69 | Ziel erreicht

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Elea

Im Nachhinein erinnerte ich mich nicht mehr an die Einzelheiten der vergangenen zehn Minuten. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, als wäre die Zeit auf eine magische Weise angehalten worden. Still. Unwirklich. Ich hatte der Person gegenübergestanden, die ich nun seit zwei Monaten versucht hatte zu finden. Ich hatte es einfach gewusst. Im ersten Moment, in welchem Fenna McGrath im Türrahmen gestanden hatte, hatte ich es gewusst. Vielleicht sogar einige Augenblicke zuvor.

Und als sie dann so vor mir stand, gab es keinen Zweifel mehr. Jede Faser meines Körpers hatte es gewusst. Dort hatte sie gestanden. Schweratmend, mit feurigen Augen und zerzaustem Haar. Und in ihrem Blick hatte ich gesehen, dass sie es ebenfalls begriffen hatte. Es hatte sie keine Sekunde gekostet, um die Wahrheit zu erkennen. Eine Wahrheit, von der sie nicht ausgegangen war, sie jemals wieder zu erfahren.

Diese kurzen Momente waren mir wie eine Ewigkeit vorgekommen. Und dann war alles so schnell gegangen. Innerhalb eines Herzschlages hatte ich mich in ihren Armen wiedergefunden. Tränennass. Meine Beine waren kurz davor gewesen, nachzugeben und uns beide zu Boden zu reißen. Meine Mutter hatte mir immer wieder über das lange, dunkle Haar gestrichen und für mich unverständliche Worte gemurmelt. Ihre Stimme wirkte beruhigend auf mich und sie verzauberte mich auf eine wunderbare Weise.

„Ich mache uns allen einen Tee", hatte Havin schließlich verkündet und war in der Küche verschwunden.

Und nun saßen wir hier. Quinn mit ihren Eltern und ich. Ich mit meiner Mutter. Das Wort hatte einen bitteren Beigeschmack. Für mich lebte meine Mutter in einem kleinen Dorf in Waverly. Sie kochte gern, liebte das stricken und nähen und war die höflichste, zuvorkommenste Person, die ich kannte. Sie hatte Earline, Eyal und mir immer beigebracht, unvoreingenommen und höflich auf fremde Menschen zuzugehen. Sie war sanft und ruhig.

Doch seit einigen Monaten war das nicht mehr meine einzige Definition meiner Mutter. Natürlich hatte ich meine biologische Mutter zuvor nicht gekannt, doch ich hatte sie mir in unzähligen, schlaflosen Nächten ausgemalt. In einer Weise saß genau diese Vorstellung gerade neben mir, irgendwie war sie aber auch vollkommen anders. Fenna McGrath stellte das Gegenteil zu Noee Lancaster dar. Sie war leidenschaftlich, voller Energie und impulsiv. In vielen Dingen erkannte ich meinen Vater, ihren Bruder, in ihr wieder. Und auch mich. Ich war zwar geprägt von der Erziehung meiner Mutter, aber auch von den Genen von Fenna.

„Wie geht es Eamon?", fragte sie mich. In ihren Augen blitzten Unsicherheit und Wehmut auf. Sie hielt schon die ganze Zeit über seit wir hier zusammen auf dem Sofa saßen meine Hand umklammert, als würde ich mich in Luft auflösen wenn sie diese losließ.

„Gut. Es geht ihnen allen gut. Wobei ich jetzt auch schon zwei Monate lang nichts mehr von ihnen gehört habe", gab ich zu.

Sie nickte nachdenklich und wirkte dabei niedergeschlagen. „Bei mir ist das schon etwas länger her", murmelte sie. Bevor ich weiter nach den Gründen ihrer Abwesenheit fragen konnte, fuhr sie fort. „Und du hast zwei Geschwister, sagst du?"

Ich nickte. „Eyal ist der Jüngste. Er ist ein kleiner Kavalier und wickelt am laufenden Band die Mädels um den Finger. Aber Earline und Dad sind überzeugt, dass er Sanna heiraten wird - unsere Nachbarstochter", ich musste bei dem Gedanken an meine Familie lächeln, „Earline ist gerade achtzehn geworden. Sie nimmt im Moment an der Selection teil, wobei ich gehört habe, dass sie bereits ausgeschieden ist."

Quinn runzelte die Stirn. „Ich habe vorhin kurz mit meinem Sohn telefoniert. Es klang, als halte Earline sich noch im Schloss auf. Aber er war ziemlich wortkarg, deswegen habe ich nicht viel aus ihm herausbekommen." Sie nahm sich einen selbstgebackenen Keks ihrer Mutter von einem hübschen Tablett.

Blind Selection - never give up 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt