28 | second dates II

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Freya Abernathy

„Denken Sie nicht, dass hier etwas vollkommen falsch läuft?"

Joas sah so aus, als würde er tatsächlich über meine Worte nachdenken. Dann zuckte er mit den Schultern. „Wie meinen Sie das?", hakte er nach, „Natürlich ist mir bewusst, dass dieses Casting irgendwie seltsam ist, wenn man darüber nachdenkt. Aber es geht um die Absichten, würde ich sagen."

Ich zog die Augenbrauen hoch. „Es geht um die Absichten? Das heißt, wenn jemand aus Versehen eine Bombe über Iléa abwerfen würde, ginge es auch um die Absichten?"

Joas verdrehte die Augen. „Sie wissen, dass dem nicht so ist. Demjenigen kann man seine guten Absichten nicht nachweisen und muss im Zweifel vom Schlimmsten ausgehen. Außerdem hat niemand aus Versehen eine Bombe dabei."

„Und Ihnen kann man in diesem Casting die Absichten nachweisen?"

Er schüttelte den Kopf. „Nein, kann man nicht. Aber ich hoffe doch sehr, dass die Handlungen für die Absichten sprechen. Außerdem weiß ich ja von meinen eigenen Absichten und das reicht mir schon."

Ich schwieg kurz. „Eigentlich meinte ich gar nicht das Casting", sagte ich dann.

Joas lachte kurz. „Meinten Sie nicht?"

Ich schüttelte den Kopf. „Es läuft etwas vollkommen falsch in unserem Land."

Wahrscheinlich hätte ich es irgendwie anders verpacken und vorsichtiger sein sollen, aber irgendwie war mir das rausgerutscht. Außerdem hatte ich bei Joas das Gefühl, dass er mich am ehesten nicht sofort verhaften lassen würde.

„Wie meinen Sie das?", seine Stimme klang etwas verunsichert und reserviert. Er hätte wahrscheinlich nicht damit gerechnet, dass dieses Date eine solche Wende annehmen würde.

„So, wie ich es gesagt habe. Sie merken es vielleicht noch nicht, aber wir müssen dringend etwas in Iléa ändern", erwiderte ich ruhig.

Joas straffte die Schultern. „Was genau meinen Sie? Was müssen wir Ihrer Meinung nach ändern?"

Die Königsfamilie abschaffen.

Doch um mit dieser Bombe rauszuplatzen, sollte ich vielleicht wirklich noch etwas warten.

„Ich denke, das würde erstens den Rahmen sprengen und zweitens die Stimmung zerstören", gab ich lächelnd zu.

Joas lachte. „Dann müssen wir ihre Revolutionspläne wohl auf ein andernmal verschieben."

Ich nickte zufrieden. Es lief genau wie ich es geplant hatte. „Einem zweiten Date mit Ihnen bin ich natürlich nicht abgeneigt", sagte ich und zwinkerte ihm zu.

Innerlich drehte sich mir der Magen um. Joas war doch auch nur einer von dem königlichen Schnöseltum, denen nichts wichtiger als Macht, Reichtum und Prestige war. Ich würde mich hüten, auch nur einen von ihnen tatsächlich zu mögen. Doch Joas stellte das perfekte Ziel da. Wenn Earline schon so schwer zu haben war, musste ich eben noch eine Waffe in der Hinterhand haben.

„Das freut mich", sagte Joas gerade und gab mir einen Kuss auf die Wange.

Earline Lancester

Blind Selection - never give up 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt