57 | fifth dates

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Gwyneth Drewton

„Ich freue mich, dass es endlich funktioniert hat", sagte ich strahlend und küsste Decan auf die Wange, „Gestern waren wir nun ja leider beschäftigt."

Decan und ich hatten, nachdem wir uns zufällig auf einem Gang getroffen und unterhalten hatten, eine weitere Verabredung ausgemacht. Diese war allerdings am Vortag durch die Verkündigung der Aufgabe durchkreuzt worden, weswegen ich ihm leider hatte absagen müssen.

„Ich bin eben eine vielbeschäftigte Frau", scherzte ich, meinte es aber tatsächlich ein wenig so. Es erfüllte mich irgendwie mit Stolz, dass ich diejenige gewesen war, welche unser Date verschoben hatte und nicht er. Immerhin war er der Prinz! Ich hatte einen Prinzen versetzt. Das musste man erst einmal von sich behaupten können.

Decan lachte. „Dann kann ich mich ja glücklich schätzen, eine Audienz bei Ihnen erhalten zu haben", erwiderte er mit einem Zwinkern und deutete auf die hübsche Gartenbank, welche ein paar Meter neben uns stand, „Ein offizielles Date ist allerdings ohnehin viel praktischer und lässt uns mehr Zeit. Ich habe mir den ganzen Tag für Sie freigenommen."

Ich grinste. Es war mein erstes Date und das nach fünf vergangenen Wochen. Ich war sehr aufgeregt gewesen, hatte mich aber vor allem sehr gefreut, da ich mit Decan bereits einen sehr vertrauten Umgang hatte. Obwohl wir erst vor einigen Tagen zum ersten Mal ein richtiges Gespräch geführt hatten, fühlte ich bereits eine innige Bindung zwischen uns. Und ich war mir sicher, dass er mich auch aus diesem Grund in den letzten Wochen hatte dabeibehalten wollen.

„Das ist schön", erwiderte ich, „Aus einem Tag können immerhin schnell mehr werden." Ich zwinkerte ihm zu und schloss genießend die Augen. Die Sonne erwärmte mein Gesicht und zauberte mir ein Lächeln auf die Lippen.

„Vielleicht fangen wir erst einmal bei diesem Tag an und sehen dann weiter", Decan lachte amüsiert.

Ich öffnete überrascht die Augen und sah ihn prüfend an. Ich wusste, dass er eher schüchtern war und genau das mochte ich so sehr an ihm. Doch genauso bewusst war ich mir unserer Verbindung. Spürte er das nicht auch?

„Natürlich", ich lächelte, „Erzähl mir doch ein bisschen über dich. Was sind deine Vorlieben?"

Decan wirkte überrascht von der Frage. „Das hat mich noch nie jemand gefragt. Normalerweise bin ich derjenige, der Andere mit Fragen löchert."

Ich lächelte. Ich verstand ihn eben und konnte ihm in die Seele schauen. Vielleicht würde er das mit der Zeit auch verstehen. Ich wusste, was er brauchte. „Es tut vielleicht auch Mal ganz gut, von sich zu erzählen und nicht immer nur zuhören zu müssen."

Decan nickte. „Das stimmt. Auch wenn ich natürlich immer gern zuhören", er lächelte und begann dann von seinen Freizeitaktivitäten, Leibgerichten und verrückten Angewohnheiten zu erzählen. Ich hatte das Gefühl, ihn schon ewig zu kennen. Das Gespräch brachte uns einander viel näher und am Ende des Tages war es einfach unbestreitbar, dass wir füreinander bestimmt waren.

Wir schlenderten gerade durch den Garten und stellten fest, dass wir beide gern Süßigkeiten aßen. „Unglaublich!", ich grinste, „Wir haben so viel gemeinsam."
Decan lachte.

„Hast du schon einmal von dem Mythos gehört, dass früher Menschen immer aus zwei aneinandergebundenen Körpern bestanden? Ein Mann und eine Frau", erzählte ich, „Seitdem diese von den Göttern auseinander gerissen wurden, ist deswegen jeder sein Leben lang nach der Suche nach seinem wahren Seelenverwandten."

Decan hatte noch nie von dieser Geschichte gehört. „Und was ist in dieser Geschichte mit den schwulen oder lesbischen Paaren?"

Ich verdrehte die Augen. „Du weißt schon, was ich meine. Jedenfalls finde ich die Vorstellung super romantisch", fuhr ich fort.

Decans Miene neben mir verdüsterte sich, doch mir fiel das gar nicht auf, da ich so sehr mir dem Gedanken an unser perfektes Date beschäftigt war. „Findest du nicht auch? Und wie wahnsinnig wäre es, seinen Seelenverwandten in dieser Selection zu finden?"

Ich erhielt eine einsilbige Antwort, doch ich war bereits so in Fahrt, dass ich es nicht bemerkte. „Ich glaube, wir haben es beide den ganzen Tag über gespürt", begann ich und blieb so stehen, dass ich direkt vor ihm stand. Wir standen nun vor dem Haupteingang und waren kurz davor gewesen, wieder das Gebäude zu betreten. Es war bereits später Nachmittag und die Sonne hatte sich dem Horizont genähert. „Wir gehören zusammen."

„Moment.. Was?"

Ich nickte und hob die Hand an seine Lippen, um ihn zum Schweigen zu bringen. „Ich weiß. Es hat mich auch vollkommen überrascht, aber unsere Verbindung ist nicht mehr zu leugnen! Du spürst es doch auch."

Und im nächsten Moment lagen meine Lippen bereits auf seinen. Es war perfekt.

Madeline Grace Golightly

„Wie gefällt Ihnen die Aufgabe für diese Woche?"

Joas und ich hatten entschieden, unser Date am Abend im Kinoraum mit einem Film zu verbringen. Ich war dankbar für diese Wahl gewesen, da mir schon von Anfang an vor einer unangenehmen Stille gegraut hatte. Wenn wir einen Film schauten, war es nicht unangenehm, wenn beide schwiegen.

Allerdings trat der Fall nicht ein, denn unser Gespräch gestaltete sich zu meiner Überraschung sehr anregend und interessant.

Ich lächelte. „Ich liebe sie", gab ich zu, „Ich finde es toll, dass wir die Gelegenheit bekommen, ein Kleid für die Königin zu designen und sie eines am Ende tatsächlich tragen wird! Madame Elouise, die Schneiderin, leistet einfach immer tolle Arbeit bei ihren Kleidern und ich hoffe, dass unsere Ergebnisse daranreichen können. Vor allem aber freue ich mich auf den Ball."

Joas nickte zustimmend. „Ich freue mich auch. Lyndon und Kaden finden Bälle anstrengend und sehr formell. Aber ich bin der Meinung, dass es eine wunderbare Möglichkeit ist, neue Leute kennenzulernen oder andere besser kennenzulernen. Denn was wäre dafür passender als das Tanzen?"

Ich lächelte begeistert. Ich hatte nicht gewusst, dass Joas ein so begeisterter Tänzer war. Ich konnte mich auch nicht daran erinnern, auf dem ersten Ball mit ihm getanzt zu haben. Allerdings hatte ich damals ohnehin nicht besonders viel getanzt, da ich ziemlich schüchtern gewesen war.

Ich hatte beschlossen, als Madame Hiver von dem Ball erzählt hatte, bei diesem Mal nicht so zurückhaltend zu sein und jemandem zum Tanz aufzufordern. Vielleicht sogar Lord Joas.

„Das finde ich auch!", stimmte ich ihm zu, „Tanzen bringt nicht nur Spaß, sondern es bringt einander auch nah. Ich hoffe, dass wir vor dem Ball wieder Tanzstunden erhalten. Ansonsten geht der Ball wieder so schnell vorbei."
  
Joaas sah mich überrascht, aber auch interessiert an. „Sie hatten beim letzten Mal Tanzstunden? Das wusste ich gar nicht, ansonsten wäre ich vorbeigekommen", er lächelte mich an. Es wirkte aufrichtig und das machte es so seltsam. Ich hätte mit einem schelmischen Zwinkern oder einem heftigen Flirtspruch gerechnet, aber Joas schien es tatsächlich ernst zu meinen.

Mein Lächeln wurde breiter und ich verbot es mir, rot zu werden. „Dann haben Sie ja vielleicht in der nächsten Woche Gelegenheit dazu", erwiderte ich.

Wir unterhielten uns noch einige Zeit weiter, sodass ich den Großteil des Films nicht mitbekam. Allerdings störte mich das auch nicht weiter, denn ich genoss einfach seine Anwesenheit, unser Gespräch und die angenehme Wärme, die ich dabei empfand. Ich vergaß teilweise sogar das Kamerateam, welches uns die gesamte Zeit über im Auge behielt.

Als der Film zu Ende war und wir den Kinoraum verließen, brachte Joas mich noch zu meinem Zimmer. Davor angekommen, standen wir beide etwas unschlüssig da. Ich würde ihm immerhin nicht anbieten können, mit reinzukommen. Praktisch gehörte das Zimmer ja nicht mir, sondern ihm. Oder einem der anderen drei.

Ich überlegte, ob ich ihn umarmen sollte, doch in diesem Moment drehte er sich gerade um, um nachzusehen, ob das Kamerateam uns gefolgt war. Dann lehnte er sich zu mir und ich hielt den Atem an. Würde er etwa..

Im nächsten Moment lagen seine Lippen auf meinen. Und es war perfekt.

Blind Selection - never give up 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt