Earline
„Lady Earline Lancester aus Waverly!"
Ein lautes Klopfen mit dem Stab des Kammerherren auf den Boden signalisierte meinen Einzug. Die imposante Doppeltür wurde geöffnet und ich bemühte mich Haltung zu bewahren, als ich möglichst elegant die Stufen zu meinem Begleiter herunter schritt.
„Du hättest mir ruhig sagen können, dass du jemanden bestochen hast, um meine Partnerin zu sein", flüsterte er, als ich neben ihm zum Halt gekommen war, „Dann hätte ich eine andere Krawatte angelegt."
Ich zwang mich ein Lächeln zu unterdrücken und blickte weiterhin stur nach vorne. Alle Augen waren auf uns gerichtet.
Schließlich hakte ich mich auf ein Zeichen seitens Madame Hiver bei Lyndon ein und wir beiden nahmen unsere Position auf der Tanzfläche ein. Diesen Einlauf hatten wir unzählige Male geübt und ich war mehr als erleichtert, dass bei mir alles glatt gelaufen war.
„Das könnte ich genauso zu dir sagen. Wer drängt mich denn schon seit Monaten zu einem Date? Und dann soll ich glauben, dass das hier", ich deutete zwischen uns hin und her, „Ein Zufall ist?"
Die Paare für den Eröffnungstanz waren offiziell ausgelost worden und wir Ladys wussten nicht, bevor wir den Ballsaal betraten, wer unser Partner sein würde. Ich war also eines der vier glücklichen Mädchen, die einen Lord abbekommen hatten.
Fünf, berichtigte ich mich. Sich mit Madeline angeregt unterhaltend, erblickte ich Nero zwischen den Männern. Schnell wand ich meinen Blick ab.
„Wie würdest du das hier denn definieren?", fragte Lyndon amüsiert.
Ich blickte ihn an. „Als ein missliches Unglück?"
„Ist das eine Frage?"
„War das denn eine Frage?"
„Was?"
„Es heißt: Wie bitte."
Lyndon grinste. „Nein nein, ich meinte schon was."
In diesem Moment ergriff er meine Hand und nahm Tanzhaltung ein.
„Darf ich dich etwas fragen, Lyndon?", fragte ich nach einigen Augenblicken des Schweigens.
Er zog etwas überrascht eine Augenbraue hoch, nickte aber lediglich.
Die ersten Takte der Musik erklangen und wir begannen uns in der einstudierten Choreografie zu bewegen. Es musste tatsächlich ziemlich beeindruckend aussehen, wie die 34 Paare über die Tanzfläche wirbelten.
„Warum machst du das hier?"
„Mit dir tanzen? Glaub mir, ich habe es mir nicht ausgesucht", das für ihn typische Lächeln erschien auf seinem Gesicht - schelmisch und kess.
Ich zog eine Augenbraue hoch. „Auf einmal doch nicht mehr so interessiert?"
Lyndon sah für einen Moment verwirrt aus und lachte dann. „Ich denke, da überschätzt sich jemand ein wenig."
Ich schwieg. Es tat mehr weh als erwartet.
„Ich meinte gar nicht das Tanzen", sagte ich stattdessen.
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Blind Selection - never give up 3
FanfictionKaden. Joas. Lyndon. Decan. Einer von ihnen ist der Kronprinz von Ilea. 35 Mädchen kommen ins Schloss, um genau das herauszufinden. Doch zwischen Verrat, Druck, Schmerz und einer endlosen Suche ist es schwer sich auf das Wesentliche zu konzentrieren...