Kapitel 167

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Ich schaute auf das Schneegestöber, das auf dem Ultraschallbild eingefangen war. Okay, man sah da schon etwas Dunkles, dass so ein wenig die Form eines Gesichts erahnen ließ. Aber wirklich etwas erkannte ich darauf nicht. Mir fiel spontan das Horoskop von heute morgen ein Eine Kleinigkeit kann von großer Bedeutung sein. Achten Sie auf das Detail. War ein Baby eine Kleinigkeit? Auf alle Fälle würde es von uns von Bedeutung sein, wenn Andi wirklich der Vater war. Aber auf welches Detail sollten wir achten? Ich schaute noch einmal ganz genau auf das Ultraschallbild in meiner Hand. Für Details wären da wohl Phil oder Max eher die Fachleute. Vielleicht meinte das Horoskop ja mit dem Detail, dass es Zwillinge wie bei Tessa waren. Ich schluckte. Nee, das musste echt nicht sein. Aber hallo! Was war das denn? „Das Ultraschallbild ist gar nicht von Marlen.", quietschte ich auf. „Schau, da steht ein ganz anderer Name." Aufgeregt deutete ich mit meinem Finger in die linke obere Ecke. Das war das Detail. Die Alte hatte versucht uns mit einem falschen Ultraschallbild zu linken. Wahrscheinlich hatte sie sich auch nur eine Bauchattrappe umgeschnallt. Das war doch echt nicht wahr. Und da hatten wir uns solche Gedanken gemacht. Wie ätzend konnte ein einzelner Mensch eigentlich sein? Egal. Wir würden nicht darauf reinfallen, denn wir hatten das Detail gefunden. Ein absolutes Hochgefühl breitete sich sofort in mir aus. Dann war Andi aus dem Schneider. Ein Anruf beim Anwalt war also nicht einmal mehr nötig. „Da steht nicht Marlen Guendouzzi sondern Bärbel Schulz." Dachte die oide Brunzkachl echt, dass das nicht auffiel? Die war ja noch viel dümmer als ich gedacht hatte. „Das ist von ihr. Das ist ihr richtiger Name. Marlen Guendouzzi ist nur ein Künstlername." Ich schloss kurz meine Augen. Mist, wäre ja auch zu schön und zu einfach gewesen, um wahr zu sein. „Und warum hast du sie dann auch immer Marlen und nicht Bärbel genannt?" Andi zuckte mit den Schultern. „Erst wusste ich es nicht und dann hatte ich mich so daran gewöhnt. Außerdem hasst sie ihren echten Namen." Das konnte ich verstehen. Mir würde der auch nicht gefallen. Irgendwie war das aber schon fast witzig, dass sie sich so einen ausgefallen Namen gegeben hatte und sich benahm als wäre sie hochwohlgeboren. Dabei stammte sie auch nur vom deutschen Hausmeister-Adel ab. Trotz aller Ironie war meine Hoffnung schlagartig zerplatzt. Dann mussten wir wohl auf den Vaterschaftstest hoffen. „Wann kommt das Kind eigentlich?" Andi zuckte mit den Schultern. „Das hat sie gar nicht gesagt. Aber das wird sich ja herausfinden lassen. Spätestens wenn der Anwalt mit ihr Kontakt aufnimmt. Also wir haben uns definitiv an dem Tag von deinem ersten Shooting getrennt, als Carmen...." Andi brach mitten im Satz ab. Ja, das war nichts an was wir beide uns gerne erinnerten. Carmen hätte sonst etwas zustoßen können. „Das war am 14. Oktober." Das wusste ich noch ganz genau. „Warte mal." Ich zog mein Handy aus der Tasche und wählte Tessas Nummer. „Was?", hörte ich die Stimme meiner Freundin von einem Gähnen untermalt. „Du hattest doch so eine Schwangerschafts-App. Wie hieß die?" Wozu viel Zeit mit Erklärungen verschwenden. „Windelprinz oder so" Wieder gähnte meine Freundin. „Wieso brauchst du die?" Scheinbar war sie schlagartig wach. Okay, dann kam ich wohl doch nicht ohne Erklärung aus, ehe sie noch sonst was dachte. Also fasste ich das Notwendigste schnell zusammen. „Ach du heilige Scheiße." Ja, so konnte man das auch sagen. „Und jetzt wollt ihr gucken, wann der Osterhase bei euch liefert. Vielleicht habt ihr ja Glück und es kommt von Amazon, wegen der Retoure." Natürlich musste sie das von heute Nachmittag mit aufnehmen. War ja klar. Aber irgendwie konnte ich nicht darüber lachen. Dazu war es mittlerweile einfach zu ernst. „Hast du mal oben rechts in der Ecke nach der Schwangerschaftswoche geguckt? Also bei mir stand die jedenfalls immer auf dem Ultraschallbild. Vielleicht könnt ihr daran ja dann den Geburtstermin herausbekommen." Achten Sie auf das Detail schoss es mir gleich wieder durch den Kopf und ich schaute in die rechte Ecke. Tatsache! Da stand das Datum von gestern und darunter 22.SSW. Bingo! Das hieß garantiert 22. Schwangerschaftswoche. „Und?" Natürlich war Tessa neugierig. „22. Tschö.", informierte ich sie. Jetzt musste ich schnell das Gespräch beenden und nachschauen. „Stop, soll ich schnell schauen? Ich habe sie doch noch auf dem Handy." Ja, warum nicht? Das kostete weniger Zeit und wir wussten schneller, woran wir waren. Außerdem kannte sie sich auch viel besser damit aus. Mein Blick ging zu Andi, der mich skeptisch anschaute. „Also die Lieferung erfolgt voraussichtlich am 4. September, außer es gibt Lieferverzögerung oder der Auslieferer findet die Adresse nicht oder hat keinen Bock. Kennst ja die Amazonauslieferer." Ach, wie lustig. 4. September. Das war noch eine ganze Weile hin. Also genaugenommen waren das noch über 4 Monate. Eine Schwangerschaft dauerte doch 9 Monate. Dann waren 5 schon um. Vor 5 Monaten hatten wir aber Dezember und nicht Oktober. Das war das Detail! „Kann man da auch den Zeugungstermin herausbekommen?" Meine Stimme überschlug sich fast und Andi starrte mich beunruhigt an, während ich breit zu grinsen anfing.  „Klar, geht das. Ich schau mal, schnell!" „Was?", flüsterte Andi mir zu. „Tessa schaut nach dem Zeugungsdatum, denn wenn ich mich nicht ganz irre, kannst du gar nicht der Vater sein." Gerade als ich ihm alles erklären wollte, ertönte wieder Tessas Stimme. „Also der Elfer wurde so um den 12.Dezember versenkt." „12. Dezember", jubelte ich. „Das ist....." „Dann konnte ich wohl helfen", unterbrach mich Tessa. „Jetzt will ich aber weiterschlafen. Ich komme dann irgendwann nächste Woche vorbei und du erzählst mir alles ausführlich. Gute Nacht." Damit war das Gespräch beendet. „Du bist garantiert nicht der Vater", grinste ich Andi breit an. „Nicht?" Andi schaute mich irritiert an. Ich schüttelte den Kopf. „Es sei denn, du bist nach dem 14.Oktober noch einmal rückfällig geworden." Das konnte ich mir zwar nicht vorstellen, aber man konnte ja nie wissen. Obwohl doch! Konnte man, denn Andi hatte im Dezember ja bei uns gewohnt. „Um Gottes Willen, nein. Ich habe Marlen da nicht mehr gesehen, geschweige denn...."Er schüttelte angewidert seinen Kopf. „Dann kannst du ganz beruhigt sein, denn laut Tessas Rechner ist das Baby um den 12. Dezember gezeugt worden." „Echt?" Andi schaute mich ungläubig an, ehe er zu strahlen anfing. „Das.... das ist ja .... ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.".Andi zog mich fest in seine Arme. „Luz, du glaubst gar nicht, wie erleichtert ich bin."  Doch, die Erleichterung war ihm anzusehen. Mir war auch gerade ein halber Alpengipfel vom Herz gefallen. „Ich will nämlich kein Kind mit einer anderen, sondern wenn irgendwann mit dir", flüsterte er mir ganz leise ins Ohr und über meinen Körper rauschte eine Gänsehaut. Jetzt wurde doch noch alles gut.

Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt