Wilhelmina XXI | Atemlos durch den Abend

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23 Jahre zuvor

„Luft anhalten."

Wilhelmina stöhnte. „Ich halte schon seit zwei Minuten die Luft an! Um in dieses Kleid zu passen, müssten mir Rippen entfernt werden."

McKenna schüttelte bloß den Kopf und zog ein letztes Mal an den Schnüren des Korsetts. Willow schnappte nach Luft. „Wie soll ich den ganzen Abend nur so überstehen?"

„Sie sollten sich nicht so viel beschweren. So sparen Sie viel Luft." McKenna hatte sich wieder ihren Ordner geschnappt und blätterte darin herum, als würde sie etwas suchen. Nur das Schnüren hatte sie übernommen, da Wilhelminas Kammerzofen die Sache ihrer Meinung nach zu zimperlich angegangen waren.

Wilhelmina verdrehte die Augen, während sie ihr Korsett zurecht zupfte, um eine möglichst bequeme Position annehmen zu können. Doch das stellte sich als eine unmögliche Aufgabe heraus.  „So werde ich nicht einmal diese Leckereien vom Buffet probieren können. In dieses Korsett passt nichts mehr rein."

„Gut so, schließlich sollen Sie sich unter die Leute mischen und nicht abseits Törtchen verdrücken." McKenna schien gefunden haben, wonach sie gesucht hatte und musterte das Papier nun mit zusammengezogenen Augenbrauen. „Sie sitzen natürlich am Tisch mit Ihren Eltern und den Gästen. Lord und Lady Horan mit ihrem Sohn Gadriel. Ich habe mir gerade noch einmal die Sitzordnung angesehen: Sie sitzen zwischen ihrer Mutter und Lord Horan."

Wilhelmina nickte und zuckte kurz zusammen, als ihre Zofe beim kunstvollen Aufdressieren ihrer Haare ein wenig an ihnen zog. „Können wir noch einmal den Einmarsch durchgehen? Ich komme immer mit den Richtungen durcheinander."

McKenna schüttelte seufzend den Kopf. „Es gibt keine unterschiedlichen Richtungen. Sie betreten an der Seite von Gadriel den Raum und werden gefolgt von Ihren beiden Eltern. Anschließend tanzen Sie den Eröffnungstanz als Zeichen der Versöhnung."

„Das ist alles klar soweit. Ich meine, auf welcher Seite stehe ich? Welche Position nehme ich ein? Und wo ist dann unser Tisch?"

„Sie stehen auf der rechten Seite von Gadriel und", sie musterte die Prinzesin, „wenn Sie tatsächlich alles von der Probe vergessen haben, weiß ich auch nicht mehr weiter."

Wilhelmina schwieg. Sie wusste selbst, dass sie wahrscheinlich deswegen so viel vergaß, da sie so aufgeregt war. Aber warum war sie eigentlich aufgeregt? Dieser Abend bot nichts, worauf sie sich freuen konnte. Dank des blöden Kleids würde sie nun nicht einmal mehr das Buffet plündern können ohne wortwörtlich aus dem Kleid zu platzen.

„Sie machen das schon, Prinzessin", erlaubte sich die Zofe, welche nun zufrieden ihr Werk im Spiegel betrachtete, zu sagen. Dann senkte sie allerdings schnell wieder den Kopf. McKenna, die keine solcher motivierenden Worte bereit hatte, bedachte sie mit einem Stirnrunzeln, sagte aber nichts daraufhin.

Es klopfte an der Zimmertür und im nächsten Moment betrat Maera in ihrem traumhaften Kleid den Raum. Sie riss die Augen auf. „Du siehst hinreißend aus!", rief sie und grinste breit. Dann drehte sie sich einmal im Kreis, wodurch sie einen am Boden stehenden Schminkkoffer umwarf, was sie aber nicht zu stören schien.

Wilhelmina lachte. „Danke. Du aber auch. Sind Quinn und Fenna auch schon fertig?"

Maera nickte. „Wir wollten uns gerade auf den Weg in den Saal machen. Aber davor konnte ich es mir nicht nehmen lassen, die Erste zu sein, die dich in diesem wunderschönen Kleid sieht. Und es hat sich gelohnt." Sie zwinkerte ihrer besten Freundin zu. „Wie lange brauchst du noch? Sonst können wir zusammen gehen."

Blind Selection - never give up 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt