Wilhelmina XVII | eine keltische Göttin

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23 Jahre zuvor

„Du kannst doch unmöglich behaupten, dass du nicht jeden Mann in Angeles haben könntest", protestierte Wilhelmina, „Es sollte jedenfalls nicht schwer sein, wenn man aussieht wie eine keltische Göttin."

„Die behalten wir", sagte Fenna zu Maera, „Sie ist gut für mein Ego."

„Aber es stimmt doch. Ohne dich anzustrengen siehst du aus als wärst du irgendeinem Märchen entsprungen. Die Männer müssen dir zu Füßen liegen."

Quinn lachte und stieß ihre Freundin an. „Sieh an, sieh an. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass jemand Fenna McGrath schon einmal so in Verlegenheit gebracht hat."

Wilhelmina grinste und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Sie befanden sich bei Quinn zuhause. Die Einrichtung war gemütlich und rustikal, was Willow an diesem Haus besonders liebte. Sie hatte Quinns Mutter kennengelernt, welche sie herzlich begrüßt, ihr aber auch einen seltsamen Blick zugeworfen hatte. Wilhelmina musste ihr wahrscheinlich bekannt vorgekommen sein. Allerdings hatte sie nichts gesagt und dafür war Willow ihr dankbar.

Da der Ball nun noch fünf Tage in der Zukunft lag, hatte Maera gedrängt, dieses Treffen als Gelegenheit für eine Aussprache mit den beiden Mädchen zu nutzen. Wilhelmina hatte zwar zugestimmt, doch während sie die Neckerein und Gespräche mit den anderen genoss, konnte sie sich nicht überwinden.

„Wie gesagt", meinte Fenna lächelnd. Ihre Wangen waren tatsächlich ein wenig gerötet. „Ich werde sie nicht mehr gehen lassen."

Maera warf Willow einen vielsagenden Blick zu. Sie wusste zwar nicht, ob es das war, was Maera ihr sagen wollte, aber Willow verstand. Auch wenn Fenna und Quinn wahrscheinlich vollkommen überwältigt sein würden, wenn sie die Wahrheit erfuhren, würden sie sich nicht von Wilhelmina abwenden.

„Mädchen! Es ist tolles Wetter draußen. Wollt ihr nicht auch mal raus gehen?", klang die Stimme von Quinns Mutter.

Quinn verdrehte grinsend ihre Augen, warf ihren Freundinnen jedoch einen fragenden Blick zu. „Wollen wir?"

Maera, welche immer für einen kleinen Spaziergang zu haben war, nickte. „Ich bin dafür."

Wilhelmina und Quinn stimmten zu und verließen schließlich den Raum.

Fenna stöhnte. „Manchmal hasse ich es, so vernünftige Freundinnen zu haben." Doch auch sie rappelte sich auf und folgte den anderen Mädchen aus dem Zimmer.

Als sie vorbei an Quinns Mutter, welche sie mit hochgezogenen Brauen beobachtete, das Haus verließen, spürte Willow erneut ihren prüfenden Blick auf sich. Auch Maera sah sie bedeutend an und schließlich wusste sie, dass dieser Spaziergang ihre Gelegenheit war, ihren Freundinnen die Wahrheit zu erzählen.

„Lass uns doch bei den Jungs vorbeigehen", schlug Quinn vor, „Wir könnten gemeinsam etwas unternehmen."

Fenna verdrehte die Augen. „Ach komm schon, Quinnie. Kannst du nicht einen Tag ohne deinen Lover auskommen?"

„Hey! Du weißt genau, dass ich das kann." Quinn sah sie anklagend an, während ihre Augen funkelten. „Entschuldige, dass nicht alle Anwesenden das männliche Geschlecht hassen."

Fenna lachte und schlang einen Arm um ihre Freundin. „Ich bin eine keltische Göttin, schon vergessen?"

„Was hat das mit Männern zu tun?", fragte Maera skeptisch, „Also ich hätte nichts dagegen."

Quinn entwand sich aus Fennas Umarmung. „Danke, aber ich habe schon keine Lust mehr."

Willow konnte sich ein Lachen nicht mehr verkneifen. „Seid nicht albern. Wir können ja eine Runde drehen und auf dem Rückweg bei ihnen vorbeischauen."

„Danke für diese diplomatische Lösung, Prinzessin Willow", Fenna grinste schelmisch und stieß Wilhelmina an. Diese hätte normalerweise über einen solchen Witz gelacht, doch es blieb ihr im Hals stecken. Hätte sie gerade etwas gegessen, wäre sie sicherlich daran erstickt.

„Ich bestimme die Route", sagte Maera eilig, die natürlich mitbekommen hatte, wie Willow erbleicht war, „Lasst uns in Richtung der Mühle gehen."

Quinn verzog das Gesicht. „Da ist es immer so matschig. Ich habe nicht die richtigen Schuhe an."

„Wir können auf der Straße bleiben", meinte Maera und schlagartig wurde Wilhelmina klar, was Maera vorhatte: Die Richtung, die sie einschlagen würden, führte zum Palast. Ihr wurde sofort unbehaglich zumute. Wollte Maera einfach zur Vordertür hineinspazieren und so Willows Geheimnis offenbaren? Oder rechnete sie schlichtweg damit, dass Willow es bereits vorher erzählen und die beiden Mädchen dann unbedingt zum Schloss wollen würden?

Quinn zog die Augenbrauen zusammen. Zwar war sie nicht zu dem gleichen Schluss gekommen wie Willow, doch sie wunderte sich über Maeras Wahl des Wegs. Sie schlugen nur selten diese Richtung ein, da bis auf den angrenzenden Wald sich nichts mehr hinter der Mühle befand. Die Straße führte aus dem Dorf heraus und führte in die Leere. „Ich dachte, wir wollten noch bei den Jungs vorbei. Dafür müssten wir in die andere Richtung."

„Das werden wir auch. Auf dem Rückweg", erklärte Maera, „Aber ich dachte, wir könnten Mal neue Wege einschlagen."

„Diese neuen Wege führen nicht besonders weit", meinte Fenna, „Wenn wir noch viel weiter der Straße folgen, endet sie bald beim Königshof. Willst du vielleicht der Königin einmal hallo sagen?" Sie lachte.

Maera stimmte in das Lachen ein. „Warum nicht? Ich habe gehört, sie soll sehr nett sein."

Wilhelmina rieb sich unbehaglich ihre Unterarme. Sie ging neben Fenna und beteiligte sich nur wenig an dem Gespräch. Nicht, weil sie sich in der Gegenwart der anderen unsicher fühlte. Es lag vielmehr an dem Thema, auf welches sich das Gespräch hin bewegte. Nun schaltete sie sich aber doch ein, gerade um das Thema zu verhindern: „Habt ihr eigentlich an diesem Samstag bereits etwas vor?"

Quinn verzog das Gesicht. „Ja, leider. Meine Großtante hat Geburtstag. Es wird eine langweilige Familienfeier werden und ich werde mir immer wieder anhören müssen, wie groß ich doch geworden bin. Aber ich konnte Doyle zwingen, mich zu begleiten."

„Und ich unternehme etwas mit meinem Bruder", sagte Fenna, „Er wollte mir nicht sagen, was es ist. Ich vermute, wir gehen gemeinsam essen oder soetwas Ähnliches."

Maera warf Willow einen kurzen Blick zu und sah dann Fenna an. „Wow. Wie aufmerksam von ihm."

Fenna lächelte leicht. „Wie gesagt. Er wirkt nach außen hin immer hart und rau, aber innerlich ist er weich wie Watte."

Quinn grinste. „Er wäre sicherlich nicht gerade begeistert über diese Beschreibung."

Fenna lachte und sah dann Willow ein. „Warum fragst du, Willow? Hast du am Samstag etwas geplant?"

Das war sie. Die perfekte Gelegenheit. Der Elfmeter vor einem freien Tor.

Und Willow schoss vorbei. „Nein, ich war nur neugierig." Sie lächelte schief. Innerlich war sie enttäuscht. Nicht davon, dass die beiden am Samstag ohnehin keine Zeit haben würden, sondern auch von ihrer eigenen Feigheit. Beziehungsweise von ihrem eigenen Mut, denn irhe Feigheit überzeugte auf voller Linie. Warum machte sie eine so große Sache daraus? Sie scheute doch sonst keine unangenehme Situation. Doch Fenna und Quinn waren ihr wirklich wichtig geworden und sie wollte es keinesfalls verderben.

Maera sah sie an und dachte wohl das Gleiche. „Also ich", fing sie an und grinste breit, „Gehe am Samstag auf einen Ball."

Wilhelmina starrte sie an. Ihre Augen versprühten Ärger und Furcht. Maera trieb es zu weit.

Quinn lachte. „Auf einen Ball? Begleitest du vielleicht deinen Vater zu seinem Stammtisch?"

Fenna stimmte in das Lachen mit ein. „Oder sie meint einen Fußball. Steigt hier irgendwo ein Bolzturnier?"

Willow atmete tief durch, schüttelte den Kof und blieb dann stehen. „Ich muss euch etwas sagen."

Fenna und Quinn wechselten einen Blick und sahen Willow neugierig an.

„Mein voller Name ist Wilhelmina. Ich bin die Kronprinzessin von Ilea. Und", Willow hielt inne, „Und ich würde mich freuen, wenn ihr am Samstag auf dem Ball vorbeischauen würdet."

Blind Selection - never give up 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt