bericht 3.1

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„Das gesamte Königreich war in Angst und Schrecken, als auf einmal der Bericht durch einen Rebellenangriff unterbrochen wurde", Dadyar hatte zur Feier des Tages kein breites Zahnpastagrinsen aufgesetzt, sondern sah erschreckend betrübt aus. Weder sterbende Hundebabys noch Zwiebeln allerdings hatten ihn zum Weinen gebracht, sodass er im Endeffekt nur vor dem Spiegel an seinem Gesichtsausdruck gefeilt hatte. „Wir sind nun hier zurück und haben unsere vier Lieblinge im Gespräch. Die Ladys erholen sich noch allesamt von dem Schock, doch wir senden Ihnen allesamt unser Beileid und eine gute Besserung."

Die Kamera schwenkte auf Decan, welcher feierlich nickte. Er war kein besonders guter Schauspieler, weswegen sein Gesichtsausdruck nicht einmal nahe an den von Dadyar herankam. Dafür wirkte er sehr ernst. „Wir möchten uns für die allegemeine Unterstützung bedanken und die lieben Worte, die uns zugesendet wurden. Wir sind sicher, dass sich bald alle von dem großen Unglück erholen. Dazu darf ich Ihnen allen mitteilen, dass zum Glück niemand zu körperlichen Schaden gekommen ist. Unsere Wachleute hatten die Situation schnell wieder unter Kontrolle und haben das Schloss erfolgreich gesichert."

Dadyar nickte zustimmend. „Doch da fragen sich natürlich alle: Wie konnte ein solcher Angriff überhaupt geschehen? Das Schloss ist der sicherste Ort im ganzen Land und doch wird es von solchen Rebellenangriffen heimgesucht."

„Die Rebellen sind eine gut organisierte Gruppe. Sie wollen nach außen hin klein und schwach wirken, um Sympathien unter dem Volk zu bekommen, doch eigentlich wollen sie nichts als Unruhe und Chaos stiften. Es handelt sich dabei um Terroristen, denen nichts mehr wert ist, als die Stürzung des Königshauses. Doch darüber hinaus haben sie keinen Plan. Sie werden dieses Land in den Ruin treiben, wenn wir nichts gegen sie unternehmen", erkläre Decan und hatte dabei tatsächlich Sorgenfalten auf der Stirn. Die Art wie er diese Worte gesagt hatte, bedurfte keinerlei Schauspiel - sie war auch schon so packend genug.

„Er scheint diese Worte tatsächlich zu glauben", stellte Hanna fassungslos fest, „Wie kann es sein, dass er so überzeugt davon ist, dass es Rebellen waren, die-"

„Sei still, Hanna", fuhr Pam sie an. Sie war nicht in ihrer sonstigen Verfassung. Launisch, mit dunklen Augenringen und nicht so richtig bei der Sache. „Das geht uns nichts an."

Hanna schürzte die Lippen. Sie hatte Pam geschworen nichts von dem falschen Rebellenangriff zu erzählen und sie hatte Wort gehalten. Und dennoch wollte es nicht in ihren Kopf rein, wie jemand wie Sir Decan nichts davon wusste.

Es war doch der Plan des Königshauses, die Rebellen zu schwächen, indem sie sie vor dem Volk wie Terroristen darstellten. Immerhin hatten sie in letzter Zeit immer mehr Sympathien bekommen. Nachdem die Königstochter verschwunden war, war alles im Land den Bach herunter gegangen. Die Königin war nicht mehr die alte gewesen und das Volk hatte diese Instabilität gespürt. Genau wie die Rebellen, welche dies ausgenutzt hatten. Und dennoch hatte Hanna das Gefühl, dass sie es nicht verdient hatten, als Terroristen dargestellt zu werden, welche nur auf Chaos aus waren.

„Und wie geht es dem Königspaar?", fragte Dadyar gerade und wandte sich dabei an die anderen drei.

Lyndon räusperte sich. Er machte einen unruhigeren Eindruck als die anderen vier, welche allesamt gefasst und dennoch bestürzt wirkten. „Das Königspaar ist wohl auf. Auch für se war es jedoch ein großer Schock, welchen sie erst einmal verarbeiten müssen. Wir repräsentieren sie demnach hier in diesem Interview."

„Das freut uns alle erst einmal zu hören. Nun wollen wir aber über ein paar erfreulichere Themen sprechen. Obwohl dies eine Sonder- beziehungsweise Ergänzungsausgabe des Berichtes ist, soll es natürlich trotzdem um das Casting gehen. Es hat in dem letzten Bericht keine Eliminierung stattgefunden, diese wird allerdings auch heute nicht nachgeholt. Da bereits mehrere Ladys ihr freiwilliges Gehen angekündigt haben, werden wir diese endgültigen Entscheidungen erst abwarten, bevor wir schließlich eine vollkommen neue Woche starten", erklärte Dadyar.

„Also wirklich freiwillig  war das aber nicht", murmelte Hanna.

Pam sah auf. „Hm?"

„Nun ja, soviel ich mitbekommen habe, entstammte es nicht Earline Lancesters eigener Idee zu gehen."

„Andere Ladys hingegen gehen tatsächlich freiwillig", erwiderte Pam, „Isla Griswold zum Beispiel. Die kleine Blondine, die du letzte Woche interviewt hast."

„Zum einen interessiert uns alle brennend, ob Sie uns auf einen kleinen Zwischenstand bringen würden. Natürlich ist es in diesem Moment vielleicht nicht von erster Priorität, eine Zukünftige zu finden, doch möglicherweise gibt es da ja jemanden, welche Ihnen besonders gefällt", Dadyar lächelte verschwörerisch.

„Ich denke, so viel kann ich verraten", begann Joas, „Der ein oder andere von uns ist tatsächlich schon einer Lady näher gekommen, aber wir bitten Sie alle sowohl unsere als auch die Privatspähre der Ladys zu respektieren. Es ist unheimlich schwierig, sich vor ständig laufenden Kameras auf einem tieferen Level kennenzulernen."

Dadyar nickte verständnisvoll. „Das kann ich mir vorstellen. Erzählen Sie uns ein bisschen mehr davon: War es eine große Umgewöhnung, rund um die Uhr von Kameras beschattet zu werden?"

Joas nickte. „Das war es tatsächlich. Jedoch gewöhnt man sich daran schneller, als man denkt. Vor allem, da viele Kameras gar nicht besonders auffallen. Es gibt zwar auch das große Kamerateam, welches beispielsweise die Aufgaben und einige offiziellere Anlässe begleitet, doch es gibt auch fest installierte Kameras. Die unterscheiden sich nicht besonders von unseren üblichen Überwachungskameras, nur dass sie aus einem Winkel filmen, welcher besser für das Fernsehen geeignet ist", erklärte er und grinste schief, „Aber so besonders gut kenne ich damit auch nicht aus. Für mehr Details sollten Sie unsere Producerin Pam fragen oder Trenton, den Regisseur. Wir haben hier wirklich super Leute."

„Kommt man während dieser Zeit in einen engeren Kontakt mit dem Team rund um das Casting? Ich kann natürlich nur aus eigener Erfahrung sprechen, doch die Zuschauer interessiert die Beziehung zwischen der Film-crew und auch den Ladys sehr", sagte Dadyar.

Kaden zog die Augenbrauen hoch. „Um diese Frage zu beantworten, wäre es vielleicht ratsam entweder eine Lady oder jemanden von der Film-crew vor die Kamera holen."

„Dieser Junge macht mich fertig."

„Mich so langsam auch, Pam."

Dadyar räusperte sich und grinste anschließend wieder breit in die Kamera. „Nun denn. Wir wollen schließlich auch noch über eine andere aufregende Sache sprechen: In der nächsten Woche werden wir den Ladys ein wenig mehr auf den Zahn fühlen und sie privater Kennenlernen. Wollen Sie uns die Aufgabe verraten?"

Decan übernahm es, zu antworten. „So ist es. Abgesehen von den wöchentlichen Dates werden wir vier in dieser Woche nicht viel auf dem Bildschirm zu sehen sein", berichtete er, „Es wird in der nächsten Woche einiges bezüglich des Berichts anders laufen. Da wir uns nun bei weniger als zwanzig Ladys befinden, ist es an der Zeit, dass sowohl die Zuschauer, als auch wir etwas mehr über das Leben der Ladys vor dem Casting erfahren."

„Weniger als zwanzig Ladys?", hakte Dadyar nach, „Nach der letzten Eliminierung waren es noch 25. Das heißt also 5 Ladys haben den Wettbewerb freiwillig verlassen?"

Decan nickte, ohne weitere Ausführungen.
Die Männer redeten noch ein wenig weiter über belanglose Themen und heuchelten Freundlichkeiten vor. Klar war jedoch allen: Diese nächste Woche würde nicht nur in Sachen Bericht anders werden.

Blind Selection - never give up 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt