Kapitel 96

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„Du musst dich da links einordnen." Tessa zeigte auf eine etwas längere Schlange die mit so weiß-rot gestreiften Tüten abgesperrt war. „Boah, das ist jedesmal der gleiche Mist. Wann lernen die Leute endlich, dass in der Strobelallee die Zufahrt nur mit Parkkarte möglich ist", meckerte sie schon wieder, als vor uns in der Reihe einer von dem Ordner weggeschickt wurde. „Haben wir denn eine Parkkarte?", fragte ich vorsichtshalber. Also nicht, dass ich befürchtete, wir hätten keine. Ich wusste genau, dass es die zu den VIP Spielertickets immer dazu gab, aber so vergesslich wie Tessa heute war, wäre es durchaus im Bereich des möglichen, dass diese bei ihr zu Hause auf dem Küchentisch oder sonst wo lag. Sofort wedelte sie mit einem Papierfetzen unter meiner Nase herum. „Hier!" Ihr Blick fixierte mich „Nur, weil du vergessen hast mich an mein Weidenfeller-Trikot zu erinnern, vergesse ich doch nicht die Parkkarte und die........Scheiße, wo habe ich die Tickets?" Sie begann wild in ihrer Handtasche zu wühlen. Ich musste lachen. Ja, Tessa war echt total durch den Wind. Vorsichtig tippte ich auf die Plastikkarte, die an einem schwarz-gelben Band um ihren Hals hing, genau wie die um meinem Hals. „Du machst mich heute echt wuschig", grummelte sie sofort. Die halbe Fahrt hatte sie schon gemault, dass sie heute ohne Trikot auf der Tribüne sitzen musste, weil ich sie so gehetzt hatte. Dabei stimmte das nicht im geringsten, denn sie war es, die es so eilig hatte, aus Angst, dass sonst in der VIP schon der ganze Kaiserschmarren und die Waffeln weg waren. So rund wie ihr Bauch aber mittlerweile war, bezweifelte ich sowieso, dass sie noch in ihr Trikot gepasst hätte. „Mensch nun fahrt doch mal. Meine Waffeln werden sonst kalt", meckerte sie schon wieder. „Du meinst es sind keine mehr da", korrigierte ich sie. Sie schüttelte den Kopf. „Nee, kalt. Ich habe Nils geschrieben, dass er welche für mich bunkern soll, sonst wird er nicht Patenonkel." Oh oh, dann bezweifelte ich, dass noch ein anderer Besucher eine abbekam. Wahrscheinlich hatte er gleich den Koch gekapert. Endlich ging es vorwärts und die Autos vor uns fuhren zügig weiter. Ich hielt auch die Parkkarte hoch und wurde sofort weitergewinkt. „Leo hat extra für uns den Parkplatz gleich neben dem Eingang ergattert. Du kannst also gleich oben rum fahren." War ja klar, dass er nicht wollte, dass Tessa weiter als nötig laufen musste. Unseren Parkplatz hatten wir schnell gefunden und ich parkte meinen blau-weißen Erwin direkt neben dem Eingang zur schwarz-gelben VIP zwischen zwei megateuren SUVs ein. Schon ehe ich den Motor aus hatte, riss Tessa die Tür auf und ..... rollte hinaus. Ja, mit springen war nichts mehr. Ich beeilte mich auch schnell aus Erwin herauszukommen. „Komm!" Sie zog mich ungeduldig mit sich zum Eingang und wedelte mit ihrer Plastikkarte vor einem Mädel in unserem Alter in einem Schwarzen Hosenanzug mit einer gelben Bluse herum. Scheinbar kannte sie Tessa und ihre Ungeduld nicht, denn sie ließ sich die Karten aushändigen, um sie über einen Scanner zu ziehen. „Los jetzt" Tessa zog mich zu den Fahrstühlen, kaum dass wir die Karten wieder in der Hand hatten. „Da seid ihr ja endlich, Tessa-Maus" Nils erwartete uns bereits am Fahrstuhl und drückte Tessa vier Waffeln am Stiel in die Hand, bevor er sich mir zuwandte und auch mich begrüßte „Hallo Lucy-Maus. Sorry, aber mehr Waffeln konnte ich nicht tragen." Ich winkte ab. Die Dinger rochen zwar lecker, aber erstaunlicherweise hatte ich mal nicht so einen Hunger. „Hast du die Arbeitskarten?", schmatzte Tessa in seine Richtung. Sofort zog er weitere Karten an schwarz- gelben Bändern aus seiner Hosentasche und hängte sie uns um den Hals. Tessa fing an zu strahlen. „Los, dann ab in die Mixed Zone. Ich muss meinem Erpel noch Glück wünschen." Wieder setzte sie sich in Bewegung und zog mich durch irgendwelche Gänge. Ich versuchte mir den Weg so gut wie möglich einzuprägen, falls Tessa auf einmal wieder leicht vergesslich war und mich einfach irgendwo stehen ließ. Heute war bei ihr alles möglich. Sie öffnete eine Tür und plötzlich standen wir in diesem riesigen Raum. Wow, war hier etwas los. Ich schaute mich um und erkannte alles wieder. Hier waren wir auch bei dem Shooting. Da vorne ging es zu der Kabine, wo die beiden geheiratet hatten und hinter mir ging es zum Spielertunnel und auf das Spielfeld. „Wir warten hier." Tessa blieb abrupt stehen. Ich nickte und reihte mich neben ihr ein, während ich das bunte Treiben weiter beobachtete. „Erpel", brüllte sie auf einmal los und reckte ihre Daumen in die Höhe. Ja, das war irgendwie so ein Ritual bei den beiden. Leo schaute in unsere Richtung und schüttelte seinen Kopf, fing im nächsten Moment aber an zu grinsen und zwinkerte Tessa zu, die auch sofort ein breites Grinsen im Gesicht hatte. Wahrscheinlich wäre es ihm lieber gewesen, wenn sie einfach nur auf der Tribüne ihm zugejubelt hätte, aber das war natürlich nichts für Tessa.Trotzdem schien er sich gefreut zu haben. „Was macht ihr denn hier in dem Getümmel?" Wo kam denn auf einmal Marco her? Oder andere Frage, was machte er hier in dem Getümmel? „Du wolltest doch am Fernsehen das Spiel sehen." Empört schaute er seine Tochter an, die nur ihr Gesicht verzog. „Hier ist viel zu viel los in deinem Zustand. Los, ich bringe dich jetzt in die VIP. Da setzt du dich schön drinnen hin und wirst mit Essen versorgt." Marco schob seine Tochter wieder in den Gang zurück, aus dem wir gekommen waren. „Ich sitze auf der Tribüne und schaue das Spiel", protestierte sie sofort. „Das ist viel zu kühl für dich", widersprach Marco ihr. „Herr Reus!", rief jemand hinter uns und Marco blieb stehen und wendete sich dem Typen in Anzug zu. „Los, Sohlengeld", zischte Tessa mir zu und setzte sich in Bewegung. Sie zog mich schnell durch eine kleine Seitentür. „Dann müssen wir halt einen Umweg machen. Aber das kann er vergessen, dass ich drinnen sitze und nur auf den Bildschirmen das Spiel gucke. Was denkst du, warum ich mich extra in diese blöde Thermounterwäsche gequält habe." Wieder liefen wir durch verschiedene Gänge. Als Tessa die nächste Tür öffnete standen wir auf einmal wieder mitten in der VIP und der Duft von Essen zog mir in die Nase. „Komm, wir können jetzt auf keinen Fall an unseren Tisch. Da sucht Paps mich als erstes.   Wir gehen dahinten in den Raum. Der ist für die Hospitality. Aber vorher schnappen wir uns noch etwas zu essen. Ich nickte und schnappte mir einen Teller am Buffet, den ich mir reichhaltig befüllte. So viel Aufregung machte doch hungrig.

Schuss und Treffer auf der Reservebank Teil 8. ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt