bericht 4.1

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„Wir haben am gestrigen Abend noch eine lange Zeit damit verbracht, uns abzusprechen und die ausgefüllten Fragebögen durchzusehen", erklärte Decan, „Für die Zuschauer von zuhause: Abgesehen von den Dates, von welchen Sie bereits Aufnahmen gesehen haben, konnten wir in dieser Woche nicht viel Zeit mit den Ladys verbringen. Von daher haben sie am vergangenen Abend eine Reihe von Fragen beantwortet, welche uns unsere Entscheidung vereinfacht haben."

Die Kamera schwenkte auf Joas. „Natürlich ist uns die Entscheidung dennoch nicht einfach gefallen, doch wir sind überzeugt, dass wir uns bei einer kleineren Anzahl von Ladys besser auf die Einzelnen konzentrieren können."

„Kommen wir also zu unserer Entscheidung", fuhr Lyndon fort, „Die folgenden Ladys haben das Privileg, die nächste Woche weiterhin mit uns zu verbringen." Er grinste.

„Lyndon", Pamelas Stimme klang müde, „Du weißt, was jetzt kommt oder?"

Das Grinsen des Blonden wurde noch breiter. „Ach komm schon, Pam. Sei nicht so eine Spaßbremse."

„Du klingst wie ein notgeiler Hund", gab sie zurück.

„Das ist er ja auch", murmelte Joas und kassierte dafür von Lyndon einen Stoß in die Rippen, sodass er ächzte.

„Ist schon gut, ich mache es noch einmal", meinte Lyndon und verdrehte die Augen.

„Kommen wir also zu unserer Entscheidung", wiederholte Lyndon, „Die Ladys, deren Namen wir gleich nennen, werden weiterhin an der Selection teilnehmen."

Die vier Lords erhoben sich. Kaden trat als Erster vor.

„Lady Bronwyn Ackles." Das Mädchen lächelte breit und erhob sich aus der zweiten Reihe der Ladys. Sie ging auf die vier Lords zu, hauchte Kaden einen Kuss auf die Wange und stellte sich dann auf die den Ladys abgewandte Seite.

„Lady Beatrice Golding."

„Lady Alise Lu." Weitere Ladys gesellten sich zu Bronwyn und strahlten freudig angesichts der Aussicht auf eine weitere Woche in der Selection und der sich ihnen damit bietenden Chance.

Schließlich blieben nur noch sieben Ladys zurück.

„Ich hoffe inständig, dass die Wond fliegt. Sie ist einfach nur anstrengend."

„Du hast doch nichts mit ihr zu tun."

„Ihre bloße Anwesenheit bereitet mir Gänsehaut."

Lord Decan trat einen Schritt vor. „Die vorletzte Lady, welche weiterhin dabeisein wird, ist Lady Jessalyn Marie Wond."

Die große Schönheit veränderte ihren Gesichtsausdruck von einem schnippisch verzogenen Mund zu einem strahlenden Lächeln. Anscheinend hatte es ihr gar nicht gefallen, dermaßen lang auf die Folter gespannt zu werden. Sie gesellte sich schließlich zu den restlichen 13 Mädchen, während weitere sechs Ladys immer noch angespannt auf die Entscheidung warteten.

Marielle Kingston hatte ein Lächeln aufgesetzt. Sie versuchte möglichst gelassen auszusehen, wobei ihre angespannte Haltung sie verriet. Dem roten Punkt, welcher ihre Stirn schmückte und über ihre Kultur Auskunft gab, fehlte ein Teil, da sie ihn vor Nervosität abgekratzt hatte.

Brannaugh Wells strich sich ihre schwitzigen Hände auf ihrem olivgrünen Kleid ab. Sie war sich sicher, dass sie in Tränen ausbrechen würde, wenn ihr Name nicht als nächster genannt werden würde. Sie versuchte sich emotional zu wappnen, da sie nicht davon ausging, weiterhin dabei zu sein. Und doch konnte sie nicht verhindern, dass die Sicht vor ihr verschwamm.

Kennedy Hemlock ging im Kopf sämtliche Fakten über alle anderen Ladys durch, welche ihr einfielen. Sie erinnerte sich an das vergangene Date mit Decan und fragte sich, was sie falsch gemacht hatte. Sie hatte interessiert gewirkt. Gewandt und intelligent. Und doch hatte sie am Ende des Dates das Gefühl gehabt, nicht genug gewesen zu sein. Für Decan. Doch wer war das schon?

Colleen Manson dachte an ihr zuhause zurück. Sie erinnerte sich an ihre kleine Schwester und an ihre Freundinnen im Internat. Besonders drifteten ihre Gedanken zu einer ganz bestimmten Freundin. Sie konnte Farahs Lippen noch auf ihren spüren und die Gefühle, welche mit dieser Berührung gekommen waren. Sie hatten sie überwältigt und ihre Welt aus den Angeln gerissen. Und nun würde sie dieses Gefühl vielleicht wieder spüren. Sie begann zu lächeln.

Freya Abernathy zwirbelte eine lilafarbene Haarsträhne um ihren Finger. Sie hatte immer gewusst, dass sie nicht hierhin gehörte. Es war ihr mehr als nur einmal von anderen klargemacht worden. Und wahrscheinlich hatten diese Menschen Recht gehabt. Sie gehörte nicht in diese Welt. Doch mittlerweile gewann sie das Gefühl, dass ebendiese Menschen nur die halbe Wahrheit gewusst hatten. Freya passte nicht zu diesem Ort, aber sie würde eines Tages den passenden Ort und den passenden Menschen finden.

Und dann war da noch Bethany. Bethany Symmon. Tochter von. Niemals eigenständige Persönlichkeit. Bis sie Kaden kennengelernt hatte. Sie hatte eine starre Miene aufgesetzt. Sie würde sich nicht erlauben, ebenso schwach wie Brannaugh zu sein. Es würden keine Tränen fließen, obwohl sie sich sicher war, dass dies ein passender Moment wäre.

Als sie zum letzten Mal mit Kaden geredet hatte, hatte sie ihm ihre Liebe gestanden. Danach waren sie sich aus dem Weg gegangen. Bis auf einen Moment vor einer knappen Woche beim Rebellenangriff. Sie war umgeknickt und hatte nur noch weghumpeln können, als auf einmal Kaden um die Ecke lief. Er hatte einen panischen Gesichtsausdruck aufgesetzt, welcher bei ihrem Anblick sofort sanfter wurde. Ohne ein Wort zu sagen, schlang er einen Arm um sie und brachte sie weg. Bethanys Herz hatte gedroht aus ihrer Brust zu springen. Doch als Kaden sie in Sicherheit gebracht hatte, hatte er sie wortlos stehen lassen und seitdem kein Wort mehr mit ihr gesprochen.

Eigentlich war er nun an der Reihe, die letzte Lady zu verkünden. Doch Kaden rührte sich nicht.

„Kaden! Wir wollen hier nicht übernachten!"

Als Kaden sich wiederum nicht bewegte, trat Lyndon vor. „Die letzte Lady ist Bethany Symmon", sagte er ohne jegliche Spannung aufzubauen.

Kaden würde es niemals zugeben, aber er war Lyndon dankbar. Der Idiot nervte die meiste Zeit und hatte keinen Anstand, doch in den richtigen Momenten stand er für seine Freunde ein, ohne nachzufragen. Decan sah Kaden fragend an, doch dieser hatte seinen Blick weiterhin stur geradeaus gerichtet. Als Bethany aufstand, verfolgte er sie mit seinen Augen. Er wusste nicht, was ihm eine solche Angst gemacht hatte, doch seit ihrem Geständnis hatte er Abstand gebraucht. Liebe war sicherlich nicht das, wonach er gesucht hatte. Anfangs war er es gewesen, der Bethany nachgestellt hatte, doch während sie anscheinend sich selbst überwunden hatte, war er noch nicht soweit. Er hatte noch nie jemanden derart an sich herangelassen. Und er fürchtete sich davor, was für Gefühle Bethany in ihm auslöste.

„Wir bedanken uns sehr herzlich bei den verbliebenen Ladys", fuhr Lyndon fort, wobei er nicht besonders teilnahmsvoll aussah, „Leider hat keiner von uns, eine Zukunft mit ihnen gesehen und dennoch hoffen wir weiterhin für sie das Beste."

Der Dreh wurde beendet. Bethany stürmte aus dem Studio, dicht gefolgt von Blair Mercury, welche eilig ihr Gespräch mit Chris Olia Beckett unterbrach, um ihrer Freundin zu nachzulaufen.

Brannaugh begann tatsächlich zu weinen und wollte sich von keiner ihrer Freundinnen trösten lassen.

Freya lächelte beseelt. Sie verabschiedete sich von Clementine Lynch und Nova Grace Jensen, ihren beiden Zimmergenossinnen, welche noch im Casting waren. Die beiden Mädchen hatten sich nie besonders gut mit Freya angefreundet, dennoch schienen sie ehrlich betroffen, sie nun gehen zu sehen.

Marielle wirkte nichts anderes als erleichtert. Sie plapperte von ihrer Heimat und ihrer Familie, welche sie so sehr vermisst hatte und konnte es kaum erwarten wieder das Nationalgericht von Tammins gekocht von ihrer Großmutter zu essen, welches sie so sehr liebte.

Colleen schien ebenso nicht besonders traurig. Sie beteuerte den anderen Mädchen, dass es ihr gut gehe und trocknete die Tränen einer ihrer Freundinnen. Doch schließlich entdeckte sie ihre Zimmergenossin und engste Freundin, Jade Hollow. Jades Augen waren rot und verquollen. Colleen tröstete ihre Freundin und redete ihr gut zu. Doch obwohl Jade ihr fehlen würde, würde sie nun niemals erfahren, welche tiefen Gefühle ihre Freundin tatsächlich für sie gehabt hatte.

Obwohl an diesem Tag viel geredet und Unmengen von Fragen gestellt worden waren, ließ er doch so viele ungelöste Probleme und Geschichten zurück.

Blind Selection - never give up 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt