78 | drei Briefe und vier Socken

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Earline Lancaster

Ich hatte in den verbleibenden Stunden, bis ich für die Festlichkeiten fertiggemacht wurde, einen Brief an Blair geschrieben, in dem ich ihr die Wahrheit über mein Verbleiben erzählte und hoffte, sie bald besuchen zu dürfen. Da der Brief bis in ihre Heimatprovinz Hudson sicherlich einige Tage brauchen und bis dahin mein Aufenthalt im Palast kein Geheimnis sein würde, musste ich mir um ihre Geschwätzigkeit keine Gedanken machen. Schließlich gab ich den versiegelten Brief einer meiner Zimmermädchen und beschloss nach Elea zu sehen.

Als ich an der Tür des Zimmers, welches man nachträglich für sie hergerichtet hatte, klopfte, schwang diese bereits auf, da sie nur angelehnt gewesen war. Also trat ich ein und rief nach meiner Schwester. „Elea?" Ich erhielt keine Antwort.

Stirnrunzelnd betrachtete ich ihr leeres Zimmer. Die Decke war zurückgeschlagen und auf ihr lag ein geöffneter Brief. Das Fenster stand sperrangelweit offen, weswegen ein kühler Luftzug die mit Spitze besetzten Gardinen zum flattern brachte. Ich ging hinüber zu ihrem Bett und warf einen Blick auf den Absender des Briefes. Der Name sagte mir nichts.

„Earline?" Ich zuckte zusammen und drehte mich um. Erleichtert erkannte ich Elea im Türrahmen. „Was machst du hier?"

„Ich wollte nach dir sehen", antwortete ich, „Die Tür war nur angelehnt."

Elea nickte abwesend. „Die muss ich wohl offen gelassen haben."

Ich runzelte die Stirn, während ich meine Schwester beobachtete. „Ist alles in Ordnung bei dir?"

„Ich weiß nicht", sie lächelte gequält und deutete auf den Brief, „Der ist von meinem Vater."

Ich benötigte einen Moment, um zu verstehen, was sie meinte. Ihr leiblicher Vater hatte auf ihren Brief geantwortet. Ich hielt den Atem an und wagte es nicht, etwas zu sagen.

„Er wird zum Ball kommen."

Quinn Robinette Moore

„Wie geht es meiner wunderschönen Ehefrau?" Ich spürte, wie sich zwei muskulöse Arme um meine Taille schlangen und warme Lippen auf meinem Hals Küsse verteilten.

Ich kicherte mädchenhaft. „Du alter Charmeur", neckte ich ihn, „Du gibst mir doch normalerweise nur solche Komplimente, wenn ich mies gelaunt bin oder du etwas von mir willst. Also rück schon raus mit der Sprache: Was ist los?"

Doyle schnaubte empört. „Wie kannst du mir nur soetwas unterstellen? Ich sorge mich einfach um das Wohlergehen meiner Frau. Was ist daran verkehrt?"

„Lass mich nachdenken", ich tippte mir an die Wange, „Eigentlich nichts, wenn ich es mir so Recht überlege."

„Na dann bin ich aber beruhigt", er küsste mich, „Aber es könnte sein, dass du nicht ganz falsch lagst."

Ich grinste schief. „Was gibt's?"

„Hast du nicht auch das Gefühl, dass mit unserem Sohn etwas nicht stimmt?", fragte er mit einem ernsten Gesichtsausdruck.

Für einen Moment zögerte ich und bemühte mich dann, ein Lächeln zu unterdrücken. „Was genau meinst du?"

„Er war gestern so abwesend. So kenne ich ihn überhaupt nicht. Ich habe das Gefühl, dass ihn etwas bedrückt", gab Doyle zu, „Und deswegen wollte ich dich bitten, bei ihm Mal nachzuhorchen. Du bist bei soetwas deutlich feinfühliger als ich."

Blind Selection - never give up 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt