Earline
„Und du bist dir sicher, dass er es ist?" Nova blickte nachdenklich drein, als müsse sie noch über die Logik meiner Geschichte nachdenken. Ich konnte es ihr nicht verdenken.
Wir saßen gemeinsam auf ihrem Bett und sie hörte mir zu, während ich erzählte. Obwohl sie zunächst ziemlich geschockt und überrascht gewesen war, als ich in den Raum gestürmt war, hatte sie sofort gemerkt, dass etwas nicht stimmte und alle ihre Fragen beiseite geschoben. Das war genau der Grund gewesen, warum ich mich überhaupt dazu entschieden hatte, zu Nova zu gehen: Ich hatte gewusst, dass sie mir zuhören und erst danach hinterfragen würde, was ich überhaupt im Schloss tat.
Nun nickte ich überzeugt. „Ich habe ihn mit eigenen Augen gesehen. Er hat mit mir gesprochen, Nova. Es besteht kein Zweifel, dass es Nero ist."
„Mh", machte Nova, „Aber was will er von Maelle? Und wie kann es sein, dass sie ihn nicht erkennt? Bist du dir überhaupt sicher, dass sie nicht weiß, wer er ist?"
Ich nickte erneut, während ich mich versuchte, an jede Einzelheit des Gesprächs zu erinnern. Nachdem Maelle mich ihrem mysteriösen Freund vorgestellt hatte, hatte ich mich relativ eilig verabschiedet und auf den Weg zum Schloss gemacht. Obwohl ich dazu angehalten war, mich nicht außerhalb des Flügels aufzuhalten, in welchem mein Zimmer lag, war ich sofort in Richtung von Nova und Clementines Zimmer gelaufen. Zwar hatte ich nicht bereits am ersten Tag, an dem ich nicht mehr mit Adleraugen überwacht wurde und anscheinend das Vertrauen der Königin gewonnen hatte, dieses Vertrauen missbrauchen, doch ich wusste mir nicht anders zu helfen. Ich konnte diese Tatsache nicht für mich behalten.
„Ich weiß es nicht", meinte ich seufzend und hob mutlos die Schultern, „Aber du hättest seinen Blick sehen sollen. Irgendetwas geht da vor, da bin ich mir sicher. Oder ich bilde mir das alles nur ein und reagiere über."
„Ehrlich gesagt, habe ich keine besonders gute Meinung von Nero. Aber ich kann ihn dennoch nicht gut genug einschätzen, um ihm soetwas zuzutrauen. Was soll er denn planen? Einen Anschlag auf die Königsfamilie? Eine Entführung von Maelle?", überlegte Nova mit einem leicht ironischen Unterton. Der Zweifel in ihrer Stimme machte allerdings auch deutlich, dass sie diese Möglichkeiten keineswegs für so abwegig hielt.
Ich schüttelte den Kopf. „Für eine Entführung hätte er bereits einige Gelegenheiten gehabt. Maelle und er treffen sich seit Wochen heimlich im Dorf, wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass diese Treffen tatsächlich so geheim ablaufen. Es kann nicht sein, dass niemand im Schloss etwas davon mitbekommt."
„Möglicherweise lassen sie sie einfach gewähren", Nova zuckte mit den Schultern, „So unwahrscheinlich wäre das gar nicht. Einem Teenager etwas zu verbieten, bewirkt ohnehin nur das Gegenteil. Besonders, da Maelle bereits erwachsen ist, wird sie wohl ihren eigenen Kopf haben. Also beobachten sie sie vielleicht vom Weiten, um die Situaion besser einzuschätzen."
„Aber das erklärt noch nicht, was Nero von ihr will. Maelle war zu der Zeit seines Besuches in Frankreich bei Verwandten, weswegen es gut sein kann, dass sie ihn noch nie gesehen hat. Aber was bezweckt er mit diesem Versteckspiel? Warum tut er so, als wäre er ein einfacher Mann und steigt solange im Dorf unter?" Ich zermaterte mir das Hirn, um auf irgendeine plausible Lösung zu kommen, die nicht sämtliche Verschwörungstheorien beinhaltete in irgendeiner Weise vernünftig klang. Es führte allerdings zu nichts.
Nova räusperte sich und legte den Kopf schief. „Ich möchte so eigentlich nicht von einem Menschen denken, aber mag die Tatsache, dass Maelle die Kronprinzessin ist, etwas damit zu tun haben? Wenn er sie heiratet, gewinnt er nicht nur ihre Liebe, sondern auch ein ganzes Königreich."
„Normalerweise würde ich dir zustimmen", meinte ich und fügte in Gedanken hinzu, dass ich es ihm ebenso zutrauen würde, „Aber warum macht er es dann im Geheimen? Schließlich hätte er eine ebenso gute oder sogar bessere Chance bei ihr, wenn er seine Identität enthüllen würde."
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Blind Selection - never give up 3
FanfictionKaden. Joas. Lyndon. Decan. Einer von ihnen ist der Kronprinz von Ilea. 35 Mädchen kommen ins Schloss, um genau das herauszufinden. Doch zwischen Verrat, Druck, Schmerz und einer endlosen Suche ist es schwer sich auf das Wesentliche zu konzentrieren...