Blind Selection - never give up 3

36 | Uhren & Briefe

Dena

Das Blut in meinen Adern gefror.

Für einen kleinen Augenblick stand alles um mich herum still und ich fühlte mich, als würde ich jeden Moment umkippen.

Das konnte nicht sein. Es konnte einfach nicht sein.

Ungläubig starrte ich auf die filigrane Taschenuhr, welche aufgeklappt in meiner Hand lag. Es mussten Sekunden vergangen sein, aber es fühlte sich an wie Stunden.

Schließlich war es Earline, die die Stille durchbrach. „Vielen Dank", sie räusperte sich und trat einen Schritt näher, „Ich.."

Ich sah auf und blickte sie durchdringend an. „Woher hast du diese Uhr?"

Sie blinzelte überrascht. Es mochte daran liegen, dass ich sie gerade geduzt hatte oder an meinem harschen Ton - doch es interessierte mich nicht. Ich musste wissen, wie diese Uhr in ihre Hände gelangt war.

„Ich habe sie nicht gestohlen, falls Sie das meinen", antwortete sie vorsichtig.

Tatsächlich hatte ich mit diesem Gedanken gespielt. Wie sonst sollte die Uhr in ihren Besitz gelangt sein? Es war einfach nicht möglich.

„Woher?", wiederholte ich nachdrücklich und griff nach ihrem Arm, den ich fest umschloss.

Earline schluckte. Ihre Freundin, Clementine Lynch, hatte ich bereits wieder vergessen, als sie neben Earline trat. „Ich glaube, wir müssen jetzt los, Earline", meinte sie an ihre Freundin gewandt.

Diese starrte mich genauso an, wie ich sie. „Woher hast du diese Uhr, Earline?"

Earline warf einen kurzen Blick zur Seite und zuckte dann mit den Schultern. „Ich.. Sie gehört mir nicht. Bei meiner Abreise habe ich sie in meiner Jackentasche gefunden und seitdem.."

McKenna war mittlerweile ebenfalls zu uns getreten und schnaubte ungläubig. „Das glauben Sie doch wohl selbst nicht. Die Uhr gehört Ihnen nicht, aber Sie haben sie in ihrer Tasche gefunden?"

Earline nickte. „Seitdem habe ich sie einfach behalten. Sie gefällt mir und.. nun ja, es hat sich kein Besitzer gemeldet. Aber, wie sollte er auch?", sie lachte kurz, „Immerhin bin ich mehrere hundert Kilometer von meinem zuhause entfernt."

Ich verarbeitete die Informationen, die ich gerade erhalten hatte und fühlte mich, als würde mein Gehirn gleich explodieren. „Wo? Wo wohnst du? Wo genau hast du die Uhr bemerkt?"

Earline wirkte unbehaglich, aber ich kräftigte meinen Griff um ihren Arm. „Ich muss es ganz genau wissen."

„Ich.. ich stamme aus Waverly", erwiderte sie zögerlich, „Warum interessieren Sie sich so sehr für diese Uhr, Majestät?"

„Sie..", ich stockte, „Ich besaß einmal eine ähnliche Uhr. Doch leider kann ich den Uhrenmacher nicht mehr ausfindig machen und dachte von daher, Ihre sei möglicherweise von demselben?"

Es war eine schwache Ausrede. Aber ich musste unbedingt alles über diese Uhr und ihren Aufenthaltsort erfahren. Möglicherweise bot sie eine völlig neue Fährte - eine Hoffnung, die ich beinahe aufgegeben hatte.

„Ich kann Ihnen leider nicht sagen, woher diese Uhr stammt. Wie gesagt, sie gehört mir nicht. Und ich weiß auch nicht, wer sie mir zugesteckt haben könnte", antwortete Earline.