein Gespräch mitbekommen? „Na Phils Ansage. Sonst würde ich ja nicht bald Doppeltante." „Habt ihr euch denn schon ein paar Hochzeitsbräuche überlegt?", wechselte Leo sofort das Thema. „Also auf alle Fälle brauche ich etwas Altes, etwas Neues , etwas Geborgtes und etwas Blaues." „Dann frage doch Lucy, ob du von ihr eine Schalke Unterhose haben kannst. Die ist ja blau und wäre dann auch gleich noch alt und geborgt", haute Tessa grinsend heraus. Ich biss mir auf die Lippen, um nicht laut loszuprusten, während Leo sie mit zusammengekniffenen Augen fixierte. Ehe sie aber über Tessa herfallen konnte, bimmelte deren Handy. „Hallo Nils, was gibt es?" Ich schaute zu meiner Freundin, die gespannt zuhörte und dann zu ihrer Schwester schaute. „Mm, das wird knapp, aber.......ja, ja. Ich kläre das und melde mich noch einmal bei dir." Sie ließ das Telefon auf die Liege neben sich sinken. „Maja, wir müssen in drei Wochen zu einem Shooting vom BVB. Du müsstest dafür aber eine Woche früher zurück fliegen. Geht das für dich klar?" Maja nickte sofort. „Überhaupt kein Problem." „Was ist kein Problem?" Wo kam denn schon wieder mein Bruder her? „Das ich eine Woche früher zu einem Shooting nach Hause fliege." „Was für ein Shooting?", stellte Leo die Frage, die scheinbar auch meinen Bruder brennend interessierte. Und wenn ich ehrlich war, mich auch. „Seit dem Spielerfrauen-Shooting stehen Maja und ich beim BVB als Models unter Vertrag", klärte uns Tessa auf. „Das kannst du vergessen. Du posierst nicht halb nackig für irgendwelche Kataloge", fauchte Luca los. „Hast du nicht gesagt für den BVB?", mischte sich Max ein, der auch dazu gekommen war. „Ich vergesse das garantiert nicht. Ich bekomme dafür 1000 Euro. Und das ist nicht der Playboy, sondern der Katalog für das Merchandising." Wow, mit Majas Widerspruch hatte der liebe Luca wohl nicht gerechnet. Momentmal, hatte sie eben 1000 Euro gesagt? Dafür würde ich sogar im Playboy posieren..... obwohl, nee würde ich doch nicht. „Also ich fliege deshalb garantiert nicht früher zurück. Das kannst du vergessen. Und du auch nicht." Oh oh, jetzt überschätzte sich Luca aber. „Und ob ich das werde. Das wirst du schon sehen." Maja drehte sich wütend um und stapfte durch den Sand davon. Mein Bruder schnaufte durch die Nase und marschierte Richtung Meer. Das war doch kein Grund sich gleich zu ertränken. „Wieso seid ihr Models und ich nicht." Nee, jetzt regte sich Leo doch nicht auch noch wirklich auf. „Weil du kein Reus Zwilling bist", antwortete Tessa ganz ruhig. „Das....das.....ich bin aber bald eine Reus. Und ich kann mich mit Sicherheit viel besser bewegen als du", wütend funkelte sie Tessa an. „Das ist so gemein von euch. Erst versuchst du mit deiner blöden Schwangerschaft meine Hochzeit zu torpedieren. Und jetzt lasst ihr euch zusammen so etwas einfallen, nur damit ihr mehr Aufmerksamkeit bekommt als ich. Ihr gönnt mir einfach das Glück mit Max nicht und dass ich schon viel weiter bin als ihr. Euer Neid und eure Eifersucht kotzt mich an." Und schon wieder stapfte eine meiner Freundinnen sauer durch den Sand ab. „Musste das sein? Du weißt doch, dass Leos Nerven durch die Hochzeit ziemlich dünn sind." Na prima, jetzt maulte Max Tessa auch noch an und rannte dann hinter seiner Verlobten her. „Die meint das doch nicht ernst?" Tessa schüttelte fassungslos den Kopf. „Meint die echt ich bin schwanger geworden, um ihr die Show zu stehlen. Die ist doch nicht mehr ganz sauber im Kopf." Ja, da hatte meine Freundin recht. Trotzdem musste ich an das Gespräch mit Mika gestern denken. Vielleicht war es aber auch wirklich schwer für sie, der ganzen Situation gerecht zu werden. Ich wüsste auch nicht, was in dem Fall von mir erwartet würde. Andererseits war sie ja auch ganz versessen darauf zu heiraten und wollte nicht länger warten. Mein Mitleid schmolz gerade wieder etwas zusammen. Auf alle Fälle hatte meine Horoskop App heute mal wieder voll ins Schwarze getroffen, als sie mir angekündigt hatte, dass ich von Zwist und Streitigkeiten umgeben war. Darauf hätte ich echt verzichten können. Eine meiner Lieblingsstimmen riss mich aus meinen Gedanken. „Lucy, gehst du mit mir ins Meer schwimmen? Papa hat mir gestern so einen großen aufblasbaren Walfisch gekauft und den möchte ich ausprobieren." Carmen deutete auf das mindestens 1,5 Meter lange Schwimmtier, das sie im Sand hinter sich her geschleift hatte. „Ja, das wäre lieb, wenn du mit Carmen ins Wasser gehen könntest." Jasi setzte Baby Lulu im Sand ab und rieb sich ihren Rücken. „Mausi, du sollst die Kleine nicht immer tragen, Sie ist schon viel zu schwer und kann auch schon laufen", schimpfte Marvin hinter ihr. Ich scannte unauffällig die Umgebung ab. Wieso war Andi schon wieder nicht dabei?

Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt